Ski alpin in Österreich:Fenninger kämpft um ihren Deutschen

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Der Streit zwischen der Österreicherin Anna Fenninger und ihrem Verband droht zu eskalieren. (Foto: Jean-Christophe Bott/dpa)
  • Der Streit zwischen Österreichs Ski-Verband und Anna Fenninger eskaliert
  • Weil der ÖSV ihren deutschen Manager loswerden will, droht die aktuelle Gesamtweltcup-Gewinnerin mit sofortigem Rücktritt.

Von Michael Smejkal, Innsbruck

Der Präsident war bester Laune. Am Donnerstag fliegt Österreichs-Ski-Boss Peter Schröcksnadel in seine Ländereien nach Kanada, da wird wohl ein Tag Zeit für sein geliebtes Fliegenfischen dabei sein. Die Vorfreude muss so groß gewesen sein, dass ihm nicht einmal die Causa Anna Fenninger den Tag verderben konnte. "Um ehrlich zu sein: Ich habe den Brief ja nicht einmal gelesen", sagte er.

Das war wohl charmant gelogen. Besagte E-Mail von Fenninger hat im Österreichischen Ski-Verband (ÖSV) großen Wirbel verursacht. Die aktuelle Gesamtweltcup-Siegerin droht da unverhohlen mit Rücktritt. Es ist die letzte Eskalationsstufe in einem Streit, der seit drei Jahren schwelt, in dem es um Macht, Eitelkeiten und eine gute Portion Dickköpfigkeit geht.

Eingeleitet wurde die jüngste Eskalation mit einem freundschaftlich geplanten Gespräch. ÖSV-Sportdirektor Hans Pum lud Fenninger am vorigen Donnerstag zu einem Termin, um Konflikte aus den letzten drei Jahren auszuräumen. Mal ging es um Kindereien, mal um den Vorwurf des Vertragsbruchs, wenn Fenninger mit einer deutschen Premiummarke mit dem Stern auf der Motorhaube unterwegs war, während der ÖSV für eine andere Marke wirbt.

Marcel Hirscher gab dem ÖSV nach

Aber im Grunde ging es immer um ein Thema: Seit drei Jahren lässt sich die Salzburgerin von einem Deutschen vermarkten - Klaus Kärcher, der auch die Eisschnellläuferin Anni Friesinger betreut hat.

Ein deutscher Manager für einen österreichischen Skiprofi, das überstieg die Vorstellungskraft von ÖSV-Boss Schröcksnadel. Seitdem tobt ein Kleinkrieg, der in der letzten Woche hätte beendet werden sollen. Der ÖSV bot Fenninger weitgehende Freiheiten an, ein eigenes Team, eigene Betreuer, ihren Physio Peter Meliessnig, alles kein Problem. Im Gegenzug müsse sie sich nur von diesem Manager trennen und sich künftig wieder vom ÖSV vermarkten lassen.

Das hat man Marcel Hirscher vor drei Jahren auch vorgeschlagen, der gleichaltrige Fahrer des Männerteams nahm an, verzichtete auf einen verbandsfremden Manager und beschäftigt seitdem seinen Vater offiziell im Trainerteam.

Doch mit Fenninger lief die Sache aus dem Ruder. Sie habe in den vergangenen drei Jahren mit ihrem Management ihre größten sportlichen Erfolge erzielt, nachdem sie sich jahrelang schlecht vom ÖSV betreut gefühlt habe. "Vor diesem Hintergrund empfinde ich das Verlangen nach einer Trennung als hochgradig unangemessen, um nicht von Nötigung zu sprechen", schrieb Fenninger in der E-Mail, die durch Indiskretion einer Internetplattform zugespielt worden war.

Ein Ultimatum und eine Drohung

Fenninger bestand auf ihrem Manager, sie forderte zudem, Peter Meliessnig, den Physiotherapeuten ihres Vertrauens, als persönlichen Betreuer für sie abzustellen. Drei Tage gab sie dem ÖSV Bedenkzeit. Mit Bezug auf die geforderte Trennung von ihrem Manager schrieb sie: "Bevor ich diesem Wunsch entspreche, werde ich meine aktive Karriere beim ÖSV mit sofortiger Wirkung beenden."

Ein Ultimatum und eine Drohung - das sind Dinge, mit denen sich der in Österreich allmächtige Schröcksnadel in den 25 Jahren seiner Präsidentschaft nie befassen musste. Sogar der unberechenbare Hermann Maier fügte sich einst in das Verbands-Korsett und ließ sich vom Präsidenten vermarkten. Die zierliche Fenninger probt nun den Generalaufstand, und das ist ein so unerhörter Vorgang im ÖSV, dass Schröcksnadel noch nicht so ganz weiß, wie er darauf reagieren soll - außer mit demonstrativer Vorfreude auf Kanada.

Vielleicht unterschätzt er seine Konkurrentin: Denn Fenninger hat ihren Dauerstreit mit dem ÖSV lückenlos dokumentiert und droht, dies alles nun an die Öffentlichkeit zu bringen. Was am Rande durchgesickert ist, ist heftig genug: Da geht es um geplatzte Werbeverträge, wie auch um den Vorwurf, dass sich Betreuer nicht um Fenninger kümmern durften. Jede Seite dementiert die Darstellung der anderen, derzeit gibt es keinen Vermittler. Am Dienstag ließ der ÖSV ausrichten, nie von Fenninger verlangt zu haben, sich von Kärcher zu trennen.

Es scheint, als würde die Geschichte auf den großen Knall zusteuern: auf den Rücktritt der 25 Jahre alten Olympiasiegern, Doppel-Weltmeisterin und Gesamtweltcup-Siegerin. "Ich habe zu ihr im letzten Winter gesagt: Mädl, ich höre auf, denn das hältst du nicht mehr lange aus. Aber sie hat nur gesagt: Nein Klaus, das ziehen wir jetzt durch", sagte Kärcher zuletzt. Vielleicht verändert ein deutscher Manager den österreichischen Skisport ja nachhaltiger, als der sich das selbst jemals vorstellen konnte.

© SZ vom 13.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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