Relegation:Familienfest

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Der SV Wehen Wiesbaden verdankt den Aufstieg in die zweite Liga eingespielten und erfahrenen Fußballern - und einem Großsponsor. In der kommenden Saison hofft der Klub auf mehr Publikum und braucht eine Sondergenehmigung der DFL.

Von Johannes Kirchmeier, Ingolstadt

Seine Haare waren nass und er roch nach Alkohol, als Rüdiger Rehm über seinen bislang größten Kampf als Fußballtrainer sprach. "Sie haben uns nicht getötet, und das war das Entscheidende", sagte er am Dienstag im Ingolstädter Sportpark. Wie ein zuvor Gejagter im Fernsehkrimi wiederholte er noch einmal: "Sie haben uns am Leben gelassen." Sie? Damit meinte er die Spieler des FC Ingolstadt, die beim 2:1-Hinspielsieg in der Relegation um einen Zweitliga-Platz die eigenen Chancen auf einen hohen Sieg nicht genutzt hatten. Aufgrund der Auswärtstorregel stieg der FCI dann nach einem 2:3 im Rückspiel gegen den SV Wehen Wiesbaden ab, den der martialische Motivator Rehm trainiert. Nach zehn Jahren kehrt sein Klub, ursprünglich im 7000-Einwohner-Ort Wehen gegründet, zurück in die zweite Liga.

Das war natürlich der Grund, wieso Rehm etwas derangiert wirkte. Seine Spieler hatten ihn zuvor mit Sekt abgespritzt und mit Bier aus einem überdimensionierten Pilsglas übergossen. Wenngleich die Sause mitsamt Platzsturm der 400 mitgereisten Fans weniger wie eine in dem Rahmen übliche Spielfeldinvasion wirkte und mehr wie eine größere Geburtstagsfete.

Es war die Mannschaft aufgestiegen, die über Jahre zur Einheit gewachsen ist. Das verbindet den Klub mit früheren Relegationssiegern wie dem SV Darmstadt 98 2014 oder dem SSV Jahn Regensburg 2017. Und das weckt die Hoffnung auf einen langfristigen Verbleib in der zweiten Liga. Manuel Schäffler, 30, schießt seit drei Jahren die entscheidenden Tore, Keeper Markus Kolke, 28, verhindert die gegnerischen Treffer seit acht Jahren - und Alf Mintzel verteidigte gar seit 2010. Der 37-Jährige trat allerdings nach dem Aufstieg zurück.

Zudem hat Wehen einen Großsponsor im Hintergrund, ein auf Wasserfilter spezialisiertes Unternehmen, das bereits für den Stadionnamen und Trikotwerbung zahlt. Steigern will der Klub nun vor allem seine Zuschauereinnahmen, zuletzt kamen im Schnitt nur etwas mehr als 3100 Menschen zu den Heimspielen, gegen den Hamburger SV oder den VfB Stuttgart soll das Publikum in Wiesbaden wachsen. Das Stadion wird dafür gerade bis 2020 erweitert, erst einmal stehen wegen der Bauarbeiten nur 9000 Plätze zur Verfügung. Die Deutsche Fußball Liga fordert zwar 15 000 Plätze, der SVWW rechnet jedoch damit, mit einer Sondergenehmigung starten zu dürfen.

© SZ vom 31.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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