Radprofi Federico Bahamontes:Der Tod des Adlers

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Federico Bahamontes bei der Tour de France 1958. (Foto: AFP)

Federico Bahamontes war der vielleicht beste Kletterer in der Geschichte des Radsports. Doch er hasste Abfahrten. Nun ist er mit 95 Jahren verstorben.

Die Sache mit dem Eis ist die berühmteste Geschichte geworden für das unorthodoxe Auftreten des Radprofis Federico Bahamontes. Bei der Tour de France 1954, so geht die berühmte Legende, die in keinem Sommer im Anekdotenschatz der Rundfahrterklärer fehlen darf, erreichte der Spanier als Erster und mit vielen Minuten Vorsprung eine Bergwertung. Doch anstatt sofort ins Tal herunterzurasen, kaufte und schleckte er erst einmal gemütlich eine Kugel Eis - bis die Konkurrenten aufschlossen und alle gemeinsam den Weg fortsetzen.

Es hat in der Geschichte der Tour und des Radsports generell kaum einen besseren Kletterer gegeben als Federico Bahamontes. Er war der erste Fahrer, der bei allen drei großen Rundfahrten die Bergwertung gewann. Allein bei der Frankreich-Schleife sicherte er sich sechsmal das Bergtrikot. Und einmal (1959) holte Bahamontes aufgrund seiner Kletterkünste sogar den Gesamtsieg bei der Tour de France - als erster Spanier. "Adler von Toledo" nannten sie den Mann aus der Region Kastilien in der Mitte Spaniens.

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An diesem Dienstag haben sie die Fahnen in Toledo auf halbmast gesetzt. Die Stadt trauere, schrieb Bürgermeister Carlos Vázquez, um der Mann, "der den Namen unserer Stadt berühmt gemacht hat". 95 Jahre wurde Bahamontes alt, seit dem Tod des Franzosen Roger Walkowiak vor wenigen Jahren war er der älteste noch lebende Tour-Sieger. "Fede, adoptierter Sohn der Stadt Toledo, bewundert und geliebt, hat uns mit seinen außergewöhnlichen Kletterfähigkeiten berührt", schrieb Vázquez weiter.

Bahamontes stammte aus ärmlichen Verhältnissen, später wurde eine Rivalität politisiert

Sie haben Bahamontes in Toledo und weit darüber hinaus ja nicht nur wegen seiner Kletterkünste ins Herz geschlossen, sondern auch wegen seiner Biografie. Bahamontes, Jahrgang 1928, stammte aus ärmsten Verhältnissen, während des Bürgerkrieges floh die Familie teilweise nach Madrid. Später schlug sich der Vater mit Tagelöhnerjobs durch, der Filius kaufte sich ein Rad und verhalf der Familie so zu Einnahmen aus einem illegalen Gemüsehandel. Mit 19 bestritt Bahamontes sein erstes Radrennen; angeblich nur mit einer Banane und einer Zitrone als Proviant, wie sein Biograf festhielt - und danach startete er durch.

Der Kletterspezialist galt als durchaus eigensinniger Typ, legendär wurde seine Rivalität mit dem Basken Jesús Loroño, die auch politisiert wurde und rund um die Vuelta 1957 gipfelte; danach stand der Vorwurf im Raum, Bahamontes haben seinem Rivalen auf Druck der Regierung den Sieg überlassen müssen, um dessen Anhänger aus dem Baskenland zu beruhigen. Schon früh in seinen aktiven Zeiten wurde Bahamontes vorgeworfen, dass er viele Siege verschenke - weil er zwar ein großer Kletterer, aber ein so zögerlicher Abfahrer sei.

Bahamontes hat nie bestritten, dass er die Abfahrten hasste. Aber die Sache mit Eis, die wollte er nach seiner Karriere so doch nicht stehen lassen. Seiner Erinnerung nach hat er damals auf dem Gipfel keineswegs großen Eishunger und Angst vor der Abfahrt verspürt. Vielmehr habe er bemerkt, dass an seinem Rad zwei Speichen gebrochen waren. Und während das Problem repariert wurde, entdeckte der Adler einen Eisverkäufer, der zufällig des Weges kam.

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