Radsport-WM:Favorit Martin verpasst Zeitfahr-Gold

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Überraschung im Zeitfahren bei der Rad-WM: Der große Favorit Tony Martin wird Zweiter hinter dem Briten Bradley Wiggins. Damit verpasst Martin auch eine historische Bestmarke.

  • Olympiasieger Bradley Wiggins gewinnt überraschend das Zeitfahren bei der Rad-WM in Spanien. Favorit Tony Martin muss sich mit der Silbermedaille begnügen.
  • Der deutsche Zeitfahr-Spezialist verpasst zudem zwei historische Bestmarken.

Wiggins gewinnt und verspürt Genugtuung

Von den ersten Momenten nach seinem großen Triumph bekam Bradley Wiggins recht wenig mit. Kurz nachdem er sich über die Ziellinie geschoben hatte, sackte er zu Boden, streckte Arme und Beine von sich, so blieb er erst einmal eine Weile auf dem Rücken liegen. Er wusste noch nicht, dass er sich gerade bei der Rad-WM im spanischen Ponferrada den Weltmeistertitel im Zeitfahren gesichert hatte.

Einige Minuten später war Wiggins dann wieder imstande, seine Siegfahrt vor den Fernsehkameras einzuordnen. Der Brite sprach leise, aber voller Genugtuung: "Es war ein schwieriges Jahr für mich", begann er. Seine britische Sky-Mannschaft hatte ihn nicht zur Tour de France mitgenommen, das Zeitfahr-Rennen bei der WM war einer der wenigen Höhepunkte im Radsport-Kalender 2014, die Wiggins geblieben waren. Entsprechend motiviert hatte er den schweren, 47,1 Kilometer langen Pacours in Angriff genommen. "Im schwierigen Finale hatte ich noch Benzin im Tank", sagte Wiggins, "ich wusste, wenn ich Tony jemals schlagen würde, dann auf dieser Strecke".

Martin rollt enttäuscht ins Ziel

Mit Tony war Tony Martin gemeint. Der war kurz nach Wiggins Ankunft mit schwerem Tritt über die Ziellinie gerollt. Der Zeitfahrspezialist und WM-Titelverteidiger hatte seine Lieblingsdisziplin in der laufenden Saison wie all die Jahre zuvor dominiert. Nun hatte ihn Wiggins entthront. Anstatt den vierten Zeitfahr-Titel in Serie zu gewinnen - das hatte zuvor noch kein Fahrer geschafft -, musste sich Martin mit Silber begnügen. Auch die Bestmarke des Schweizers Fabian Cancellara, der insgesamt vier Zeitfahr-Goldmedaillen gewonnen hat, bleibt vorerst bestehen.

Am Ende hatte Wiggins im Ziel auf der Avenida de Asturias einen Vorsprung von 26 Sekunden auf Martin , der als haushoher Favorit ins Rennen gegangen war. Für den Briten ist es der erste WM-Triumph, nachdem er 2011 und 2013 Silber gewonnen hatte. Platz drei ging an den Niederländer Tom Dumoulin, der 41 Sekunden auf Wiggins verlor. "Ich wollte Gold, das ist eine große Enttäuschung. Ich habe es die letzten Tage schon gespürt, hatte ein mulmiges Gefühl", sagte Martin.

Im Vorfeld hätte kein Experte auf einen anderen Sieger als Martin gewettet. Und zunächst lief es für den Deutschen nach Plan. Bei der ersten Zwischenzeit nach 12,2 Kilometern hatte Martin einen hauchdünnen Vorsprung von 4,14 Sekunden auf den Briten. Am zweiten Zeitmesspunkt bei Kilometer 23,2 lag plötzlich Wiggins mit zwei Sekunden vorn. Bei der dritten Zwischenzeit waren es gar neun Sekunden, ehe die beiden Konkurrenten in den finalen Abschnitt mit zwei Anstiegen eintauchten. Rundfahrspezialist Wiggins lag das wellige Terrain eher als Martin, entsprechend baute er seinen Vorsprung bis ins Ziel aus.

Gute Bilanz für deutschen Verband

Die weiteren deutschen Starter konnten sich nicht im Vorderfeld platzieren. Für Nikias Arndt reichte es in 59:14 Minuten zum 22. Platz. Lars Teutenberg (1:00:38 Stunden), der im Alter von 44 Jahren sein WM-Debüt gab, landete auf dem 48. Platz. Der gebürtige Düsseldorfer hatte mit seiner Karriere eigentlich schon abgeschlossen, als Aerodynamik-Experte aber noch neue Zeitfahr-Qualitäten entwickelt, die ihm das WM-Ticket einbrachten.

Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) muss also auf einen fest eingeplanten Titel verzichten, kann aber vor den am Freitag beginnenden Straßenrennen eine ahnsehnliche Bilanz vorweisen.Am Vortag hatten die Allgäuerin Lisa Brennauer bei den Frauen und Lennard Kämna aus Cottbus bei den Junioren die Zeitfahr-Titel eingefahren.

© SZ.de/dpa/sid - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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