SZ-Glosse "Linksaußen":3000 Jahre Ungewissheit

Lesezeit: 2 min

Es muss sie geben, die viel zitierten Pokalgesetze, aber wie um alles in der Welt lauten sie? Forschende blicken an diesem Mittwoch gespannt an den Ammersee, dort könnte der Schlüssel liegen.

Von Andreas Liebmann

"Ich bin der Herr, dein Gott", sprach Gott, und zur Sicherheit erläuterte er: "der ich dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus, herausgeführt habe." Streng genommen stellte sich Gott damals als JHWH vor; außerdem sprach er Hebräisch, aber das könnte hier niemand lesen. "Du sollst keine andern Götter haben neben mir", fuhr Gott jedenfalls mit donnernder Stimme fort, und als er fertig war, überreichte er dem verdutzten Mose sicherheitshalber eine Mitschrift seines Vortrags, auf dass dieser anschließend nicht wieder alles durcheinanderbringen konnte.

Leider gab es keine weiteren Augenzeugen auf dem Berge Sinai, ganz zu schweigen von einer anschließenden Pressekonferenz, weshalb man auch nur vermuten kann, dass Gott seine zehn Gebote nicht mit eigenen Händen in die Steintafeln meißelte, vielleicht sogar wirklich mit dem Finger schrieb, wie es überliefert ist. Jedenfalls, auch wenn die Quellenlage ein bisschen diffus ist, dürfte es sich im Folgenden so zugetragen haben, dass Gott noch etwas Wichtiges einfiel, weshalb er sich ("Halt, noch eins!") eine Steintafel zurückgeben ließ, auf dass auf deren Rückseite bis ans Ende aller Tage zu lesen sein würde: "Der Pokal hat seine eigenen Gesetze."

Den Wortlaut wüsste man gerne - schon um sich besser daran halten zu können

Ja, genauso muss es gewesen sein. Leider sollten noch einige Jahrhunderte vergehen, ehe der Allmächtige in Mainz einem gewissen Johannes Gensfleisch befahl, der lästigen Steinmeißelei ein überfälliges Ende zu bereiten, worauf sich fortan zum Beispiel auch die SZ deutlich leichter tat mit Überlieferungen für die Nachwelt. Gensfleisch, besser bekannt als Gutenberg, erfand auftragsgemäß den Buchdruck, von dem aus es nur noch ein paar Steinwürfe brauchte bis zum Fernsehen und zum Internet. Weil damals auf dem Berge aber weder Blogger noch Youtuber weilten, Moses die Original-Steintafeln alsbald zerbrach und sich beim Abmeißeln diverser Kopien niemand um die Rückseite kümmerte, bleibt bis heute ein letzter Rest Unsicherheit. Vor allem ist ungeklärt, ob Gott die Pokalgesetze im Detail hinterließ, womöglich ebenfalls zehn an der Zahl. Und wie sie lauteten. "Du sollst nie in Kiel antreten, wenn es schneit", zum Beispiel? "Unten soll ein Sockel, oben ein Deckel sein?" Hm, ein bisschen zu speziell vielleicht...

Geben muss es sie, diese verflixten Pokalgesetze, warum sollten Sportexperten sonst seit etwa 3000 Jahren darüber fabulieren. Nur ihren Wortlaut wüsste man ganz gerne - schon allein, damit man sich besser daran halten kann.

Dieser Mittwoch nun könnte für die Erforschung der Pokalgesetze einen Durchbruch bringen. Herrschings Volleyballer stehen im Halbfinale, wie schon so oft. Noch jedes haben sie verloren, gegen Favoriten, gegen Außenseiter, knapp, deutlich, egal. Eine weitere Niederlage in Lüneburg könnte einfach kein Zufall mehr sein, man müsste dann nur noch das Gesetz dahinter entdecken.

Und falls sie doch wider Erwarten gewinnen? Ähm. Tja. Der Pokal hat dann eben doch...

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: