Union Berlin:Eine Frage der Erfahrung

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Alles muss sich ändern, damit alles gleich bleibt: Aufsteiger Union Berlin positioniert sich für das Bundesliga-Abenteuer und schnappt sich zwei Veteranen.

Von Johannes Kirchmeier, Berlin/München

Inmitten der Aufstiegsfeierei beim 1. FC Union Berlin vor 40 Tagen bewahrte einer einen Moment lang seine Ruhe. Was das mit seinem Verein mache, dass er nun erstmals in der deutschen Fußball-Bundesliga spiele, wurde der Präsident Dirk Zingler gefragt. Und er antwortete: "Es verändert sich nichts, gar nichts. Da müssten wir uns ja ändern." Es sollte wie ein Versprechen klingen - und zu großen Teilen stimmt die Aussage auch noch für den Köpenicker Klub, der seine Bundesliga-Dauerkarten zu Zweitliga-Preisen verkauft. "Unsere Mitgliederzahl ist seit dem Aufstieg um mehr als 5000 Mitglieder auf aktuell über 28 000 angestiegen", sagte Zingler. "Durch den Verzicht auf den Verkauf weiterer Dauerkarten möchten wir mehr Unionern die Möglichkeit bieten, einzelne Heimspiele im Stadion an der Alten Försterei auf stabilem Preisniveau zu besuchen."

Der Eintrittspreis bleibt also gleich, doch so ganz konnte Zingler sein Versprechen vom Mai nicht einhalten. Zumindest so ein bisschen verändert hat sich nun doch etwas bei Union. Die Spieler auf dem Rasen sind mittlerweile weitgehend andere. Denn die Unioner haben vor ihrem ersten Testspiel am Samstag gegen Bröndby Kopenhagen (2:1) eine Transferoffensive zwischenzeitlich abgeschlossen. 14 Zugänge hat der Verein unter Vertrag genommen, dazu zählt seit Donnerstag auch der frühere Dortmunder Meisterspieler Neven Subotic, 30, der mittlerweile fast 400 Profispiele als Innenverteidiger absolviert hat. Der Fokus lag für die Bundesliga-Neulinge dabei darauf, Erfahrung hinzuzubekommen.

Christian Gentner bringt die Erfahrung von 377 Liga-Einsätzen mit

Neben dem Serben Subotic (209 Bundesligaspiele) bauen die Unioner daher künftig auf einen Spieler, die ganz große Feierei im Mai samt Platzsturm schon als Kapitän miterlebt hat - allerdings auf der Gegnerseite: Christian Gentner, der am Freitag als Zugang vorgestellt wurde und in der Relegation mit dem VfB Stuttgart in Berlin abstieg. Der 33-Jährige kickte bereits 377-mal in der Bundesliga, eine Masse an Erfahrung, die dem Bundesliga-Neuling weiterhelfen dürfte. "Mir war immer klar, dass ich auf höchstem Niveau noch weiter Fußball spielen kann und möchte", sagte Gentner. Der Mittelfeldspieler hatte mit Stuttgart 2007 und zwei Jahre später mit dem VfL Wolfsburg jeweils den deutschen Meistertitel geholt, er absolvierte zudem fünf Länderspiele. Hinzu kam am Freitag dann auch noch der Innenverteidiger Marvin Friedrich vom FC Augsburg, der in der vergangenen Saison den Aufstieg bereits als Berliner feierte, und nun nach zähen Verhandlungen vom Konkurrenten zurückgeholt wurde.

Friedrich, Gentner und Subotic sind damit drei von 35 Kickern, die derzeit unter Vertrag stehen. Mangelnde Weitsicht kann man dem Klub vor dem Premierenjahr also nicht unterstellen, dennoch wird der Kader wohl noch verdünnt. Gegen Bröndby überzeugten nicht die Neuen (Friedrich, Gentner und Subotic schauten zu) - sondern altbekannte Offensivkünstler vor mehr als 12 000 Zuschauern: Sebastian Polter erzielte das 1:0 (63. Minute), Joshua Mees traf spät zum 2:1-Sieg (90.), Paulus Arajuuri erzielte den zwischenzeitlichen Ausgleich für die Dänen (82.). Der große Polter und der dribbelfreudige Mees, das könnten auch in der Bundesliga-Saison zwei wichtige Stützen im Angriff sein.

In der Defensive allerdings gilt Subotic als Führungsfigur, er sei "ein außergewöhnlicher Spieler", sagte Oliver Ruhnert, Unions Geschäftsführer Profifußball. "Ich bin sicher, dass er das Team auf und neben dem Platz anführen und weiterbringen kann." Der frühere BVB-Trainer Jürgen Klopp sagte einmal über den Serben: "Ein außergewöhnlich guter Junge, reflektiert. Er gibt mehr als wir alle anderen. Das macht ihn zu einem außergewöhnlichen Menschen." Und damit passt er ja schon einmal gut zu seinem neuen Verein. Vielleicht verändert sich also doch gar nicht so viel beim Fußballklub aus Köpenick.

© SZ vom 07.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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