Sieben Kurven der Formel 1:Vettel stänkert über einen perfekten Start

Valtteri Bottas prescht grandios los, Sebastian Vettel sieht darin ein Vergehen. Und Lewis Hamilton lebt frei nach einem Glückskeks-Spruch. Die Höhepunkte vom Formel-1-Wochenende.

Von Elmar Brümmer, Spielberg

Sebastian Vettel

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(Foto: Getty Images)

Was die Uneinsichtigkeit angeht, hat der WM-Spitzenreiter aus Heppenheim schon längst mit seinem Idol Michael Schumacher gleichgezogen. Schumi glaubte ja noch Jahre nach seinem Rammstoß gegen Jacques Villeneuve 1997, dass er dem Kanadier nur Gutes tun wollte. Und Vettel, frisch einer härteren Strafe für seine Rambo-Attacke von Baku entsprungen, legt sich sofort wieder mit den Rennkommissaren und Mercedes an. Die Reaktionszeit von Sieger Valtteri Bottas bewertet er noch lange nach dem Großen Preis von Österreich als "übermenschlich". Anders ausgedrückt: ein Fehlstart. "Ich war, ich bin mir sehr sicher." Und deshalb habe er auch das Recht, "stinkig" zu sein, trotz jetzt 20 WM-Punkten Vorsprung auf Hamilton. Wie sein fortgesetztes Gemaule über vermeintlich verpasste Siege wirkt, das ahnt der 30-Jährige aber schon: "Von außen kann man sagen, dass ist ein bisschen gierig, aber darum geht es im Sport ja, gierig zu sein."

Valtteri Bottas

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(Foto: dpa)

Zweite Pole-Position, zweiter Sieg - und plötzlich ist die vermeintliche Nummer zwei im Mercedes-Team der Dritte im Titelrennen der Formel 1, mit nur noch 15 WM-Pünktchen Rückstand auf Lewis Hamilton. Kurz vor der Saisonhalbzeit ist er vielleicht noch kein echter Titelkandidat, aber zumindest ein zuverlässigerer Adjutant als es sein finnischer Landsmann Kimi Räikkönen bei Ferrari ist. Mit einer Reaktionszeit von 0,2 Sekunden auf das Erlöschen der Startampel ist er aus Sebastian Vettels Sicht sogar "übermenschlich", was in diesem Fall aber kein Kompliment sein soll. Bottas spricht lieber vom besten Start seines Lebens, und vermutlich war es gegen Ende der 71 Runden, als Vettel schon fast in seinem Getriebe steckte, auch der beste Schluss eines Rennens. In jedem Fall aber gibt es niemanden, der einen effizienteren Jubel über Boxenfunk pflegt. Ein schlichtes "Yes" genügt ihm.

Lewis Hamilton

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(Foto: dpa)

Immer diese deutschen Gegner, und immer diese Technik. Vor seinem Heimspiel am kommenden Wochenende beim Großen Preis von Großbritannien erlebt der Fast-Weltmeister vom Vorjahr sein Déjà-vu. Der Titel ging 2016 vor allem wegen der technischen Unzulänglichkeiten an seinem Silberpfeil verloren. Jetzt kostete ihn ein Getriebewechsel nicht nur fünf Startplätze, sondern auch einige WM-Punkte, vom verlorenen Sieg in Baku wegen einer losen Cockpit-Umrandung ganz zu schweigen. Er kämpfte sich von acht auf vier, und zum Schluss fast noch auf das Podium. Das ist eine Art rasende Therapie: "Ich kann nichts anderes tun, als mich durch meine Fahrweise bei Laune zu halten - und hoffen, dass es besser wird." Die 20 Punkte Rückstand auf Vettel seien für ihn nicht das Ende der Welt, er liebe ja solche intensiven Kämpfe. Frei nach einem Glückskeks-Spruch: "Sie geben Dir die Möglichkeit, daran zu wachsen."

