Tennis: Thomas Muster:"Viele werden sagen: Was will der alte Depp?"

Elf Jahre nach seinem Abschied tritt Thomas Muster, 43, wieder bei einem ATP-Turnier an. Was treibt den alten Konkurrenten von Boris Becker zurück auf den Tennisplatz? In Bildern.

Carsten Eberts

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Kennen Sie diesen jungen Mann noch? Thomas Muster, geboren 1967 in der Steiermark, war der beste Tennisprofi, den das Wintersportland Österreich je hervorgebracht hat. Einst war er ein leidenschaftlicher Spieler, ein echter Kampfhund, der sich in seine Spiele reinbeißen konnte, sie umbog, auch wenn sie schon verloren schienen. Seit seiner ersten Profisaison 1985 gewann er 44 Turniere, darunter sogar einmal die French Open - und als Muster 1999 seinen Rücktritt bekanntgab, dachte jeder: "Endlich mal einer, der es im richtigen Moment schafft, in Würde abzutreten."

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Das hat eher semi-passabel funktioniert. Schon länger sickern aus Österreich die verheißungsvollen Nachrichten durch, dass Thomas Muster - heute 43 Jahre alt - es noch einmal wissen will. Im Juni trat er bereits bei einem kleinen Challenger-Turnier in Braunschweig an (und verlor in der ersten Runde), nun lockt die große Bühne: Mit einer Wildcard ausgestattet startet Muster ab dem 23. Oktober beim ATP-Turnier der Profis in Wien. Kein Witz - und die Tenniswelt fragt sich: Warum? Der österreichischen Zeitung Krone sagt er: "Ich will die Leute mit meiner Fitness und meinem Kampfgeist begeistern."

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"60 Marlboro pro Tag, nächtelang unterwegs, Alkohol: Auf einmal hab ich 99 Kilo gehabt" - diese Zeiten sind für Thomas Muster längst wieder vorbei. Muster steht morgens um halb sechs auf, trainiert mehrere Stunden, hat mit dem Rauchen aufgehört, wiegt 77 Kilo - so wenig wie zuletzt mit 22 Jahren. Er sieht fit aus, seine Armmuskeln nehmen gar beängstigende Ausmaße an. Das Comeback verlief jedoch durchwachsen: Bei Challenger-Turnieren schied er stets in der ersten Runde aus - nur einmal, in Ljubljana, besiegte er den Slowenen Borut Puc 6:3 und 6:1. Dort war in der zweiten Runde Schluss. Die anderen waren schneller, fitter, irgendwie ...

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Zu befürchten steht also kaum, dass Muster den Nadals, Federers oder Murrays dieser Welt ernsthaft etwas entgegensetzen kann. Zu Beginn seiner Karriere (hier bei den Australian Open 1989), war Muster noch leichtfüßig unterwegs. Er war keiner, der seine Spiele mit besonderen Schlägen oder einem knallharten Aufschlag gewann - der Österreicher kämpfte seine Gegner lieber nieder, fletschte die Zähne, rannte bis zum Umfallen. Mit einem seiner Widersacher traf sich Muster deshalb besonders gerne ...

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... mit Boris Becker (rechts), dem anderen großen Kämpfer dieser Zeit. Häufig, vor allem auf Rasen und in der Halle, hatte Muster das Nachsehen. 1995 im Finale von Monaco jedoch gelang es ihm, zwei Matchbälle Beckers abzuwehren, das Spiel zu drehen und am Ende zu gewinnen. Gespielt wurde natürlich auf Sand, Musters Lieblingsbelag. 1995 war ohnehin ...

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... das Jahr von Thomas Muster: Er gewann bei den French Open seinen einzigen Grand-Slam-Titel, wurde zum zweiten Mal nach 1990 Österreichs Sportler des Jahres, erklomm wenig später sogar die Spitze der Weltrangliste. Nicht ohne Kritik blieb, dass er seine Punkte fast ausschließlich auf Sand gesammelt hatte, die anderen Beläge eher mied. Insgesamt 40 Spiele in Serie blieb Muster auf Sand ungeschlagen - und erarbeitete sich so den Spitznamen "Sandplatzkönig".

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"Ich hasse es einfach, zu verlieren. Ich bin ein Steher, ich kann in Leistungsgrenzen in meinem Körper vorstoßen, die nahe an die Bewusstlosigkeit herangehen. Diese Dimensionen erreichen wohl nur wenige", sagte Muster einmal. In den folgenden Jahren merkte er jedoch, dass ihm ausgerechnet das Kämpfen schwerer fiel. Die großen Siege blieben aus, der Österreicher haderte mit seinen Leistungen, sein Coach Ronald Leitgeb vermutete eine mentale Krise bei seinem Spieler. Seinen Rücktritt beging Muster still und leise: 1999 nach seinem Erstrunden-Aus bei den French Open gegen Nicolas Lapentti. Muster sagte: "Das Ende einer Karriere ist nichts, was man feiert. Das ist eine Privatsache."

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Natürlich konnte Muster nicht ganz loslassen: Wie die meisten alternden Tennisprofis gab sich auch Muster in der Folge diversen Klamauk-Spielen hin. Hier trat er sogar zusammen mit Fernsehnase Elton (2. v. links) gegen Showmaster Stefan Raab (3. von links) und Boris Becker (rechts) an. Dabei ging es Muster laut eigener Aussage nicht ums Geld. Wenig kleinlaut gab er einst zu: "Von meinem Vermögen können drei Generationen gut leben."

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Muster widmete sich jedoch auch seinem Privatleben, wurde Vater eines Sohnes und einer Tochter - und sorgte als Schlagzeuger für Aufsehen: Hier trommelte er 2008 bei einem Konzert der Söhne Mannheims in Graz. Auch entwarf auch eine eigene Modelinie - die jedoch mittlerweile wieder eingestellt wurde.

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Doch tief in Muster drin wuchs der Ehrgeiz - und der Wunsch nach einem Comeback. Ob er seinem alten Konkurrenten Boris Becker bei diesem Zusammentreffen davon berichtet hat, ist nicht bekannt. So könnte es sich zugetragen haben: Muster: "Du, Boris, ich fang wieder an." Becker: "Thomas, äh, nicht dein Ernst?" Muster: "Doch, Boris! Ich! Fang! Wieder! An!"

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Jetzt ist Thomas Muster tatsächlich wieder da. Durchtrainiert, voller Tatendrang, mit einer Startberechtigung für ein ATP-Turnier, jedoch durchaus realistisch. Er glaubt: "Viele Leute werden sagen, was will der alte Depp. Andere werden hoffentlich meine Leistungen honorieren."

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