Schwedens Sjöström und Alshammar:36-Jährige fordert Wunderkind heraus

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Will den Weltrekord: Sarah Sjöström (Foto: AP)

Als Therese Alshammar mit dem Schwimmen anfing, war Sarah Sjöström noch gar nicht geboren - nun stehen beide Schwedinnen bei der EM in Berlin im Finale über 50 Meter Schmetterling. Für die eine geht es um ein Comeback, für die andere um einen neuen Weltrekord.

Von Saskia Aleythe, Berlin

Therese Alshammar kennt sich aus in Berlin. Ihre Erinnerungen an die Stadt könnten kaum schöner sein. Auf den Startblock klettern, abstoßen, eintauchen, 50 Meter Schmetterling in Höchstgeschwindigkeit schwimmen und als Europameisterin wieder auftauchen - das hat die Schwedin vor zwölf Jahren erlebt und wenn es nach ihr ginge, dürfte das gerne noch einmal passieren. Im Jahr 2014 sieht alles etwas anders aus, geschwommen wird nun in einer Radsporthalle mit mobilem Becken. Und auch das mit dem Medaillengewinnen ist nicht mehr so wie früher. Vor allem nicht mehr so leicht.

2002 war nicht nur Therese Alshammar in Bestform, auch das deutsche Schwimmen erlebte mit Franziska van Almsick eine Hochphase. Nun, bei ihrer zweiten EM in Berlin, ist Alshammar 36 Jahre alt, es ist ein außergewöhnliches Alter für eine Schwimmerin auf diesem Niveau. Aber Alshammar ist auch eine außergewöhnliche Person. Während Van Almsick, Jahrgang 1978, ihre Sportlerkarriere schon längst gegen einen Job als TV-Expertin eingetauscht hat, misst sich Alshammar, Jahrgang 1977, noch immer mit den Besten ihrer Sportart. Zum Auftakt der Schwimm-EM schaffte sie im Vorlauf die siebtschnellste Zeit, inmitten lauter junger Talente, zum Teil weit unter 25 Jahre.

Für Alshammar sind die Wettbewerbe in Berlin ein Comeback, im vergangenen Sommer ist sie Mutter geworden. Doch das extrem zeitintensive Training, das es braucht, um in der Spitze mithalten zu können, schreckte sie nicht ab. Alshammar stieg wieder ins Becken, mit höchsten Ambitionen. Ihren ersten Lauf über 50 Meter Schmetterling stufte sie als "okay" ein, "es war schön, wieder ein Rennen zu absolvieren." Sie habe versucht, entspannt zu schwimmen und das sei ihr gelungen. Nervosität war aber dennoch da, nach der längeren Pause ohne internationalen Vergleich.

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Am Dienstag wird Alshammar wie vor zwölf Jahren das Finale über 50 Meter Schmetterling bestreiten - und dass am Ende die schwedische Hymne durchs Velodrom hallt, steht so gut wie fest. Auf dem Podest stehen wird dann aber wahrscheinlich nicht Alshammar, sondern ihre junge Kollegin Sarah Sjöström. 21 Jahre alt, Beiname Wunderkind. Dem schwedischen Sport ist gelungen, was der deutsche nicht geschafft hat: Neben den Routiniers auch Nachwuchstalente aufzubauen. Die schwedische Staffel holte am Eröffnungstag über 4 x 100 Meter Freistil Gold (ohne Alshammar), nach der Disqualifikation des dänischen Teams. Deutschland hatte erst gar keine Staffel gemeldet.

Der Name Sarah Sjöström ist nicht mehr wegzudenken aus der Szene, erst kürzlich pulverisierte sie ihren eigenen Weltrekord. Gold- und Silbermedaillen hat sie bei den vergangenen Europa- und Weltmeisterschaften schon gesammelt, auch in Berlin wird sie wohl einige Siege feiern. Am Montag schwamm sie EM-Rekord im Vorlauf, EM-Rekord im Halbfinale. "Ich fühlte mich sehr stark", sagte Sjöström später, "ich musste auch ein bisschen rausnehmen fürs Finale". Das klingt verdächtig nach einer neuen Bestzeit am Dienstag, vielleicht sogar nach dem ersten Weltrekord bei diesen Wettbewerben.

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Kollegin Alshammar ist fast zwei Sekunden langsamer geschwommen als Sjöström, ihre Chancen auf eine Medaille sind deutlich schlechter - Interesse weckt sie trotzdem noch immer. Sie wurde in ihren Hochphasen in Schweden verehrt, was auch an ihrer selbstbewussten und bisweilen anmutigen Art liegt. Ihren Körper setzte sie immer gerne in Szene.

Alshammar war auch ein frühes Talent wie es Sjöström ist. Ob es da Parallelen zwischen der jungen Alshammar und Sjöström heute gebe? "Das müssen andere beurteilen", sagt Alshammar. Mit 17 machte sie bei der WM 1994 in Rom zum ersten Mal auf sich aufmerksam, drei Jahre später holte sie mit Bronze ihre erste Medaille bei einer EM. Später ließ sie sich in Hamburg von Dirk Lange trainieren, war aber mehr Trainingspartnerin für Sandra Völker und nicht ganz glücklich mit ihrer Rolle. Sie verließ Deutschland Richtung London, Medaillen holte sie weiter en masse. Im März 2009 schwamm sie Weltrekord über 50 Meter Schmetterling, allerdings erkannte der Weltverband Fina ihre Zeit nicht an - sie hatte zwei Badeanzüge getragen und damit gegen die Regeln verstoßen.

Für Alshammar sind die Wettbewerbe in Berlin eine Station auf dem Weg zu einem höheren Ziel: "Zu trainieren und zu schwimmen ist das Beste, was es gibt für mich. Und ich werde alles dafür tun, noch eine Olympiamedaille zu gewinnen", sagt sie. Sollte ihr die Qualifikation für Rio 2016 gelingen, wäre sie mit 39 Jahren eine der ältesten Schwimmerinnen überhaupt. In ein Becken in Brasilien zu springen, das wäre tatsächlich noch etwas Neues für sie.

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