Sieg gegen Tommy Haas in Wimbledon:Kohlschreibers Revanche

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"Niederlagen kotzen jeden an": Nach mehr als drei Stunden unterliegt Tommy Haas dem Davis-Cup-Kollegen Philipp Kohlschreiber in der ersten Runde von Wimbledon. Der gewinnt, auch wenn er zwischendurch mal einen Zuschauer anschreien muss.

Michael Neudecker

Und jetzt? "Ich weiß nicht, was ich jetzt mache", sagt Tommy Haas, es ist schon später Dienstagabend, "mein Kopf ist gerade überall", kurze Pause, "nur nicht in Wimbledon." Immerhin, er hat jetzt viele Optionen - trainieren, nach Hause fliegen, zum nächsten Turnier fliegen, hier bleiben; wie das eben so ist, wenn man schon in der ersten Runde eines Tennisturnieres ausgeschieden ist.

"Ich habe heute fantastisch gespielt", sagte Philipp Kohlschreiber nach seinem Sieg über Tomy Haas. (Foto: AP)

Tommy Haas hat also verloren, gegen Philipp Kohlschreiber, der sich wiederum freute, dass ihm die Revanche geglückt war: Erst vor zwei Wochen waren die beiden im Halbfinale von Halle aufeinandergetroffen, damals siegte Haas. Nun siegte Kohlschreiber 3:6, 7:6 (8), 6:7 (5), 7:6 (1), 6:2, das sind viele Zahlen, und das bedeutet: Es war ein hartes Match, ein großes Match. Es dauerte drei Stunden und 14 Minuten.

"Niederlagen kotzen jeden an", sagt Tommy Haas, manche Niederlagen aber tun noch mehr weh als andere. Diese Niederlage im Erstrundenmatch am Dienstag von Wimbledon war so eine: Weil er Chancen hatte. "Man überlegt sich dann immer, mein Gott, hätte ich, wäre ich, was wäre gewesen", Haas atmet einmal durch, "so ist das halt." In der Tat, es war ein hochklassiges, niveauvolles und lange Zeit enorm ausgeglichenes Tennismatch, in dem aber doch Haas immer wieder mal Gelegenheiten hatte, das sogenannte Momentum auf seine Seite zu bringen. Ein paar Mal war er auf dem Weg zum Break, zwischenzeitlich hatte er auch den ein oder anderen Breakball, es nutzte nur nichts.

"Shut up", ruft Kohlschreiber

Philipp Kohlschreiber spielte unbeirrt weiter, nicht einmal ein etwas zu euphorischer Zuschauer, der in der Stille immer wieder seine Schläge kommentierte, konnte ihn dauerhaft aus der Ruhe bringen. "Shut up!", rief Kohlschreiber zu dem Zuschauer, nachdem er den dritten Satz im Tie-Break verloren hatte - aber, sagt er später, "das war auch ganz gut, um den Frust loszuwerden". Auch Tommy Haas haderte immer wieder, mit sich, den Bällen, eben so, wie das seine Art ist, nur: Er wurde seinen Frust nicht los.

Es gab nur eine Phase im Match, in der zuletzt so formidabel auftretende Haas Kohlschreiber überlegen schien, im ersten Satz war das, als Haas schnell ein Break gelang und er 6:3 gewann. Doch Kohlschreiber erholte sich schnell, gewann den zweiten Satz im Tie-Break, und dann verlief das Match so, als hätten sie im Tennis kürzlich das Unentscheiden eingeführt. Erst am Ende des vierten Satzes, im erneuten Tie-Break natürlich, misslangen Haas ein paar Schläge, "dann ist man am Anfang des fünften Satzes mit den Gedanken noch bei den Fehlern aus dem vierten", sagt Haas. Kohlschreiber nutzte das sofort, nahm Haas schon das erste Aufschlagspiel ab, "und dann", sagt Tommy Haass, "ist man mental gebrochen". Um kurz vor acht deutscher Zeit nutzte Philipp Kohlschreiber seinen vierten Matchball.

Es war wieder ein sehr, sehr gutes Match von uns beiden", stellte Kohlschreiber fest, weshalb er sich um so mehr wunderte, warum das Match auf Court 19 stattfand, einem kleinen Court zwischen Court No. 1 und dem Durchgangsweg. "Ich dachte, Haas gegen Kohlschreiber wäre ein Match für einen der größeren Courts", fand Kohlschreiber, auch Haas wunderte sich. Schon die Auslosung war ja nicht glücklich verlaufen, "schade, dass einer von uns beiden schon raus ist", sagt Kohlschreiber. Immerhin beschert ihm die Auslosung für sein Zweitrundenmatch am Donnerstag einen leichteren Gegner: Malek Jaziri aus Tunesien, Nummer 76 der Welt.

Vier Matches vertagt

Von den am Dienstag angetretenen Deutschen war Kohlschreiber der einzige, der die zweite Runde erreichte: Matthias Bachinger, Cedric-Marcel Stebe und Mona Barthel schieden aus, wegen des Regens wurden die Matches von Dustin Brown, Björn Phau und Julia Görges abgebrochen und auf Mittwoch vertagt. Die Partie von Annika Beck konnte gar nicht erst beginnen.

© SZ vom 27.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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