Saison des FC Bayern:Die Trophäen der anderen

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Enttäuscht: Philipp Lahm und Teamkollegen nach der 0:3-Niederlage (Foto: Bongarts/Getty Images)

Eine eher beiläufig gewonnene deutsche Meisterschaft wird den FC Bayern kaum trösten. Das Aus im DFB-Pokal und die Niederlage gegen Barcelona zeigen: Die Konzentration reicht bei den Münchnern nicht bis zum Schluss.

Kommentar von Klaus Hoeltzenbein

Niemand kann jetzt behaupten, der plötzliche Energieverlust habe sich nicht angedeutet. Schon gegen Dortmund, im Halbfinale des DFB-Pokals, schien es, als habe irgendwer einen Stecker gezogen. Als gehe diesen Bayern buchstäblich der Saft aus. Wer Gründe aufzuzählen versucht, wäre damit vermutlich bis zum Anpfiff des Rückspiels am Dienstag noch nicht fertig. Beginnend mit den Spätfolgen des deutschen WM-Sieges in Brasilien, und verweisend auf das relativ hohe biologische Durchschnittsalter des aktiven Rest- Kaders. Das Verlesen der Saison-Krankenakte des FC Bayern würde Stunden dauern. Hinzu käme aber auch eine akute Frage: nämlich jene nach dem Leistungsknick in der finalen Viertelstunde.

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Ein solcher Knick, der Verlust von Kondition und Konzentration, mündete ja bereits in die kuriose Rutschpartie im Elfmeterschießen gegen den BVB. Lahm und Alonso landeten bizarr auf dem Hosenboden. Der Einzug ins Pokalfinale hätte wie im Vorjahr ein Trostpreis sein können für das Verpassen des Champions-League-Endspiels. Nun aber werden die Münchner wohl von Ferne zusehen, wie andere in den Berliner Festwochen (DFB-Pokal-Finale am 30. Mai; CL-Finale am 6. Juni) die Trophäen abschleppen. Eine eher beiläufig errungene deutsche Meisterschaft, auch wenn es die 25. ist, wird da kaum trösten. Die eigentlichen Ziele lagen woanders.

Und jetzt?

Und diese Ziele erschienen auch nicht irreal für denjenigen, der statt Krankenakten nur die Kaderlisten studiert. Denn nominell haben die Münchner - zumindest in der Breite - das derzeit profilierteste Personal mit all ihren Weltmeistern. Zudem konnte sich im Herbst kein klarer Favorit herausschälen, anders als in den Vorjahren. 2013 lief fast vom Start weg alles auf die Heynckes-Bayern zu, die Flügelzange Robben/Ribéry verlieh dem Vorhaben eine ganz spezielle Note.

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Zudem setzte die ständige öffentliche Vorhaltung, die Generation Lahm/ Schweinsteiger sei zwar stilprägend, werde aber vielleicht nie die ganz großen Titel gewinnen, besondere Behauptungskräfte frei. 2014 dann legte sich über die Saison das Ronaldo-Real in Pose, in Madrid motivierte durchweg die Sehnsucht nach La Décima, dem zehnten Landesmeister-Titel.

Und jetzt? Unter dem Eindruck des zweiten Halbfinales mit einem ermüdenden Real und einem robusten, aber wenig schillernden Juventus, läuft alles auf den FC Barcelona zu. Doch im Unterschied zu den beiden Vorjahren weniger als Folge eines langen, dynamischen Prozesses. Eher aufgrund einer erstaunlichen Endbeschleunigung. Im Herbst noch führte Barcelona, das letztmals 2011 den Titel gewann, wüste Debatten über gravierende Störungen im Betriebsklima zwischen Trainer Enrique und seinem Prominenten-Sturm mit Messi, Suárez und Neymar. Nun aber, nach diesem einen Dreizunull, ist das Momentum aufseiten der Katalanen.

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Das ahnen sie jetzt auch selbst: dass sie die Nutznießer all der Energieverluste der Konkurrenz sein könnten. Und dass der wieder entdeckte Messi-Faktor diese Comeback-Elf im Berliner Olympiastadion auf die Empore tragen kann.

© SZ vom 08.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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