Tennis-Profi Mona Barthel:Auf dem zweiten Bildungsweg

Lesezeit: 3 min

Mona Barthel schrieb ein Einser-Abitur und machte ihr Hobby Tennisspielen zum Beruf. Nachdem sie 2011 noch vorwiegend auf der zweitklassigen ITF-Tour gespielt hat, gelingt ihr im australischen Hobart der erste Turniersieg auf der Profitour - und ist nun die neue deutsche Hoffnung bei den Australian Open. In der ersten Runde profitiert sie dort von der Aufgabe ihrer Gegnerin.

Milan Pavlovic

Die Feier nach ihrem ersten Turniersieg hatte sich Mona Barthel vermutlich anders vorgestellt. "Hätte das Finale nur zwei Minuten länger gedauert, hätte ich den Flieger nach Melbourne verpasst", sagte die 21-Jährige nach ihrem überraschend klaren 6:1, 6:2-Erfolg in Hobart gegen die topgesetzte Belgierin Yanina Wickmayer.

Derzeit ziemlich erfolgreich: Mona Barthel. (Foto: Getty Images)

Denn obwohl die junge Rechtshänderin aus Bad Segeberg in Tasmanien in etwas mehr als einer Woche acht Spiele bestreiten musste, kannten die Veranstalter des ersten Grand-Slam-Turniers 2012 kein Pardon: Nach dem bisher größten Erfolg ihrer Karriere musste Mona Barthel sofort abreisen, weil sie schon am ersten Tag der Australian Open angesetzt worden war.

Gegnerin am Montagmorgen deutscher Zeit war ihre britische Doppelpartnerin Anne Keothavong. "Es ist schwierig, sich jetzt gleich wieder zu konzentrieren", sagte Barthel, die als erste Qualifikantin seit Tamira Paszek im September 2010 ein WTA-Turnier gewann. Das machte jedoch nichts: Barthel profitierte von Keothavongs verletzungsbedingter Aufgabe: Die Britin musste beim Stand von 6:0 für Barthel passen.

Dass sie unter nicht ganz idealen Bedingungen zu ihren ersten Australian Open anreiste, war allerdings ein Luxusproblem für Barthel. Immerhin hatte sie selbst nicht damit gerechnet, dass ihr der Durchbruch so schnell gelingen würde: "Es fällt mir schwer, das zu realisieren, was mir hier gelungen ist."

Im vergangenen Jahr spielte sie noch vorwiegend auf der zweitklassigen ITF-Tour, und als sie bei den French Open im Mai 2011 erstmals die Qualifikation für das Hauptfeld eines Grand Slams sowie die erste Runde meisterte, erzählte sie, dass sie "schon zittrige Hände" gehabt habe.

Diese Mischung aus Nervosität und Unerfahrenheit brachte ihr einige schmerzliche, aber offenbar auch lehrreiche Niederlagen ein. Dass sie vergleichsweise spät kamen, ist ihrem Lebensplan geschuldet. Barthel wurde kurioserweise am selben Tag geboren wie die derzeitige Weltranglistenerste Caroline Wozniacki - am 11. Juli 1990 -, doch sie ging ihre Karriere anders an.

Während die Dänin früh die Schule verließ und auf der Profi-Tour zur Dauerspielerin wurde, die inzwischen mit vielen Wehwehchen zu kämpfen hat, machte Barthel erst ihr Einser-Abitur. Erst danach verwandelte sie ihr Hobby in einen Beruf. In einem "Zeitfenster von zwei bis drei Jahren" wollte sie schauen, was sie auf der Profitour erreichen könnte. Sie hatte sich "keine konkreten Ziele gesetzt, um mich nicht unter Druck zu setzen - man verkrampft, wenn man zu sehr aufs Ranking achtet".

Tennis-WM in Istanbul
:Das schönste Pokal-Lächeln der Welt

Petra Kvitova krönt ihr großartiges Tennis-Jahr mit dem WM-Sieg in Istanbul. Die Tschechin gewinnt ein umkämpftes Finale gegen Victoria Asarenka in drei Sätzen und steht nun auf Platz zwei der Weltrangliste.

Bilder aus Istanbul

Darum muss sich die 185 Zentimeter lange Deutsche zunächst keine Sorgen mehr machen. Sie hat in der Weltrangliste weitere 20 Plätze gut gemacht und wird als 44. nun erstmals unter den besten 50 Frauen geführt (als eine von fünf deutschen Spielerinnen). Sie hat sich damit nachdrücklich für eine Nominierung für den im Februar anstehenden Fed Cup empfohlen.

Tennis-WM in Istanbul
:Das schönste Pokal-Lächeln der Welt

Petra Kvitova krönt ihr großartiges Tennis-Jahr mit dem WM-Sieg in Istanbul. Die Tschechin gewinnt ein umkämpftes Finale gegen Victoria Asarenka in drei Sätzen und steht nun auf Platz zwei der Weltrangliste.

Bilder aus Istanbul

Teamchefin Barbara Rittner zeigte sich angesichts von Barthels Erfolg nicht übermäßig überrascht. "Mona hat schon im vergangenen Jahr konstant gespielt", sagte sie dem Sport-Informationsdienst: "Sie hat eine Super-Rückhand, eine wahnsinnige Reichweite und ist trotz ihrer Größe sehr beweglich." Derzeit ist sie ohne eigenen Trainer unterwegs, gefördert wird sie vor allem von ihren Eltern. "Sie verstehen viel von Sport", erklärt Barthel, "mein Papa war früher Junioren-Europameister im Kugelstoßen." Ihre Mutter, die ein Sportstudium absolviert hat, sei "für Beweglichkeit und Schnelligkeit" zuständig.

In Hobart zeigte Barthel nun ihr komplettes Repertoire: harte Grundschläge, variantenreiches Winkelspiel, enorme Laufbereitschaft und die Defensivkunst, fast aussichtslos erscheinende Bälle noch zurückzubringen. Ihr Sinn für Strategie ist vielleicht ein Überbleibsel ihrer Schulzeit, in der Informatik und Mathematik ihre Lieblingsfächer waren.

Auf diese Weise schaltete die jenseits des Platzes eher introvertierte Deutsche in Tasmanien nacheinander die Nummern zwei (Anabel Medina Garrigues), fünf (Jarmila Gajdosova), vier (Angelique Kerber) und eins (Wickmayer) aus. Den Schlüssel zu dieser Serie sah sie in ihrer Entschlossenheit und Nervenstärke: "Ich habe in der Vorbereitung viel Match-Training gemacht, um stabiler zu werden. Ich war wirklich sehr zufrieden, so wie ich gespielt habe. Und ich denke, dass ich sogar noch einen Schritt weiter gehen kann."

Eine Belohnung gönnte sich Mona Barthel am Samstag dann übrigens doch noch: "Nach der Ankunft in Melbourne hat es zu einem kleinen Abendessen am Flughafen gereicht."

© SZ vom 16.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: