Tischtennis:Die Tür im Auge

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Thomas Weikert, Chef des Tischtennis-Weltverbands, hat gerade Ärger mit internen Widersachern. Warum also nicht für die DOSB-Präsidentschaft kandidieren?

Von Ulrich Hartmann, München

Einer der häufigsten und schwierigsten Schläge beim Tischtennis ist jener Ball, der absichtlich auf den eigenen Körper gespielt wurde. Es ist dann nicht sofort klar, ob man besser die Vorhand oder die Rückhand benutzt. Das Zögern kostet Zeit - und mitunter den nächsten Punkt.

In so einer Situation steckt derzeit der Präsident des Tischtennis-Weltverbands. Der Hesse Thomas Weikert, 59, würde sich im Herbst einerseits gern in seine dritte Amtszeit als Präsident der Internationalen Tischtennis-Föderation ITTF wählen lassen. Andererseits könnte an der Spitze des Deutschen Olympischen Sportbunds DOSB demnächst eine Tür aufgehen. Dort weht dem Präsidenten Alfons Hörmann ein eisiger Wind ins Gesicht. Für Weikert, der sich im ITTF-Exekutivkomitee momentan mit extrem konfrontativen Kollegen herumärgert, könnte eine Kandidatur als DOSB-Präsident im Dezember 2022 eine reizvolle Alternative sein. Vorhand oder Rückhand? Weikert hat nicht viel Zeit. Im Laufe dieses Sommers müsste er seine erneute Kandidatur als Tischtennis-Präsident offiziell anmelden.

Bevor Hörmann 2018 wiedergewählt wurde, galt Weikert schon einmal als möglicher Gegenkandidat. Der Anwalt aus Limburg entschied sich damals für die Fortsetzung seiner Tischtennis-Präsidentschaft. In der ITTF engagiert er sich massiv in den Bereichen Anti-Doping und Good Governance: eine von Ethik und Transparenz geprägte Führung. Das gefällt dort nicht jedem Mitfunktionär. Offen zutage traten Meinungsverschiedenheiten zuletzt am Beispiel "World Table Tennis" (WTT). Die neue Vermarktungsgesellschaft des Weltverbands agiert in Weikerts Augen zu dominant und aggressiv. Partner werden am Weltverband vorbei akquiriert, Spieler werden über neue Regularien für die Weltrangliste unter Druck gesetzt, Follower der ITTF-Auftritte in Sozialen Medien werden automatisch zu WTT umgeleitet. All das moniert Weikert im eigenen Verband und gilt damit vielen als Bremser und Nestbeschmutzer.

Unter diesen Umständen kommt es wenige Monate vor der Präsidentenwahl zu massiven Verwerfungen. Ende Februar hat Weikert im Exekutivkomitee seinen katarischen Stellvertreter Khalil Al-Mohannadi - auch ein Kandidat fürs Präsidentenamt - wegen Vertrauensverlusts abgesetzt. Anfang März hat das restliche Exekutivkomitee Al-Mohannadi provokativ zurück ins Amt gehoben. Dagegen klagte Weikert vor dem Verbandsgericht, dem ITTF-Tribunal. Ein Formfehler bewog das Verbandsgericht zwar, die Klage zurückzuweisen, Weikert wähnte sich trotzdem als Sieger, denn: Einen Kommentar in der Begründung des Tribunals, wonach ein Präsident ganz grundsätzlich das Recht besitze, seinen Stellvertreter nicht nur ein-, sondern auch wieder abzusetzen, interpretiert er als Zustimmung. Rein juristisch bleibt die Lage aber unwägbar. Das Exekutivkomitee hat sich zu großen Teilen gegen Weikert verschworen. Er hatte schon mal deutlich mehr Spaß an seinem Präsidentenamt.

Zehn Jahre war er Präsident des Deutschen Tischtennis-Bunds. Nun ist er seit 2014 Präsident des Weltverbands, davon die ersten drei Jahre kommissarisch. Bei seiner ersten Wahl 2017 setzte er sich nur knapp gegen den Herausforderer Jean-Michel Saive aus Belgien durch. Bei der nächsten Wahl im Herbst rechnet Weikert sogar mit mehreren Gegenkandidaten. Die Schwedin Petra Sörling, eine Verbündete Al-Mohannadis, hat ihren Hut bereits in den Ring geworfen. "Stand heute", sagt Weikert, "werde ich kandidieren." Doch bis irgendwann im Sommer eine endgültige Entscheidung fällt, gilt es noch viele Gespräche zu führen. Hier wie da.

Neben Klaus Schormann, dem Weltverbandspräsidenten des Modernen Fünfkampfs, ist Weikert derzeit der einzige Deutsche an der Spitze eines globalen olympischen Sportverbands. Er hätte kein Problem damit, seine Ära in der ITTF (2009 bis 2014 Vizepräsident, seither Präsident) nach zwölf Jahren zu beenden. Andererseits liegt ihm viel am Tischtennis. Weikert spielt selbst noch aktiv in der Verbandsliga beim TTC Elz II. Und im Weltverband könnte er weiter daran arbeiten, Tischtennis global zu etablieren. Voraussetzung: "Ich habe meine demokratischen Grundsätze, die sind mir heilig."

Und so beobachtet Weikert dieser Tage unruhige Zeiten in gleich zwei Verbänden: in seiner ITTF und im DOSB. "Ich sehe die Vorgänge beim DOSB mit Sorge", sagt er. "Der offene Brief gegen Alfons Hörmann war ein Hilferuf der Mitarbeiter/innen." Die Sache müsse aufgeklärt werden - "intern wie extern". Sein Interesse an den Belangen und am Wohlergehen des DOSB ist herauszuhören. "Ich werde für mich entscheiden, wohin mein Weg führt", sagt er. Noch ist der Ball in der Luft. Noch weiß Thomas Weikert nicht, ob er die Vorhand oder die Rückhand nimmt. Aber er bereitet einen Schlag vor, der ihn im Spiel hält.

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