Olympia-Nachrichten in Kürze:Schrecken für Springreiter

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Christian Ahlmanns Pferd Codex One verweigert vor einem Hindernis, das Paar scheidet früh aus. US-Basketballer tun sich überraschend schwer, deutsche Leichtathleten in den Vorkämpfen stark, Proteste gegen einen syrischen Springreiter.

in Kürze

Hier klappte es noch, später verweigerte Christian Ahlmanns Pferd Codex One vor einem Hindernis. (Foto: dapd)

Springreiten: Für die deutschen Springreiter haben die Olympischen Spiele mit einem Schreck begonnen. Christian Ahlmann sammelte mit Codex One am Samstag in der ersten Runde völlig überraschend 15 Strafpunkte und schied damit im Einzel aus. Der Reiter aus Marl darf mit seinem Hengst allerdings weiter am Teamwettbewerb teilnehmen. Die Eröffnungsrunde im Greenwich Park war die erste Qualifikation für die Einzelwertung, bei der 15 Paare ausschieden. Die zwei Runden des Nationenpreises werden am Sonntag und Montag geritten. "Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass alles glattgeht", sagte Bundestrainer Otto Becker: "Das darf man aber nicht überbewerten." Den anderen drei Teamreitern gelang ein Auftakt ohne Springfehler. Marcus Ehning aus Borken hatte mit Plot Blue lediglich einen Zeitfehler.

Für Christian Ahlmann wurde der erste Umlauf bei den Olympischen Spielen in London im Sattel von Codex One zum Debakel. Das Pferd riss zwei Stangen, verweigerte nach den Fehlern ein weiteres Hindernis auf einem Parcours, der zuvor als fast lächerlich einfach bezeichnet worden war und von 32 Reitern ohne Fehler absolviert wurde. Mit schließlich 15 Fehlerpunkten belegte Ahlmann unter 75 Reitern den 69. Platz und schied aus dem Einzelwettbewerb aus.

"Da hat am Ende nichts gepasst. Zuerst hatte ich ein Supergefühl, aber dann hat er Schiss bekommen", sagte Ahlmann. Enttäuscht kam der 37-Jährige aus Marl aus der Arena, sprang vom Pferd und musste diese Pleite verarbeiten, die nicht nur ihn, sondern das gesamte deutsche Springteam schockte. Alles hatte Ahlmann getan, um London in besserer Erinnerung zu behalten als Olympia 2008 in China. Bei seiner Freundin Judy-Ann Melchior wurde die Geburt des gemeinsamen Sohnes Leon per Kaiserschnitt extra zehn Tage früher eingeleitet, damit sich Ahlmann voll und ganz auf die Wettbewerbe in Greenwich konzentrieren sollte. Vor vier Jahren in Hongkong war bei Ahlmanns Pferd Cöster die verbotene Substanz Capsaicin gefunden worden, was eine Sperre von acht Monaten nach sich zog. Noch kürzlich war Ahlmanns Olympia-Nominierung vom Deutschen Tierschutzbund hart kritisiert worden.

Protest gegen Syrien: Ein Dutzend Demonstranten hat am Samstag gegen den Start des syrischen Springreiters Ahmad Saber Hamscho bei den Olympischen Spielen protestiert. Der Reiter hatte zuvor in britischen Medien mit dem Regime von Machthaber Baschar Assad sympathisiert. Während der 19 Jahre alte Hamscho die Qualifikation souverän ohne Fehler mit Pferd Wonderboy abschloss, verteilten Demonstranten vor dem Greenwich Park Flugblätter mit der Aufschrift "Freiheit für Syrien". Hamscho bezeichnet die Aktion im Anschluss als "dumm". "Sie sollten stolz sein, dass wir Syrien repräsentieren", sagte er.

In einem Interview der britischen Zeitung Times hatte er zuvor gesagt, dass Assad die Syrer "lediglich vor Typen mit Waffen" beschütze. Unternehmer Muhamed Hamscho, der Vater des 19-Jährigen, war aufgrund seiner Nähe zu Assad bereits vor einem Jahr von den USA mit Sanktionen belegt worden, zudem verbot ihm die Europäische Union die Einreise. In Syrien tobt ein schwerer Bürgerkrieg.