Max Verstappen

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(Foto: Getty Images)

Orange wird zu Schwarz - jedenfalls auf jenen Tribünenteilen des Red-Bull-Rings, die von den 12 000 niederländischen Formel-1-Fans bevölkert werden. Es dauert keine zehn Sekunden, bis Oranje Trauer tragen muss. Das vermeintlich größte Talent der Formel 1 wird schon am Start des Rennens von der Strecke katapultiert - von Daniil Kwjat via Fernando Alonso. Allerdings trägt der 19-Jährige daran auch eine gewisse Mitschuld, er hatte mit seinem Red-Bull-Renault auf dem fünften Startplatz schlicht gepennt. Die Statistik der letzten sieben Rennen spricht Bände: Fünf davon konnte Verstappen nicht beenden. Schon wird kolportiert, dass Papa Jos nach Möglichkeiten sucht, den Sohnemann von Red Bull Racing zu einem anderen Team zu transferieren - spätestens Ende 2018, und dann am liebsten zu Ferrari.

Pascal Wehrlein

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(Foto: AFP)

Er spüre, dass etwas anders sei in seinem Rennstall, aber er möchte nicht sagen, wie sich das ausdrückt. Mercedes hat den ehemaligen DTM-Champion dem als Rennfahrer-Fahrschule bewährten Sauber-Team anvertraut, und mit solventen schwedischen Besitzern schien das genau der richtige Ort für die zweite Saison des Sigmaringers in der Königsklasse zu sein. Doch das Resultat von Spielberg ist symptomatisch: Letzter in der Qualifikation, nach einem Turboladerwechsel aus der Boxengasse gestartet, am Ende Drittletzter. Immerhin einmal weniger überrundet als sein Teamkollege Marcus Ericsson. Den Schweizern fehlt es an den nötigen PS, an einer besseren Aerodynamik - und nach der Trennung von Teamchefin Monisha Kaltenborn auch an Ruhe in der Mannschaft. Ein Nachfolger, der alles anders machen kann, fehlt seit zwei Wochen.

Daniel Ricciardo

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(Foto: AFP)

Fünfmal in Serie auf dem Podium, einmal gewonnen - der Australier im Red-Bull-Rennstall hat das, was man einen Lauf nennt. Die Erleichterung darüber, aus seinem vierten Startplatz noch einen dritten Rang gemacht und sich Lewis Hamilton am Schluss noch vom Hals gehalten zu haben, drückte sich in einen sekundenlangen Brunftschrei über Boxenfunk aus. Es gibt wahrscheinlich kein positiveres Gemüt als das von Ricciardo, und die Menschen sehen ihn nicht nur beim Heimspiel seines Rennstalls in Österreich gern auf dem Podium: Ricciardo zelebriert dann immer den "Shoey", und schenkt Champagner in seinen Rennfahrerschuhen aus. So rief er eine noch schnellere Reaktion von Sieger Bottas als beim Start hervor - der Finne entging dem Trunk.

Carlos Sainz Jr.

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(Foto: Getty Images)

Es gibt einige Experten, die den Spanier für die größte Zukunftshoffnung der Formel 1 halten, auch wenn er in Österreich mal wieder nicht ins Ziel kam. Doch in seiner dritten Grand-Prix-Saison wird der 22-Jährige langsam ungeduldig, er will kein viertes Jahr mehr beim Talentschuppen von Red Bull, Toro Rosso, absolvieren. Stattdessen sieht er sich im Top-Team des Getränkekonzerns, in dem die Cockpits allerdings besetzt sind. Die öffentlich geäußerte Bewerbung empfand man bei seinem Arbeitgeber als etwas zu forsch, um nicht zu sagen: undankbar. "In Österreich sagen wir: Man beißt nicht die Hand, die einen füttert", grantelte Talentspäher Helmut Marko. Gesprächsbereit sei man, wenn überhaupt, nur bei einem Angebot von Ferrari - das es momentan nicht gibt für den Sohn des Rallye-Champions. Stattdessen will man vertragsgemäß die Option für 2018 ziehen. Basta.

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