French Open - Match des Tages (1):Wie Wellen auf dem Ozean

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Erst gelang ihm wenig, dann fast alles: Der Franzose Gilles Simon bei den French Open.  (Foto: REUTERS)

Die Erstrundenbegegnung zwischen Lleyton Hewitt und Gilles Simon gerät zu einem spektakulären Hin und Her über fünf Sätze. Dass am Ende doch der Franzose die Partie gewinnt, liegt auch daran, dass seinem Gegner im entscheidenden Moment der Esprit ausgeht.

Von Milan Pavlovic, Paris

Match des Tages (1): Gilles Simon (Frankreich/15) - Lleyton Hewitt (Australien) 3:6, 1:6, 6:4, 6:1, 7:5

Wer hat an der Uhr gedreht? Sind wir wirklich im Jahr 2013, oder ist das nicht doch 2002? Das war, um einmal daran zu erinnern, die beste Zeit von Lleyton Hewitt, als der Australier die Nummer eins der Welt war und sich anschickte, zum ersten (und einzigen) Mal in Wimbledon zu gewinnen. Seitdem hat er nie wieder zu jener Form gefunden, eine schier unendliche Serie von Verletzungen (Rücken, Hüfte, Fuß, Zeh, Schulter) zwang den unermüdlichen Kämpfer mehrmals in die Knie.

Die meisten Sportler hätten es nach der fünfzehnten erzwungenen Pause gut sein lassen, aber Hewitt mag zwar ein Millionär sein, der auch aus Steuergründen sein Zuhause auf den Bahamas hat, aber liebt den Zweikampf zu sehr, um leise abzutreten.

Am Sonntag sah es zwei Sätze lang so aus, als wäre er in einen Jungbrunnen gefallen. Er rannte viel, aber das tut er immer. Entscheidender war, dass er klug lief und noch klüger seine Schläge platzierte.

Hewitt hatte nie einen Killerschlag à la Federer oder Nadal oder Djokovic, er gewann viele seiner Spiele dank seiner Ausdauer und Konterfähigkeiten. Um so erstaunter nahmen die Zuschauer auf dem zweitgrößten Platz zur Kenntnis, wie oft Hewitt seinen Gegner ausplatzierte: Gilles Simon, der an Nummer 15 gesetzte Franzose, war eine Stunde lang völlig chancenlos.

Bei normalen Turnieren wäre er zu diesem Zeitpunkt ausgeschieden, es stand 3:6, 1:6. Doch das Publikum trieb den Landsmann unaufhörlich nach vorne, was am Bois de Boulogne alles andere als selbstverständlich ist. "Gilou, Gilou" schallte Simons Spitzname durch das Rund.

"Mir ist nichts gelungen, ihm alles", sagte Simon später, "aber die Fans gaben alles, da war es mir wichtig , das auch zu versuchen." Der Franzose spielt so unscheinbar, dass man die spektakulären Spitzen seines Spiels leicht unterschätzt. Er kann aber auch kämpfen, wie man nicht zuletzt beim gagaesken Match im Januar bei den Australien Open erleben konnte, als Simon eine 2:0-Satzführung gegen den Showman Gaël Monfils verschluderte, den über zweistündigen fünften Durchgang aber 8:6 gewann.

Und wie das im Tennis so ist: Zwei, drei enge Punkte zugunsten des Franzosen drehten das Match, weil Simon immer mehr an sich glaubte und kaum noch Punkte verschenkte, Hewitt hingegen immer verunsicherter wirkte, nicht mehr schnell zum Erfolg kam, seine Taktik änderte - und danach noch weniger Punkte verbuchte. 90 Minuten später stand es aus der Sicht von Simon 3:6, 1:6, 6:4, 6:1, 4:0, kurz darauf sogar 5:1. Man schrieb also doch Mai 2013 (obwohl es so windig und herbstlich war, dass man schwören wollte, es wäre ein später Oktober-Tag gewesen), Hewitt spürte sein Alter und fiese Blasen an den Füßen.

All das hätte freilich nicht gereicht, das potentielle Match des Tages zwischen Ana Ivanovic und Petra Martic (6:1, 3:6, 6:3) zu überbieten. Also legte Hewitt sich noch einmal mächtig ins Zeug, gewann 25 Minuten lang die wichtigen Punkte, glich zum 5:5 aus. Sollte das Match nach 200 Minuten noch einmal neu beginnen? Dazu kam es nicht, Simon machte plötzlich problemlos acht Punkte in Serie.

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Zur Belohnung gab es einen Blumenstrauß der Turnierleitung für Simons Mutter, die den (französischen) Muttertag auf der kühlen Tribüne verbrachte. "Danke dafür", sagte Simon verlegen, "ich hatte heute morgen keine Zeit, zum Floristen zu gehen. Und außerdem: eine Niederlage am Muttertag, das wäre echt mies gewesen."

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