US Open:Ein Männerfinale der Gegensätze

Lesezeit: 3 min

Will nach seinem Halbfinale gegen den kniegeschädigten Rafael Nadal nun natürlich den Sieg bei den US-Open: Juan Martín del Potro. (Foto: Don Emmert/AFP)
  • Im Finale der US Open trifft Novak Djokovic auf seinen guten Freund, den Argentinier Juan Martin del Potro.
  • Im Vergleich zu Djokovic wirkt der 1,98-Meter-Mann fast ungelenk - doch sein Spiel hat Stärken, die dem Favoriten zu schaffen machen könnten.

Von Adrian Ruch

Kein Roger Federer und auch kein Rafael Nadal, ­dennoch hat die Finalpaarung in New York ihren Reiz. Juan Martín del Potro, der im Halbfinale stark spielte, aber auch von Nadals Knieproblemen und dessen Aufgabe nach dem zweiten Satz profitierte, fordert Novak Djokovic, der Kei Nishikori beim 6:4, 6:4, 6:2 nicht den Ansatz einer Chance ließ. Es ist das Duell zweier ehemaliger US-Open-Champions, die verschiedener kaum sein könnten.

Zwischen den Ballwechseln läuft bei del Potro alles in zeit­lupenähnlichem Tempo ab. Der Hüne geht langsam, den Kopf stets nach vorne gebeugt. Anhand seiner gemächlichen, aber effizienten Bewegungen lässt sich kaum feststellen, ob er den vorangegangenen Punkt gewonnen oder verloren hat. Ganz anders gibt sich Djokovic - er gestikuliert, schimpft, jubelt. Sein Gemütszustand ist für jeden ersichtlich.

Tennis
:Nadal sagt nach US-Open-Aufgabe für Davis-Cup-Halbfinale ab

Der Spanier kämpft mit heftigen Schmerzen in beiden Knien. Der englische Fußball-Nationalspieler Luke Shaw gibt nach Verletzung Entwarnung. Mick Schumacher gewinnt erneut.

Meldungen im Überblick

Das Verhalten der beiden spiegelt deren Charakter, auch abseits des Courts. Der Argentinier wirkt schüchtern, ist immer freundlich, spricht zumindest auf Englisch eher langsam, verrät ab und zu seinen Sinn für feinen Humor und vermeidet es anzuecken. Der Serbe, ein Sprachtalent, sieht sich in der Rolle des Entertainers, manchmal auch in jener des Welterklärers. Er plaudert drauflos, nimmt zu allem Stellung, scheut sich nicht, auch mal eine nicht mehrheitsfähige Meinung zu vertreten, streut gerne einen Scherz ein.

Trotz aller Unterschiede verstehen sich die beiden blendend. "Das Finale wird ein schwieriges Match, weil wir enge Freunde sind", sagt del Potro. Djokovic bezeichnet seinen Gegner als "sanften Riesen", der die richtigen Werte hochhalte. "Ich mag ihn sehr. Er ist ein guter Freund. Er ­behandelt andere so, wie er gern behandelt werden möchte. Deshalb mögen ihn die Leute."

2015 wollte der Argentinier frustriert aufgeben

Die ehemalige Nummer 1 ­erzählt auch, auf der Tour ­hätten­ ­viele mit del Potro mitgefühlt, als dieser wegen diverser Operationen lange ausgefallen war. In der Tat hat der 29-Jährige zwischen seinem Überraschungscoup 2009 (als er im Halbfinale Nadal deklassierte und im Endspiel Roger Federer in fünf Sätzen niederkämpfte) und der neuerlichen Finalqualifikation viele Tiefschläge einstecken müssen. Er stürzte im Ranking nach einem Eingriff am rechten Handgelenk von Platz 4 auf Position 485 ab, stieg wieder bis zur Nummer 4 auf, musste sich dann aber dreimal am linken Handgelenk operieren lassen und fiel aus den Top 1000. "2015 war ich nahe daran aufzugeben. Ich habe heftig gelitten, war zwei Monate lang depressiv", erzählt er rückblickend. "Nun ist das Vergangenheit", sagt er, gibt aber zu, dass er immer mal wieder Schmerzen verspürt.

Als Juan Martin del Potro ganz unten war, bauten ihn seine Freunde wieder auf. Echte Freunde, ­solche, die er seit seiner Kindheit kennt. Und genau diese sind derzeit in New York und unterstützen ihren Kumpel lautstark, oft singend, manchmal auch schreiend. Überhaupt hat der Rechtshänder, mittlerweile als Nummer 3 so gut platziert wie noch nie, bei den US Open quasi Heimvorteil angesichts all der enthusiastischen Fans, die oft für eine Atmosphäre wie bei Fußball-Länderspielen sorgen. Kein Wunder also, dass dies del Potros Lieblingsturnier ist. Das war es schon immer. "Als Bub habe ich im Fernsehen zwei Dinge geschaut: Fußball und die US Open."

Im Vergleich zu den Schwierigkeiten seines Widersachers an diesem Sonntagabend (22 Uhr MESZ) erscheint die überstandene Ellbogenverletzung Novak Djokovic' schon fast nebensächlich zu sein. Doch der 31-Jährige berichtet, sie habe ihn zwei Jahre lang behindert. Nun ist er wieder schmerzfrei, was sich auf dem Tennisplatz zeigt. Der Familienvater ­serviert effektiv, bewegt sich in der Defensive geschmeidig und entwickelt in der Offensive auf beiden Seiten viel Druck. Im Quervergleich wirkt del Potro ungelenk, obwohl er für einen Mann seiner Größe (1,98 m) durchaus flink ist. Seine Stärken sind der Aufschlag sowie die Vorhand, mit der er die Bälle extrem beschleunigen kann. Aber auch der Rückhand-Slice hat an Pep gewonnen.

Trotz allem ist Djokovic, US-Open-Gewinner von 2011 und 2015, aufgrund seiner Erfahrung, seiner Erfolge und seines stabileren Spiels im Arthur Ashe Stadium ­Favorit. Doch das war Federer vor neun Jahren auch.

© SZ vom 09.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Sieg bei den US Open
:Osaka trotzt Williams' Wutanfall

Naomi Osaska gewinnt als erste Japanerin ein Grand-Slam-Turnier. Im Finale der US Open besiegt sie Serena Williams, die die Kontrolle verliert und den Schiedsrichter beschimpft.

Von Jürgen Schmieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: