Olympia: Skicross:Spaß, Show, Spektakel

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Die Sportart ist jung, sie ist cool und sie lässt sich prima vermarkten: Warum sowohl die Athleten als auch das IOC mit der Olympia-Premiere der Skicrosser zufrieden sein können.

Michael Neudecker, Vancouver

Es hat geschneit am Dienstag, oben, am Cypress Mountain. Das ist durchaus erstaunlich, es hat ja nun schon länger nicht mehr geschneit am Cypress Mountain vor den Toren Vancouvers. Aber der Schnee kam zu einem ungünstigen Zeitpunkt, zumindest für Skicross: Die olympische Premiere der Frauen lief gerade, als der Schnee kam. Es gibt jetzt von den ersten Rennen dieser Disziplin, die je bei Olympia ausgetragen wurden, zwei völlig verschiedene Aufnahmen, auf denen von den Männern strahlt die Sonne, auf denen der Frauen ist der Himmel trüb und die Luft von Schneeflocken zerfressen.

Aber Skicrosser sind ja keine Schönwetterfahrer, und deshalb muss man festhalten, dass sich die einzige Sportart, die 2010 in das olympische Programm aufgenommen wurde, gut verkauft hat, sehr gut sogar. Der Österreicher Andreas Matt, der Silber gewann, findet, "es war eine große Show und ein wichtiger Schritt für den Sport", und deshalb sei er "sicher, dass er olympisch bleiben wird".

Eine große Show, ja, so kann man das sagen: Das Rennen der Männer war schon ein sehr spektakulärer Auftakt, mit viel Tempo, großen Sprüngen und natürlich auch Stürzen. Wenn man mit 100 km/h zu viert einen knapp 1200 Meter langen Parcours hinunterrast, in den 16 Sprünge eingebaut sind, dann sind Stürze zwangsläufig Teil der Show.

Bei den Frauen war das nicht anders: Schon im ersten Rennen des Achtelfinales knallte die Russin Julia Liwinskaja nach einem Sprung derart heftig auf die Piste, dass die Veranstaltung für zehn Minuten unterbrochen werde musste. Liwinskaja wurde mit dem Rettungsschlitten ins Ziel gebracht, eine Diagnose steht noch aus. Liwinskajas Sturz war der heftigste Sturz an diesem Tag, wenn auch nicht der letzte.

Skicross ist bislang in Nordamerika deutlich populärer als in Europa, die Besten aber kommen vorwiegend vom alten Kontinent: Bei den Männern gewann der Schweizer Michael Schmid vor dem Österreicher Matt und dem Norweger Audun Groenvold, bei den Frauen holte die Norwegerin Hedda Berntsen Silber, die Französin Marion Josserand Bronze.

Gold gewann da die Kanadierin Ashleigh McIvor, es war Kanadas sechste Goldmedaille bei diesen Olympischen Spielen - die dritte am Cypress Mountain. "Skicross ist eine neue Form des Skirennens, die es aber doch schon immer gegeben hat: Rennen fahren gegen Freunde", beschreibt McIvor ihre Sportart. Rennen fahren gegen Freunde, das beschreibt auch schon die ganze Szene ziemlich gut.

Erleichtertes Aufatmen

Die Österreicherin Karin Huttary, die Vierte wurde, glaubt wie die meisten, die Skicross am Cypress Mountain gesehen haben, an eine Zukunft der Disziplin bei Olympia: "Das wird noch groß, Skicross ist eine jüngere und coolere Sportart als viele andere." Es ist davon auszugehen, dass das IOC das ähnlich sieht, wenngleich die Funktionäre das sicherlich anders ausdrücken würden - aber was die Vermarktung der Spiele betrifft, sieht das IOC das jüngere, coolere Publikum ja durchaus gern.

In Kanada atmen sie nun erleichtert auf, dass die Premiere gelungen ist - und dass der Cypress Mountain dafür einen guten Rahmen bot. Das war ja nicht selbstverständlich, schließlich drohte der Schneemangel die Wettbewerbe erheblich zu stören. Es wurde dann Schnee mit Lastwagen angekarrt, der auf Strohballen verteilt wurde, zudem wurde eine riesige Tribüne aus Stahlrohren aufgebaut. Man muss nun endlos Stufen steigen, um zum Zielraum zu kommen, irgendjemand hat die Stufen gezählt, 266 sollen es sein.

Wenn man dann dort oben ankommt, an der Piste, dann kriegt man ein Gefühl, wie viele Lastwägen hier wohl hochgerollt sind. Die Atmosphäre ist bizarr, in der Umgebung sind die Hügel mehr braun und grün als weiß, die Piste aber macht einen sehr ordentlichen Eindruck. "Der Schnee ist grieselig", sagt die Österreicherin Katharina Gutensohn, "aber insgesamt sind die Bedingungen schon okay." Vor allem, findet sie, sei die Strecke "irrsinnig spektakulär". Und darauf kommt es an beim Skicross, nur darauf.

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