Basketball, USA: Die Basketballer der USA bleiben auf Goldkurs. Die Mannschaft um Kobe Bryant und LeBron James wurde beim 99:94 (55:51) gegen Litauen allerdings stärker gefordert als erwartet und musste bis kurz vor Schluss um den Sieg zittern. LeBron James, Carmelo Anthony (je 20 Punkte) und Kevin Durant (16) ragten beim vierten Sieg im vierten Spiel der Gruppe A als beste Werfer des "Dream Teams 2012" heraus. Litauen hatte seine besten Korbschützen in Linas Kleiza (25) und Martynas Pocius (14). Über die Stationen 33:25 (10. Minute) und 55:51 (20.) stand das Spiel beim Stand von 55:56 aus Sicht des US-Teams (21.) auf der Kippe. Erst beim 97:88 (38.) war die Partie entschieden.

12.000 Zuschauer in der ausverkauften Londoner Basketball-Arena, die nach den Olympischen Spielen abgerissen wird, hatten erst spät ihren Spaß an der Vorstellung der Stars aus der nordamerikanischen Liga NBA. Vor dem Spiel hatte der Basketball-Weltverband FIBA die litauische Delegation aufgefordert, rassistisches Verhalten ihrer Anhänger nicht zu tolerieren. Ein Litauen-Fan hatte zuvor zugegeben, am Dienstag beim Spiel gegen Nigeria Nazi-Gesten gezeigt und beleidigende Laute von sich gegeben zu haben. Er wurde von einem Londoner Schnellgericht zu einer Geldstrafe in Höhe von 2.500 Pfund (3.156 Euro) verurteilt.

Weltrekord beim Bahnradfahren: Großbritannien hat bei den Bahnrad-Wettbewerben den eigenen Weltrekord in der 3.000-Meter-Mannschaftsverfolgung erneut verbessert und souverän das Finale erreicht. Dana King, Laura Trott und Joanna Rowsell fuhren eine Zeit von 3:14,682 Minuten und waren damit fast eine Sekunde schneller als bei ihrer Fabelzeit in der Qualifikation am Freitag. Es war bereits der neunte Weltrekord während der Bahn-Veranstaltungen im Velodrome von London. Im Finale treffen die Britinnen auf die US-Mannschaft (3:16,853). Im "kleine Finale" kämpfen Australien (3:16,935) und Kanada (3:17,454) um Bronze. Judith Arndt (Leipzig), Charlotte Becker (Waltrop) und Lisa Brennauer (Durach) fuhren dagegen in 3:21,086 Minuten nur die siebtbeste Zeit und müssen sich damit am Abend mit dem Lauf um die Plätze sieben und acht gegen Weißrussland (3:21,942) begnügen.

Frauen-Mehrkampf im Turnen
:Eichhörnchen fliegt, Russin weint

Grazie, Kraft und Flugeinlagen: Der Mehrkampf der Turnerinnen ist der erwartet spektakuläre Wettbewerb. Gabrielle Douglas ist darin die erste schwarze Olympiasiegerin, die Zweitplatzierte ist schwer enttäuscht - und Elisabeth Seitz zeigt, dass sie auch fliegen kann.

Der Wettbewerb in Bildern

Leichtathletik, Stabhochsprung: Das von der neuen deutschen Rekordhalterin Silke Spiegelburg (4,82 Meter) angeführte Stabhochsprung-Trio mit Vizeweltmeisterin Martina Strutz und Lisa Ryzih hat im Olympiastadion von London die für den Finaleinzug nötigen 4,55 Meter überquert. Zumindest Spiegelburg gilt in der Entscheidung der besten Zwölf am Montag (20.00 Uhr/MESZ) als Medaillen-Kandidatin. Topfavoritin und Weltrekordlerin Jelena Isinbajewa aus Russland hatte wie die drei deutschen Starterinnen keine Probleme mit der Qualifikationshöhe. Dagegen schied in Weltmeisterin Fabiana Murer (Brasilien) eine Mitfavoritin aus. Europameisterin Jirina Ptacnikova (Tschechien) rutschte als Zwölfte gerade noch in den Endkampf.

