Skispringen:Ganz schön schräg

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Ganz so tief wie die Skispringer (hier Constantin Schmid) müssen sich die Reporter im Speicherraum der Garmischer Schanze wohl nicht bücken. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Die Pressezentren der Vierschanzentournee haben so ihre Eigenarten. In Garmisch-Partenkirchen öffnet das völlig neue Perspektiven - und bringt Herausforderungen.

Glosse von Volker Kreisl, Garmisch-Partenkirchen

Die Tournee hält zahlreiche Herausforderungen bereit. Von Oberstdorf bis Bischofshofen liegen manchmal Schnee und Eis auf den Straßen, und wenn nicht, dann bremst einen der Stau der Skifahrer. Enge Zimmer empfangen die Reisenden, schlechtes Internet im Hotel, ach, ewig gibt es was zu jammern.

Deshalb freut sich jeder auf ein warmes und vor allem geräumiges und somit inspirierendes Pressezentrum. Das sind Örtlichkeiten, die oft aus großen festen weißen Zelten bestehen, die im Winter mit heißer Luft beheizt werden, welche - flupp - durch große weiße Plastikplanen-Rohre geblasen und verteilt wird. Auch befinden sich Pressekonferenzen etwa in Gemeinderäumen, Turnhallen oder Kongresszentren. In Garmisch-Partenkirchen nun wurden Fotografen und Reporter aus allen Ländern in zwei Räumen verstaut, was völlig neue Perspektiven öffnete.

Denn das Pressezentrum dort war, aus welchen Gründen auch immer, erstmals unter einem Dach, dessen Schräge sich bis auf Bauchhöhe nach unten zog, weshalb die höhergewachsenen Kollegen sich klugerweise den Platz am Fenster schnappten. Diese Plätze mit Kopffreiheit waren bald besetzt, was abermals die eiserne Regel unterstrich: Früh reisen, sofort ins Pressezentrum. Ein anderer langjähriger und auch langer Vierschanzenreporter kam zu spät, er musste unter die Dachschräge und saß, weil er seine Beine nicht unter dem Tisch verstauen konnte, in einer Art, wie früher Damen im Sattel gesessen hatten.

Als der Kollege vom österreichischen Boulevard eintrat und im Ergebnis fragte, was sich die Veranstalter eigentlich denken, hob eine kurze Diskussion an über die Frage, ob hier alles noch richtig ticke, man müsse mal Klartext reden, was aber nichts bringen werde, weil reisende Reporter keine Zeit haben für Revolten und im nächsten Hotel oder Pressezentrum mit anderem beschäftigt sind. Außerdem waren plötzlich alle abgelenkt, denn das Internet ging schon wieder aus.

Insgesamt aber kam man sich näher. Als alle Reporter und Reporterinnen endlich über ihren Texten gesessen, diese fertiggeschrieben und abgeschickt hatten, als die ersten schon weiterfuhren, da wurde es auf einmal immer leerer in diesem Speicherraum der Garmischer Schanze, mit seinen tiefhängenden Dachbalken, bis fast alle Kollegen fort waren, und eine bedrückende Stille über den Tischen lag. Es gibt immer was zu jammern.

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