Tennis:Teure Lotterie

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Hier noch in Wimbledon im Einsatz: Großhesselohes Österreicher Dennis Novak. (Foto: Alan Grieves/Gepa Pictures/Imago)

Der Österreicher Dennis Novak schlägt in Bredeney den abgewanderten Philipp Kohlschreiber - dennoch muss der TC Großhesselohe im zweiten Spiel der Bundesliga-Saison die zweite Niederlage hinnehmen.

Von Thomas Becker

Dass es zu einem dieser Ausgerechnet-Spiele kommen würde, war klar. Denn Philipp Kohlschreiber hatte die Seiten gewechselt: vom so naheliegenden TC Großhesselohe zum 670 Kilometer entfernten TC Bredeney im Süden von Essen. Schon an Spieltag zwei kam es nun zum Duell mit dem Ex, und das ging für den 39-Jährigen nicht gut aus: Im Match-Tiebreak unterlag er dem Österreicher Dennis Novak 7:10 - in der vergangenen Saison hatte Kohlschreiber für Großhesselohe jedes Bundesligaspiel gewonnen.

Fit ist er wie eh und je, aber halt doch schon seit zwei Jahren raus dem ATP-Zirkus mit Matches im Tages- oder Zwei-Tage-Rhythmus. Anders der zehn Jahre jüngere Novak: Hatte sich in Wimbledon durch die Qualifikation gekämpft, in Runde eins gegen Milos Raonic verloren und vergangenen Dienstag schon wieder beim Challenger-Turnier in Salzburg aufgeschlagen. Doch so süß dieser Sieg für die Großhesseloher auch gewesen sein mag, so gefrustet traten sie dennoch den Heimweg an - mit einer ärgerlichen 2:4-Niederlage im Gepäck, nach dem 0:6 in Gladbach der zweiten im zweiten Saisonspiel.

"Das war ein bisschen unglücklich, dass wir gleich am Anfang gegen die beiden Top-Teams antreten mussten", sagt Bernhard Essmann, der Sportchef beim TC Großhesselohe, der die vergangene Saison auf Platz zwei beendet hatte. Einen Platz dahinter war der diesjährige Titelfavorit gelandet. Doch vor der Saison hat sich Bredeney dank der Finanzspritzen eines IT-Unternehmers auf beinahe obszöne Art verstärkt: Jan-Lennard Struff, Yannick Hanfmann, Maximilian Marterer, Tim Pütz und Philipp Kohlschreiber, Oscar Otte, Rudolf Moelleker, Mats Moraing, Julian Lenz, Tobias Kamke, Yannick Maden, Oscar Moraing - zwei komplette deutsche Davis-Cup-Teams. "Nur mit Deutschen zu spielen, ist ja sehr sympathisch", meint Essmann, "aber für die anderen Klubs bleibt da nicht mehr viel übrig".

Wohl wahr: Der auch nicht gerade finanzschwache Klub aus dem Münchner Süden konnte gerade noch Daniel Altmaier verpflichten, als einzigen Deutschen neben dem an zwölf gelisteten Peter Gojowczyk. Den 34-Jährigen hat es in der Weltrangliste allerdings bis auf Platz 319 gespült, wo er in Challenger-Turnieren um den Anschluss kämpft. Vor fünf Jahren war er noch die Nummer 39, vor zwei Jahren Achtelfinalist bei den US Open. Das Leben eines Tennisprofis gleicht einer Achterbahnfahrt.

"Bei Bredeney saßen am Freitag 13 Spieler da - und alle wurden bezahlt, ob sie gespielt haben oder nicht. Die lachen sich kaputt!"

Ein Tennis-Bundesligateam zu managen, ist aber auch nicht ohne. Frag nach bei Bernhard Essmann. "Mit unserem Spitzenspieler Francisco Cerundolo war fest vereinbart, dass er die ersten beiden Termine spielt, aber dann ist er, nachdem er in Eastburn das Turnier auf Rasen gewonnen hat - als erster Argentinier seit 500 Jahren - nach Wimbledon erst mal heimgeflogen, um da Termine wahrzunehmen. Das war schon ärgerlich. Diese Bundesliga ist eine Lotterie! Es hängt alles davon ab, wer wann welche Spieler hat." Und davon, wie viel man denen bezahlen kann: "Bei Bredeney saßen am Freitag 13 Spieler da - und alle wurden bezahlt, ob sie gespielt haben oder nicht. Die lachen sich kaputt! Ich weiß ja, was die kriegen: doppelt so viel wie bei uns. Der Spieltag muss die 150000 oder 180000 Euro gekostet haben, mindestens." Oder Struff: "Der ist jetzt 33, kriegt dort einen Vier-Jahres-Vertrag - ich habe noch nie gehört, dass ein Bundesligist Mehrjahresverträge macht."

Dennoch war Großhesselohe nah dran: Zugang Roberto Carballes Baena schlug Hanfmann glatt in zwei Sätzen, Novak bezwang Kohlschreiber, Arthur Rinderknech (gegen Marterer) und Hugo Dellien (gegen Otte) verloren knapp - macht 2:2 nach den Einzeln. "Dann haben wir drei exzellente Doppelspieler dabei, mit Jan Zielinski die Nummer sieben der Welt - und schaffen nicht mal ein Unentschieden", klagt Essmann, "dabei hätten wir auch gewinnen können." Vom Konjunktiv zum Indikativ soll es nun bei der Heimpremiere am Sonntag (ab 11 Uhr) gegen den FTC Palmengarten gehen. Welche Spieler er einsetzen kann, wird Essmann erst wieder kurz vor knapp wissen.

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