Zweite Bundesliga:Gytkjaer köpft 1860 zurück in die Abstiegszone

Lesezeit: 3 min

Rückkehr in die Abstiegszone droht: Sechzig-Störmer Christian Lund Gytkjaer. (Foto: dpa)
  • Durch ein Eigentor verliert 1860 München in Kaiserslautern 0:1.
  • Für Sechzig bedeutet die Niederlage womöglich der Absturz in die Abstiegszone.

Von Markus Schäflein

Der jordanische Investor Hasan Ismaik ließ aus Abu Dhabi via Facebook einen Appell in die Pfalz richten: "Schon seit Stunden kribbelt es in mir. Heute ist ein sehr wichtiger Tag für uns. Es gilt in diesen 90 Minuten inklusive Nachspielzeit alles reinzuwerfen." In der Tat verriet ein Blick auf die Zweitliga-Tabelle die Wichtigkeit des Tages: Ismaiks TSV 1860 München wies vor dem Treffen am Freitagabend 33 Zähler auf, der 1. FC Kaiserslautern hatte noch einen weniger und war damit nach Punkten auf gleicher Höhe mit dem Abstiegs-Relegationsplatz. Die 1860-Fans erkannten die Brisanz auch und reisten zahlreich an; das Angebot des Klubs, dass die Mannschaft die Reisekosten erstatte, wollten die Ultras aber nicht annehmen. Unter dem Motto "Unsere Treue kostet nichts" kündigten sie an, die gesparte Summe an den e.V. zu spenden.

"Defensiv und offensiv waren wir in jedem Moment besser als der Gegner", sagt Pereira

Auf dem Spielfeld war von der Bedeutung der Partie lange nur insofern etwas zu erkennen, als insbesondere Kaiserslautern einen überaus verunsicherten Eindruck machte. Die Löwen versuchten es mal wieder spielerisch, vergaben mal wieder gute Chancen - und verloren am Ende gegen einen schwachen Gegner 0:1 (0:0) durch ein Eigentor des dänischen Stürmers Christian Gytkjaer (73.). "Das ist ein sehr, sehr ungerechtes Ergebnis", fand 1860-Trainer Vitor Pereira, "ein Unentschieden wäre schon sehr ungerecht gewesen, und so ist es noch extremer. Wir waren defensiv und offensiv in jedem Moment besser als der Gegner. So ist Fußball, ich kann meine Mannschaft nur zu ihrer Leistung beglückwünschen." Kaiserslauterns Übungsleiter Norbert Meier war das natürlich egal. "Am Ende des Tages sage ich: Mit ist das scheißegal, wer hier die bessere Mannschaft war", ließ er wissen.

Statt auf Ivica Olic setzte Pereira diesmal auf den mit so vielen bislang enttäuschten Hoffnungen verbundenen Winterzugang Gytkjaer, in der Abwehr-Dreierkette behielt Marin Pongracic nach seinem gelungenen Zweitliga-Debüt gegen Sandhausen (1:1) seinen Platz neben Abdoulaye Ba; für den genesenen Felix Uduokhai musste Kai Bülow weichen, der Torschütze der vergangenen Partie.

Kaiserslautern hat nun in elf von 15 Heimspielen keinen Gegentreffer hinnehmen müssen und sieben seiner bisherigen acht Saisonsiege im heimischen Stadion erreicht. Die Pfälzer setzten auch den ersten Akzent in einer sehr verhalten begonnenen Partie: Tim Heubach scheiterte mit einem Drehschuss an 1860-Torwart Stefan Ortega (10.). Mit zunehmender Spielzeit wurden sie aber immer unsicherer, mit zahllosen Fehlern im Aufbau brachten sie die Löwen immer wieder in Ballbesitz. Die wussten allerdings trotz spielerischer Überlegenheit lange nichts damit anzufangen, bis auf einen Freistoß von Michael Liendl, der zwischen allen Mitspielern und Gegnern hindurchflutschte, ehe ihn Kaiserslauterns Torhüter Julian Pollersbeck zur Ecke klärte (19.).

"Ich spiele lieber so wie Lautern und hole drei Punkte", sagt Stefan Aigner

Erst gegen Ende der ersten Hälfte mündete die Überlegenheit der Löwen auch in Torchancen. Erst erkämpfte Amilton auf der linken Seite den Ball und bediente Gytkjaer, der ungedeckt an Pollerbeck scheiterte (43.); dann setzte Lumor den Nachschuss weit neben das Tor. Und schließlich flog ein Distanzschuss von Gytkjaer aus 20 Metern am Torwinkel vorbei (44.). Auch in der zweiten Hälfte dominierten die Löwen zunächst spielerisch und hatten bei zwei Kopfbällen von Stefan Aigner Pech, die nach Liendl-Ecken das Lauterer Tor verfehlten (47., 63.).

Allerdings fassten nun auch die Pfälzer mehr Mut; sie wussten wohl, dass den Sechzigern umso besser beizukommen ist, je länger das Spiel läuft. Christoph Moritz bediente Marcel Gaus auf dem linken Flügel, dessen Hereingabe verpasste Jacques Zoua knapp (57.). Dann trat der eingewechselte frühere Sechziger Daniel Halfar zum Freistoß an, der Ball segelte in den Strafraum, und Gytkjaer hielt den Kopf hin - was für eine bittere Szene für die Münchner. "Kein Vorwurf an ihn, in der Situation muss er mit dem Kopf hingehen", versuchte Liendl zu trösten, "das ist eben die zweite Liga - bei Standards kann immer was passieren."

Für die Schlussphase brachte Pereira noch Olic und nach langer Verletzungspause Sascha Mölders für Amilton und Aigner ins Spiel, aber auch mit den beiden neuen Stürmern kamen die Löwen nicht mehr zum Ausgleich. Mölders verpasste eine Hereingabe von Liendl (85.), dann war Schluss - und der 1. FC Kaiserslautern hatte es mit einer mäßigen Leistung geschafft, die Löwen in der Tabelle zu überholen. Den Münchnern droht bereits an diesem Spieltag der Absturz in die Abstiegszone - und am nächsten müssen sie zu Hause gegen die aufstiegsambitionierten Braunschweiger antreten. Kein Wunder, dass Aigner anmerkte: "Es bringt nichts, wenn ich hier noch viermal stehe und sage, wir haben gut gespielt. Da spiele ich lieber so wie Lautern und hole drei Punkte."

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: