Tennis:"Die sollen sich alle ruhig lustig über mich machen"

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Denkt nichts ans Aufhören: die 69-Jährige Gail Falkenberg (Foto: privat)

Die 69-jährige Gail Falkenberg hat zuletzt mit einem Sieg auf der Tennis-Profitour viel Aufsehen erregt. Im Interview erzählt die Amerikanerin, warum sie von unten aufschlägt und warum ihr der Spott nichts ausmacht.

Interview von Matthias Schmid

Gail Falkenberg ist ein Phänomen, im Alter von 38 Jahren beschloss sie, professionell Tennis zu spielen. Drei Jahre später stand sie mit fast 41 auf Rang 360 in der Weltrangliste - ihre beste Platzierung. Sie gewann unter anderem ein Spiel bei den Australian Open und unterlag nur knapp der ehemaligen Weltranglistenersten Jennifer Capriati. Inzwischen ist die Amerikanerin 69 Jahre alt und hat erst vor ein paar Tagen mit einem Sieg auf der untersten Profitour international großes Aufsehen erregt. "Ich würde gerne mal mit Steffi Graf ein paar Bälle schlagen", sagt Falkenberg im Interview.

SZ: Ms. Falkenberg, Sie hören sich etwas atemlos an?

Gail Falkenberg: Ich komme gerade vom Einkaufen zur Tür herein, ich habe mir frische Sachen auf dem Markt gekauft.

Sie stehen also nicht den ganzen Tag auf dem Tennisplatz?

Das mache ich schon am liebsten. Aber ich muss natürlich aufpassen, dass ich mich nicht verletze. Deshalb trainiere ich höchsten zwei, drei Stunden am Tag und gönne mir auch mindestens einen Ruhetag in der Woche. Und meine Fitness hole ich mir auf dem Platz.

Zuletzt haben Sie mit der Nachricht die Tennisszene verblüfft, dass Sie bei einem mit 25 000 US-Dollar dotierten ITF-Turnier ein Einzel gegen eine 47 Jahre jüngere Konkurrentin in der Qualifikation mit 6:0, 6:1 gewonnen haben.

Ja, ich dürfte die älteste Spielerin in der Geschichte sein, die das geschafft hat. Ich hatte mir schon im Vorfeld erhofft, gegen sie zu gewinnen. Ich habe sie spielen sehen und mir dann einen Matchplan zurechtgelegt. Der ist glücklicherweise wunderbar aufgegangen.

Sie haben von unten aufgeschlagen und mit der Vorhand viel Slice gespielt.

Das ist eine gute Taktik gegen die jüngeren Spielerinnen. Die haben große Schwierigkeiten mit meinem seitlichen Spin und können den Return deshalb nicht schnell genug zurückspielen. Und was mein Vorhand-Slice betrifft? Der ist nicht defensiv, den spiele ich offensiv und rücke auch ans Netz auf, um die Ballwechsel zu verkürzen. Ich bin ja schließlich nicht mehr die Jüngste.

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Sie haben trotzdem viel Spott ertragen müssen von bekannteren Tennisspielerinnen, zum Beispiel von der ehemaligen Top-Ten-Spielerin Kathleen Horvarth, die Ihr Match mit "dumm und dümmer" beschrieben hat.

Die sollen sich alle ruhig lustig über mich machen. Das interessiert mich nicht, weil die Mehrzahl der Reaktionen positiv ausfällt. Es kommen viele Menschen auf mich zu, die in mir eine Inspiration sehen und mir erzählen, wie sie es lieben würden, mir zuzuschauen. Sie finden auch, dass ich sehr abwechslungsreich spiele und schön das Tempo variieren kann. Solche Aussagen motivieren mich natürlich weiterzumachen.

Welche Ziele haben Sie denn noch als Tennisspielerin: Sie haben zuletzt auf einen weiteren Einzelsieg auf der Tour 18 Jahre warten müssen?

Ich will mit 70 Jahren noch zwei Einzel auf der Profitour gewinnen und auch mein spielerisches Niveau anheben. Das sind meine Ziele und ich fühle, dass ich sie auch erreichen kann.

Wollen Sie also mit der Vorhand doch mal einen tiefen Topspin spielen und von oben aufschlagen?

Natürlich will ich auch etwas schneller spielen, ich kann da in jedem Fall noch stärker werden. Dafür muss ich mich aber besser bewegen. Ich arbeite deshalb gerade vor allem an meiner Beinarbeit.

Warum haben Sie eigentlich erst im Alter von 38 Jahren für eine Profikarriere entschieden?

Ich hatte nach meinem Masterabschluss ein so gutes Jobangebot aus der Filmbranche, das ich nicht ablehnen konnte. Ich wollte erst einmal ein bisschen Geld verdienen. Ich habe in Los Angeles an der University of California studiert und dort auch mit dem Tennis begonnen, weil ich vorher keine Möglichkeit hatte. Ich war eine bessere Basketballspielerin. Doch Tennis liebte ich von Anfang an. Deshalb habe ich in den Neunzigerjahren auch angefangen, als Trainerin an der Universität of Central Florida zu arbeiten.

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Bereuen Sie es inzwischen, nicht früher auf der Tour begonnen zu haben?

Nein, ich bin ziemlich zufrieden, wie es gelaufen ist. Ich habe ja mit 36 Jahren sogar die offenen US-Meisterschaften im Frauen-Einzel gewonnen und auch eine Runde in der Qualifikation der Australian Open. Ich habe viele Länder gesehen, leider habe ich nie in Deutschland gespielt.

Würden Sie denn gerne mal ein paar Bälle mit Roger Federer oder Steffi Graf spielen?

Ich habe schon mit dieser spanischen French-Open-Siegerin trainiert, deren Namen mir gerade leider entfallen ist. Sie hat eine beidhändige Rückhand und hat so hohe Bälle gespielt ...

... Arantxa Sánchez Vicario vielleicht.

Genau die war es, es war ziemlich aufregend, wir hatten uns damals bei einem Turnier in Brasilien getroffen. Das muss Ende der Neunzigerjahre gewesen sein. Aber mit Steffi Graf würde ich gerne mal ein paar Bälle schlagen.

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