Tennis:Zverev zickt in Hamburg

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Alexander Zverev verlor am Hamburger Rothenbaum im Einzel sowie im Doppel bereits in der ersten Runde. (Foto: dpa)

Das deutsche Tennistalent sollte am Rothenbaum als lokaler Held die Massen locken. Doch dann scheitert er früh und zeigt sich im Anschluss patzig.

Von Jörg Marwedel, Hamburg

Unlängst in Halle/Westfalen hat Alexander Zverev den großen Roger Federer geschlagen. Und die langjährige Nummer eins der Welt prophezeite, es werde nicht mehr lange dauern, bis der in Hamburg aufgewachsene 19-Jährige selbst unter den Top Ten sei. Auch Michael Stich, der Turnierdirektor der German Open am Hamburger Rothenbaum, hatte eine Menge Hoffnungen in Zverev gesetzt. Immerhin hatte der weltweit derzeit auf Rang 27 notierte Deutsch-Russe schon mit 17 Jahren einmal das Halbfinale "daheim" erreicht. Weil das Turnier eingeklemmt ist zwischen Wimbledon und Olympia und wenig Prominenz zu motivieren war, in die Hansestadt zu kommen, sollte der lokale Held das Aushängeschild sein. Eben jener Mann, der die Zuschauer anlockt. Auf den offiziellen Plakaten war sein Bild zu sehen mit der Zeile: "Er will nicht spielen. Er will gewinnen!"

Doch dieser Wunsch ging nicht in Erfüllung. Erst verlor Zverev am Dienstagabend in Runde eins mit 5:7, 6:7 gegen den argentinischen Sandplatzspezialisten Inigo Cervantes. Nicht weniger als sieben Doppelfehler leistete er sich dabei und fand gegen die Finten des durchschnittlich talentierten Gegners oft keine Antwort. Am Mittwoch verabschiedete er sich dann schon ganz. In nur 39 Minuten unterlag er im Doppel mit seinem Bruder Mischa gegen Lukasz Kubot (Polen) und Alexander Peya (Österreich) 0:6, 2:6. Michael Stich hat seinen Unmut über die Teilnahmslosigkeit des Stars der Zukunft weitgehend unterdrückt. Er sei eben erst 19 und müsse noch lernen, sagte der Wimbledon-Sieger von 1991 nachsichtig. Aber er hatte auch gesehen, dass "Sascha schlecht aufgeschlagen hat und nie ein richtiges Konzept hatte".

Schlimmer aber ist, dass Zverev offenbar über wenig Selbstkritik verfügt. Die rasche Umstellung von Rasen auf Sand sei in drei Trainingseinheiten nicht zu schaffen gewesen, meinte er. "Wie kann ich da besser spielen?", lamentierte der 1,98 Meter große Hochbegabte und fand sein Spiel "einigermaßen in Ordnung". Das hatte er offenbar exklusiv. Der Sportinformationsdienst spottete sogar, er sei wie ein "Qualifikant" aufgetreten und habe sich zudem "bockig" verhalten. Ein Bedauern, dass er traurig sei, die Anhänger seiner Heimatstadt nicht weiter unterhalten zu können, kam ihm jedenfalls nicht über die Lippen.

Alles auf die internationale Karriere ausgerichtet

Das Konzept seines Managers Patricio Apey (der einst Gabriela Sabatini betreute) ist ja auch kaum auf Deutschland als vielmehr auf die internationale Karriere ausgerichtet. In Florida besitzt die Familie ein Haus, in Monaco trainiert er meist. Daheim und auf dem Trainingsplatz spricht man russisch, denn Vater Alexander Zverev senior ist der Trainer. Sein älterer Bruder Mischa ist nicht nur sein Doppelpartner, sondern auch dafür zuständig, ihn abzuschirmen. Kurze Interviews gibt Zverev abseits von Pressekonferenzen höchstens im Rahmen von Sponsorenterminen. Selbst das Hamburger Abendblatt ließ er vor dem Turnier abblitzen. Interview-Wünsche beantwortet Apey oft gar nicht.

Immerhin teilte Zverev am Montag bei einem Sponsorentermin mit, es sei in den vergangenen Monaten "etwas vorangegangen", er sei aber "noch nicht da, wo ich hin will". Das ist wohl eine richtige Einschätzung. Im Frühsommer hatte er zweimal ein ATP-Finale erreicht (und beide dann aber verloren). In Nizza unterlag er dem Österreicher Dominic Thiem, in Halle dem Deutschen Florian Mayer. Zumindest der siegreiche Gegner in Hamburg hatte etwas Mitgefühl. "Vielleicht", meinte Inigo Cervantes, "war der Druck für Alexander auch zu groß, in seiner Heimat ein gutes Turnier spielen zu müssen."

© SZ vom 14.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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