Ski-WM: Super-Kombination:Flieger Miller, Sieger Svindal

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Der Norweger Aksel Lund Svindal verteidigt seinen WM-Titel in der Super-Kombination. Während die Italiener kaum mehr zu bremsen sind, bietet Bode Miller wieder die verrückteste Show.

Thomas Hummel

Da kann gewinnen, wer will, Bode Miller zieht irgendwie immer die Aufmerksamkeit auf sich. Der Jubel dröhnte den Gudiberg in Garmisch-Partenkirchen hinauf, als der Extremfahrer aus New Hampshire angekündigt war. Platz zehn hatte er nur geschafft in der Super-Kombinations-Abfahrt am Vormittag, jetzt sollte er im Slalom den Berg wie kein anderer hinunterschwingen. Er tat das auch. Wenngleich anders als gedacht.

Die Miller-Show: Der Amerikaner verlässt nach dem zweiten Tor auf seine Art die WM-Piste. (Foto: Getty Images)

Bode Miller kam genau zwei Tore weit, dann wurde seine berühmte Rücklage zu extrem, die Taillierung der Carvingski schickte ihn auf eine ungewollte Bahn und er hob ab wie ein Skispringer nebenan auf der Olympiaschanze zum Neujahrsspringen. Miller stand gleich wieder, wirkte aber wie erstarrt, sekundenlang schien er gar nicht zu atmen, dann schüttelte er wenigstens den Kopf. Immerhin: Die Zuschauer sahen eine der berühmten Miller-Shows.

Ein anderer großer Skirennfahrer kam ins Ziel und feierte den nächsten großen Sieg: Aksel Lund Svindal aus Norwegen verteidigte seinen WM-Titel aus Val d'Isère 2009 nach einem phänomenalen Abfahrtslauf und einem sehr guten Slalom mit großem Vorsprung vor den beiden Südtirolern Christof Innerhofer (1,01 Sekunden Rückstand) und Peter Fill (1,90). Der 28-jährige Svindal holte damit seinen insgesamt vierten WM-Titel und bei der Siegerehrung auch die von seiner Freundin Julia Mancuso zum Valentinstag geforderten Blumen. "Es fühlt sich besonders deshalb gut an, weil es in den ersten Rennen nicht wie gewünscht gelaufen ist. Heute war mein Tag", sagte Svindal, der in der ewigen WM-Rangliste in die Top 10 aufrückte.

Dabei hatte Svindal noch am Samstag Bekanntschaft mit einem Lkw gemacht. Wie einige andere Fahrer hatte es der Norweger im Ziel der Spezial-Abfahrt einfach nicht geschafft, zu bremsen, stürzte und knallte mit Wucht in die Absperrungs-Luftpolster. Es krachte derart mächtig in der Zuschauerarena, dass die 11.000 Zuschauer augenblicklich verstummten, Svindal wurde von zwei Ärzten aus dem Zielraum begleitet.

Danach schrieb er in seinem Internet-Blog: "Es fühlt sich an, als wäre ein Truck auf meinem Kopf gelandet." Im Krankenhaus wurden aber keine schweren Verletzungen festgestellt, also stürzte sich der 28-Jährige auch an diesem Montag die Kandahar herunter. Und wie. Svindal gewann die Abfahrt der Super-Kombination mit großem Vorsprung vor dem Schweizer Beat Feuz (63 Hundertstel Sekunden) und auch dem Dritten vom Samstag, Christof Innerhofer aus Italien (1,18 Sekunden).

Im Slalom später bereitete das Wetter Sorge. Zwölf Grad Celsius waren wohl in etwa zwölf Grad zu viel, der Schnee am Gudiberg weichte auf. So rückten die Helfer vor dem Rennen mit einem Feuerwehrschlauch an und spritzen mit Salz versetztes Wasser auf die Strecke. Doch die Befürchtungen waren unbegründet, die Piste hielt. Und der Führende Svindal, der als 30. dran war, sah zuvor, wie sich einige Konkurrenten verabschiedeten.

Ski-WM: Bode Miller
:Der Wohnmobiltyp

Skirennfahrer Bode Miller fährt mit dem Wohnmobil zu Weltcups, geht bei Olympia gerne feiern und fährt schonmal mit einem Ski die Piste herunter. Gewonnen hat er trotzdem alles.

in Bildern.

Miller flog von der Piste, auch die Schweizer erlebten wie zumeist in Garmisch herbe Enttäuschungen. Sowohl Silvain Zurbriggen als auch Beat Feuz fädelten ein, Feuz dabei auf Medaillenkurs erst wenige Tore vor dem Ende. Während die Stimmung im Schweizer Haus nicht besser wird, werden die Italiener kaum noch zu bremsen sein. Christof Innerhofer hatte schon nach Gold im Super-G und Bronze in der Abfahrt geklagt, er habe "strenge Tage" hinter sich. Aber eben auch Tage, in den sich ein Gefühl der Leichtigkeit einstellte.

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Was sich zuerst auf seinen Teamkollegen Peter Fill übertrug. Der Speed-Spezialist fand einen überraschend schnellen Weg durch die Torstangen und als er im Ziel sah, dass er 27 Hundertstel seines Vorsprungs auf den Favoriten Benjamin Raich aus Österreich behauptete, warf er bereits die Stöcke in den Schnee und freute sich wie ein Weltmeister. Dabei kamen noch drei Skifahrer. Zuerst Innerhofer, der wie Fill leicht und schnell aussah und mit klarer Bestzeit ins Ziel kam. Als Feuz ausschied, kreischten die beiden Südtiroler vor Begeisterung, beide hatten nun eine Medaille sicher. "Ich werde lange brauchen, um das zu realisieren. Es ist wunderbar", sagte Innerhofer und kündigte eine "große Party" an.Svindal war dann aber zu stark und zu routiniert, der Norweger fuhr sicher zu Gold.

Wie viel eine Goldmedaille in der Super-Kombination wert ist, darüber streitet sich die Ski-Familie. Kritiker monieren vor allem den fehlenden Stellenwert in der Öffentlichkeit. Auch das neue Format, Abfahrt und einen Slalom an einem Tag, ist bei den Leuten noch nicht ganz angekommen. Wobei Garmisch-Partenkirchen das Rennen besser angenommen hat, als vorher gedacht: Es standen mehr Zuschauer an der Kandahar-Strecke als prognostiziert, am Gudiberg drängten sich am Nachmittag dann Tausende.

Die Befürworter finden sich indes unter den besten Fahrern. Sie wissen: Wer hier gewinnen will, muss alles können, der sportliche Wert ist höher als bei jeder Einzeldisziplin. Und der beste Skifahrer dieser Saison ist bislang eindeutig Ivica Kostelic. Der Kroate hatte zuvor alle drei Super-Kombinationen gewonnen, führt den Gesamtweltcup an - war am Montag aber gar nicht in Garmisch. Der 31-Jährige war nach Hause nach Zagreb gefahren, er bezeichnete den WM-Super-G als das schwerste Rennen seiner Karriere, ein Knie bereitete ihm Schmerzen. Kostelic soll zum Riesenslalom am Freitag zurück sein, sein größtes Ziel ist in diesem Jahr aber der Gewinn des Gesamt-Weltcups. Die Super-Kombination der WM ist da offenbar weniger wichtig.

Wer auf einen deutschen Fahrer wartete, wurde ebenso enttäuscht wie die Kostelic-Fans. Das lag aber nicht am Stellenwert des Wettkampfs, eher an Verletzungen. Stephan Keppler hätte vielleicht mitfahren können, doch der überstand die Abfahrt in Wengen nicht (Innenbandriss im rechten Knie sowie einen Abriss des Syndesmosebandes im linken Sprunggelenk) und fehlt komplett. Und so blieb die Heim-WM-Super-Kombination ohne Deutsche, kein Kompliment an die Nachwuchsarbeit der vergangenen Jahre im Deutschen Skiverband. Dagegen durfte das Publikum in Garmisch Läufern aus Bosnien-Herzegowina, Weißrussland, Bulgarien zujubeln.

Oder Andorra: Kevin Esteve Rigail war in der Abfahrt am Vormittag ein vorzügliches Rennen gelungen. Mit Startnummer fünf fuhr der 21-Jährige auf Rang neun, noch vor Miller oder Raich. "Das war der beste Lauf meines Lebens", sagte er im Zielraum. Gerade mal bei fünf Weltcup-Rennen und Olympia 2010 stand er vor den Titelkämpfen in Garmisch-Partenkirchen, wo er 34. in der Spezialabfahrt wurde, am Start. Im späteren Slalom dann kam er nicht ganz so gut zurecht und fiel noch auf Platz 21 zurück.

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