Ski alpin:Sturz im Schneetreiben

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Schlechte Sicht: Lindsey Vonn kurz vor ihrem Sturz in Soldeu. (Foto: Guillaume Horcajuelo/dpa)

Lindsey Vonn verletzt sich beim Super-G in Soldeu am linken Knie, später gibt sie vorsichtig Entwarnung. Sollte sie länger ausfallen, wäre dies der nächste Rückschlag in einem schwierigen Skiwinter.

Von Filippo Cataldo

Lindsey Vonn war nicht mehr zu sehen. Es herrschte dichtes Schneetreiben in Andorra beim Super-G von Soldeu. Unzählige Helfer beugten sich über die Amerikanerin, die nach einem eigentlich harmlos aussehenden Sturz schon einige Minuten auf dem Schnee lag. Schließlich hatten die Helfer die Führende im alpinen Gesamtweltcup so weit transportfähig gemacht, dass sie zwei Helfer mit einem Schlitten ins Tal fahren konnten.

Die Skiwelt hielt den Atem an: Würde dieser launische Skiwinter in Vonn, 31, sein nächstes prominentes Opfer fordern? Gegen halb acht, rund sechs Stunden nach ihrem Ausrutscher gab Vonn selbst vorsichtig Entwarnung: Auf Instagram verbreitete sie ein Bild ihres dick bandagierten linken Knies, das eher nicht auf ein baldiges Comeback deuten ließ. Auf ihrem Schoß hatte es sich, große Augen machend, ihr Baby-Hund bequem gemacht, den sie vor einigen Wochen in Italien erstanden hat. Das wirkte schon eher mutmachend.

Ihr Text war es erst recht: "Bin in weichen Schnee geraten und ziemlich hart verunfallt. Die Röntgenaufnahmen zeigen einen Haarriss im linken Knie", schrieb sie. Am Montag solle sie sich einem MRT unterziehen, allerdings: "Mal sehen, wie ich mich morgen fühle. Dann entscheiden wir, ob ich am Rennen teilnehme", schrieb sie. Zeitgleich meldete sich von der Piste auch US-Cheftrainer Paul Kristofic. "Wir arbeiten hart daran, dass sie morgen starten kann", sagte er.

Stenmark-Rekord weiter im Blick

Unmittelbar nach ihrem Unfall waren Erinnerungen an 2013 wach geworden. Damals hatte sie sich im Februar das Kreuzband im rechten Knie gerissen; im Dezember desselben Jahres gleich noch mal. Vonn verpasste die Olympischen Spiele in Sotschi, erst im Oktober 2014 feierte sie ihr Comeback. Ein dritter Kreuzbandriss im gleichen Knie hätte nun die Frage nach einem Karriereende zumindest aufgeworfen. Vonn hatte zuletzt angekündigt, noch bis 2018 fahren zu wollen - und den Sieg-Rekord von Ingemar Stenmark knacken zu wollen. 86 Siege im Weltcup gelangen dem Schweden von 1973 bis 1989, Vonn liegt nun nach einem Winter, in dem es lange perfekt lief für sie, bei 76 Siegen. Diesen Rekord hat sie nun weiter im Blick.

Sollte Vonn doch noch länger ausfallen, würde sie sich in eine lange Reihe prominenter Verletzter dieses Winters einreihen. Allein dem österreichischen Skiverband hat der Winter bereits rund ein Dutzend Skifahrer geklaut. Schon vor der Saison hatte sich etwa Anna Fenninger mit einem Kreuzbandriss abgemeldet, im Januar kam in Kitzbühel etwa noch Abfahrer Georg Streitberger dazu. Ebenfalls auf der Streif erwischte es mit Aksel Lund Svindal den bis dahin Führenden im Weltcup, Ted Ligety riss sich das Kreuzband nur wenige Tage später.

Vonn dagegen hatte diesen Winter dominiert, gewann neun Rennen, vergangene Woche sicherte sie sich in La Thuile/Italien bereits den Abfahrts-Weltcup. Nach Andorra war sie als Führende im Gesamtweltcup gereist. Bis zu ihrem Sturz sah es so aus, als würde sie die Führung auf Lara Gut ausbauen können. Sie war am besten mit den schwierigen Bedingungen zurechtgekommen, lag nach zwei Dritteln der Strecke 0,32 Sekunden vor der Marke der späteren Siegerin Federica Brignone, die ein wenig bessere Sicht gehabt hatte. Die Italienerin freute sich später über ihren zweiten Weltcupsieg, auch, weil die Top-Läuferinnen nach der langen Unterbrechung des Wettkampfs nach Vonns Sturz schlechtere Bedingungen hatten.

Viktoria Rebensburg wird Siebte

Zum Sturz gekommen war es, als Vonn in einer kleinen Mulde ein wenig aus der Balance geriet, etwas zu viel Gewicht auf den Innenski legte und wohl auf Neuschnee wegrutschte. Der viele Neuschnee bremste auch Vonns erste Verfolgerin Lara Gut, die als Sechzehnte ins Ziel kam und deren Rückstand im Gesamtweltcup nun nur noch acht Punkte beträgt. Die Kombination in Soldeu am Sonntag eingeschlossen, stehen noch neun Rennen in diesem Winter aus.

Die beste Läuferin der ersten Startgruppe, der auch Vonn angehört hatte, war am Ende Viktoria Rebensburg, die Siebte wurde. "Ich habe gedacht, ich komme nicht mehr an", sagte sie im ZDF, "ich habe das Maximum herausgeholt, mehr war nicht drin."

© SZ vom 28.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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