Uefa: Gerüchte um EM-Vergabe:Ein heikles Ultimatum

Lesezeit: 2 min

Nervös reagiert der europäische Fußballverband Uefa auf den Verdacht, die EM 2012 könnte von Topfunktionären verkauft worden sein. Und setzt den Überbringer des Gerüchts stark unter Druck.

Ein Kommentar von Thomas Kistner

Monatelang versuchte ein Fußballveteran aus Zypern, die Uefa mit, wie er sagt, Zeugenaussagen zum angeblichen Verkauf der EM 2012 in Ukraine /Polen durch Topfunktionäre zu versorgen. Seine Bedingung war, diese vertraulichen Papiere nur bei der Justiz aus der Hand zu geben. Nun, nachdem Spyros Marangos per Schriftverkehr offenbart hat, dass er seine heiklen Vorwürfe bisher in der Tat vergeblich vortrug, reagiert die Uefa: per Ultimatum.

Steckt Bestechung hinter der schönen Fassade? Die Kathedrale Sankt Michael in Kiev im Zeichen der EM 2012. (Foto: AP)

Ob sich der Stimmkauf zugetragen hat, ist völlig unbewiesen, Namen sind nicht in Umlauf. Trotzdem ist eine Affäre daraus geworden. Sie dreht sich um die Verfahrensweise der Uefa mit einer Causa, die ja schon vom Grundvortrag her als zu brisant erscheint, als dass man sie auf dem Dienstweg abbügeln darf. Ausgerechnet die Uefa, die beim Bochumer Wettskandal ermitteln half und berühmt dafür ist, kleinste Störfälle im Fußball-Orbit aufzuspüren - just sie hat im August verhindert, dass Ankläger Marangos ihrem Chefermittler Peter Limacher seine Papiere vorlegen konnte. Treff und Flüge waren gebucht, dann kam das Stoppzeichen, "auf Weisung von oben".

Nun scheucht der Zyprer via Medien den Verband auf, doch die Uefa bockt weiterhin. Während sie keine Erklärung gibt, was zur jähen Absage des August-Treffs führte, setzt sie dem Kronzeugen jetzt eine 48-Stunden-Frist. Einem, der auf Zypern sitzt. Warum plant die Uefa nicht angemessen Zeit ein für alle Seiten?

Dass Marangos sein Material nicht mit der Post schicken will, hat er schon zig Mal erklärt. Das erscheint nachvollziehbar: Sollten seine Zeugen tatsächlich hohe Funktionäre, etwa aus Südosteuropa, belasten, gäbe es gute Gründe, die Dokumente nur direkt an die Justiz zu geben.

Wer sich, wie die Uefa, schmückt damit, jeden vagen Betrugsverdacht in Ungarn oder Malta aufzugreifen, wer millionenteure Frühwarnsysteme und Hotlines installiert, riskiert viel Glaubwürdigkeit, wenn er bei einer Anzeige, die ins Herz des Verbandes zielt, auf Formalien pocht. Trotzdem setzt die Uefa Marangos nun per Ultimatum bis Mittwoch unter Druck.

Und ihr monatelanges Zögern erklärt sie im Ernst so: Bisher habe der Zyprer kein Beweisstück "vor einem Treffen" geliefert. Folgt man der Logik, dürfen Verdächtigungen oder gar echte Beweise bei der Uefa nie persönlich vorgelegt werden. Vielmehr muss erst ein Kostpröbchen per Mail oder Post zugefüttert werden.

Den Weltfußball erschüttert gerade eine gewaltige Bestechungsaffäre rund um WM-Vergaben auf höchster Ebene. In dieser Zeit sollten solche Vorwürfe besonders sensibel behandelt werden. Gründlich, nicht binnen 48 Stunden.

© SZ vom 26.10.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: