Europa gewinnt den Ryder Cup:Arm in Arm zum Sieg

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Triumphpose in Rom: Europas Team-Kapitän Luke Donald präsentiert die Trophäe. (Foto: Richard Heathcote/Getty Images)

Für einige Stunden sieht es am Sonntag so aus, als könnten die USA noch zurückkommen. Der große Favorit liefert einen Kampf - und scheitert doch: Den Ryder Cup in Rom gewinnt das Team aus Europa.

Von Felix Haselsteiner, Rom

Auch nach Tyrell Hattons großem Moment blieb das Gefühl der Anspannung, das sich am Sonntag im Marco Simone Golf Club festgesetzt hatte. Es war eine unterschwellige Nervosität, die der europäische Großteil der mehr als 40 000 Menschen auf der Anlage empfand. Man konnte sie spüren in den Blicken auf die Anzeigetafeln, an dem erleichterten Jubel und an dem kollektiven, erleichterten Aufatmen der Menge bei amerikanischen Fehlschlägen, die allerdings nur noch selten vorkamen in dieser Arena der besten Spieler der Welt.

Hatton hatte beinahe seinen Schlag aus dem Sandbunker an Loch 16 sensationell eingelocht, sein Match gegen Brian Harman gewann er allerdings auch so und holte einen Punkt für Europa zum 14:7. Bei noch sieben ausstehenden Matches brauchten die Europäer also nur noch einen weiteren halben Punkt zum Sieg. Was für eine komfortable Situation - nur zeigte die Anzeigetafel bei aller Freude über den Sieg des Engländers so viele rote Kacheln an, dass die Nervosität nicht nachlassen wollte.

Rot, das ist die Farbe der Amerikaner beim Ryder Cup. Sie war zwei Tage lang kaum zu sehen gewesen, nun allerdings rollte geradezu eine Welle heran, in schneller Folge kamen Punkte. Keine halbe Stunde später stand es nur noch 14:10. Aber es stand auch Tommy Fleetwood am Abschlag. Einmal sprang sein Ball auf dem Grün auf, dann blieb er liegen, und weil sein Gegner Rickie Fowler seinen Schlag ins Wasserhindernis schoss, stand kurz darauf fest, dass die rote Welle brechen würde, dass die Nervosität Erleichterung weichen würde, dass Zuschauer nun in ihrer Euphorie in den See springen konnten, wo gerade eben noch Fowlers Ball hineingeflogen war.

"Tommy hat mir meinen großen Moment geklaut", scherzt Sepp Straka, als er erfährt, dass Kollege Fleetwood den Sieg schon eingelocht hat

Europa gewann den Ryder Cup, zum siebten Mal in Serie auf heimischem Boden und am Ende sogar deutlicher, als man zwischenzeitlich hatte erwarten können: 16,5:11,5 lautete der Endstand nach allen Matches.

"Es gab schon einen Moment heute, da wurde es auf einmal ziemlich knapp", sagte der Ire Shane Lowry, der in der Gruppe vor Fleetwood spielte und erleichtert auf dem finalen Loch feststellen konnte, dass er sein Match nun auch verlieren durfte. Dasselbe galt für den Österreicher Sepp Straka, der gegen Justin Thomas ebenfalls eine knappe Niederlage kassierte. Ihn erreichte die Nachricht vom europäischen Sieg auf dem Grün an Loch 18, als es auch für ihn darum ging, den letzten halben Punkt zu holen. "Tommy hat mir meinen großen Moment geklaut", sagte Straka nachher im Scherz auf der Pressekonferenz.

Im Gespräch mit der SZ war ihm etwas mehr Ernsthaftigkeit anzumerken: "Es war mir den ganzen Tag bewusst, dass es mich treffen könnte, dass ich den entscheidenden Punkt liefern könnte." Es ist eine spezielle Atmosphäre, auch für die Spieler beim Ryder Cup, die sich nicht nur auf ihre eigenen Schläge konzentrieren müssen: "Man muss auf jeden schauen, nicht nur auf dich selbst. Es gibt ja hier überall Fernseher, da bekommt man vieles mit", sagte Straka, komplett nass vom verspritzten Champagner.

Österreicher mit Ryder Cup: Sepp Straka (rechts neben Tyrrell Hatton). (Foto: Phil Noble/Reuters)

Dass der nicht schon früher floss, lag auch an den Amerikanern. Das Team von Kapitän Zach Johnson hatte sich schrittweise in den Ryder Cup reingespielt, nach einem katastrophalen Auftakt am Freitag und einem fragwürdigen Ende am Samstagnachmittag. In den Einzeln war spürbar, dass die individuelle Qualität bei den USA noch ein Stück weit stärker ist. Alle zwölf Spieler sind in den Top 25 der Weltrangliste zu finden, angesichts der Leistungen am Freitag und Samstag allerdings vergaß man, dass dieses US-Team eigentlich mit der Einstellung nach Rom gereist war, unschlagbar zu sein. Nach dem 19:9-Erdrutschsieg zuhause in Whistling Straits zwei Jahre zuvor schien der Weg bereitet für eine neue Dominanz im Ryder Cup - doch der bleibt ein Teambewerb in einem Einzelsport, weshalb er seine eigenen Dynamiken hat.

"Wir sind ein Team. Wir sind eins. Deshalb sind wir so gut", sagte Lowry. Pathetisch klang das alles, zwischen Champagner-Feier und Siegerehrung im römischen Sonnenuntergang. Und in gewisser Weise ist der Unterschied in der Mentalität zwischen Europa und den USA auch eine arg banale Erklärung für das komplexe Unterfangen, einen solchen Wettbewerb zu gewinnen. Jedoch: Er war die ganze Woche über spürbar. Unterschwellig, genauso wie die Nervosität in den Stunden am Sonntag, konnte man an vielen kleinen Gesten bemerken, wie wohl sich die Europäer an einem der Ursprungsorte ihrer Kultur in Italien fühlten.

Einmal etwa legte vor einem Match der Spanier Jon Rahm seinem Spielpartner Hatton den Arm um die Schulter, die Amerikaner standen wie Zinnsoldaten daneben, jeder für sich. Rahm fand die dazu passenden Worte als Erklärung für den Sieg. Es sei "die Fähigkeit (...) zu vergessen, wer man außerhalb dieser Woche ist, was du getan hast oder was du danach tun wirst" - und eine Einheit zu formen.

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