Rollstuhlbasketball:Vier Spiele, vier Siege

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Frau für die letzten Sekunden: Wie schon gegen Kanada erzielte Anne Patzwald (rechts) gegen Japan die entscheidenden Punkte. (Foto: Wunderl/Beautiful Sports/Imago)

Die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen stehen bei den Paralympics im Viertelfinale. Nicht selbstverständlich, nachdem sich der Verband erst kurz vor den Spielen von Bundestrainer Otto getrennt hatte.

Von Thomas Hahn, Tokio

In der Ariake Arena herrschte auf einmal eine Stille, die es nur in einer Halle ohne Zuschauer geben kann. Anne Patzwald von der BG Baskets Hamburg hatte zwei Freiwürfe. Es war schon sehr spät im letzten Gruppenspiel der deutschen Rollstuhlbasketballerinnen gegen Japan bei den Paralympics in Tokio. 18 Sekunden standen noch auf der Uhr. Die Deutschen hatten sieben Minuten zuvor 41:52 in Rückstand gelegen, sich dann gegen die Niederlage gestemmt und führten nun 55:54. Anne Patzwald hatte die Vorentscheidung auf der Hand. Alle warteten, auch die deutschen Reservistinnen pausierten mit ihrer Anfeuerung. Anne Patzwald warf. Und traf. Jubel, 56:54. Wieder Stille. Anne Patzwald warf. Und traf. Der Sieg war sicher, Platz eins in Gruppe A auch. Anne Patzwald sagte: "So geil."

Ein 59:54 ist schließlich in die Wertung eingegangen. Es war der vierte Sieg im vierten Spiel der deutschen Basketballerinnen - und ein ganz anderer als tags zuvor. Gegen Kanada hatten sie nämlich ihrerseits einen Zehn-Punkte-Vorsprung gehabt, den sie fast noch verspielt hätten. Auch gegen Kanada erzielte Anne Patzwald in den letzten Sekunden die entscheidenden zwei Punkte zum 59:57. Es wirkte, als sei sie die Expertin für Last-Second-Treffer, was die Heldin selbst im Sinne des Teamgeists allerdings nicht überbewerten wollte. "Ich habe halt die Ruhe bewahrt in dem Moment", sagte sie, "aber jeder Korb davor ist megawichtig."

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Wie auch immer: Es läuft für die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen, und das ist keine Selbstverständlichkeit. Sie sind die erfolgreichste deutsche Para-Mannschaft der vergangenen Jahre. Die Erwartungen sind hoch. Und diesmal kommen erschwerte Bedingungen hinzu. Denn wenige Wochen vor den Paralympics hat sich das Team mit seinem Baumeister entzweit. Am 26. Mai meldete der Deutsche Rollstuhl-Sportverband (DRS) noch, dass Martin Otto, seit 2016 als Cheftrainer mit dem Neuaufbau beauftragt, den Paralympics-Kader für Tokio benannt habe. Nur wenige Tage später hieß es, Assistent Dennis Nohl übernehme den Posten. Ungewöhnlich.

Die Trennung, sagte Otto, fühle sich an wie ein "Kollateralschaden der Pandemie"

Die Basketballerinnen können den Ärger jetzt nicht aufwärmen. Schon kurz nach der Trennung hielten sie sich eher bedeckt. Das Fachmagazin Rollt. bekam auf Nachfrage ein Statement, in dem die Mannschaft mitteilte, es hätten sich "leider Unstimmigkeiten gehäuft": "Wir können uns keinen gemeinsamen Weg nach Tokio mehr vorstellen." Otto sagte in einem Interview mit Rollt.: "Für mich fühlt es sich wie ein Kollateralschaden der Corona-Pandemie an." Es habe Probleme wegen des Hygienekonzepts bei Lehrgängen gegeben. Die Details werden nicht klar, aber das Team störte offenbar, was er dazu sagte. Laut Otto folgte "ein Mannschaftsbeschluss, dass die Mannschaft aufgrund dessen kein Vertrauen mehr habe".

Neu-Bundestrainer Nohl, 33, nennt sich "Feuerwehrmann". Mit ihm können die Spielerinnen offensichtlich. Und etwas anderes als die nächste Aufgabe interessiert sie ohnehin nicht. Das Viertelfinale gegen Spanien ist am Dienstag. Kapitänin Mareike Miller sagt: "Ich glaube, wir wären nicht so stark, wie wir sind, wenn wir uns nicht auf das Hier und Jetzt konzentrieren könnten."

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