Leichtathletik, Hindernislauf: Gesa Felicitas Krause hat ihren Vorlauf über 3.000 Meter Hindernis gewonnen und ist mit der persönlichen Bestzeit von 9:24,91 Minuten in den Endlauf am Montag (22.05 Uhr/MESZ) eingezogen. Einen Tag nach ihrem 20. Geburtstag verbesserte die Frankfurterin ihre bisherige Bestmarke gleich um fast acht Sekunden. Die EM-Dritte Antje Möldner-Schmidt aus Cottbus hinterließ ebenfalls einen guten Eindruck und kam in ihrem Vorlauf in 9:26,57 Minuten auf den für das Erreichen des Finals nötigen vierten Platz.

Trampolin: Die 39 Jahre alte Anna Dogonadze (Bad Kreuznach) ist in der Qualifikation des olympischen Trampolinturnens knapp ausgeschieden. Die Goldmedaillen-Gewinnerin von 2004 verpasste bei ihren vierten Spielen mit 100,370 Punkten auf Rang zehn das Finale der besten Acht um 0,625 Punkte. Beste in der Qualifikation war Titelvertedigerin He Wenna (China) mit 105,500 Punkten. Henrik Strehlik hatte sich bei den Männern am Freitag ebenfalls als Neunter von seiner aktiven Karriere verabschiedet. Dogonadze will allerdings bis zu den World Games 2013 weitermachen.

Doping: Der kolumbianische 400-Meter-Läufer Diego Palomeque Echevarria und die brasilianische Ruderin Kissya Cataldo sind nach positiven Dopingproben vorläufig suspendiert worden. Wie Brasiliens Nationales Olympisches Komitee mitteilte, war Cataldo bereits am 12. Juli bei einem in Brasilien durchgeführten Test auffällig geworden. Bei Palomeque wurde am 26. Juli in einer Urinprobe Testosteron gefunden, wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) am Samstag erklärte. Die russische Bahnradsportlerin Viktoria Baranowa wurde nach IOC-Angaben von den Spielen ausgeschlossen. Sie war bei einer vorolympischen Doping-Trainingskontrolle positiv getestet worden und hatte bereits am Freitag die Einnahme eines verbotenen Mittels zugegeben. Zuvor waren bereits die Turnerin Luisa Galiulina (Usbekistan), der Gewichtheber Hysen Pulaku (Albanien) und die Sprinterin Tameka Williams (St. Kitts und Nevis) positiv getestet worden.

Fußball: Mexikos Fußballer sind ins Halbfinale eingezogen. Die Mannschaft von Trainer Luis Fernando bezwang den Senegal nach Verlängerung 4:2 (2:2, 1:0). Für die Entscheidung in der Verlängerung sorgten Giovani dos Santos (98. Minute) und Hector Herrera (109.). Im Halbfinale treffen die Mexikaner auf Japan, das sich zuvor 3:0 (1:0) gegen Ägypten durchgesetzt hatte.

Basketball, Männer: Die Auswahl Frankreichs steht dicht vor dem Viertelfinaleinzug. Angeführt von NBA-Mann Tony Parker gewann die "Equipe Tricolore" 73:69 (35:27) gegen Afrikameister Tunesien und hat vor dem letzten Vorrundenspieltag beste Aussichten auf das Erreichen der K.o.-Runde. Russland gewann das Spitzenspiel gegen Spanien mit 77:74 (32:40) und steht damit als Sieger der Parallelgruppe B fest. Der Russe Witali Fridson, bereits Matchwinner beim Sieg gegen Brasilien, sorgte auch gegen Europameister Spanien für die Entscheidung. Der Guard vom BC Khimki verwandelte vier Sekunden vor Schluss zwei Freiwürfe zum Endstand. Bei den Franzosen überzeugte Parker, Spielmacher der San Antonio Spurs, mit 22 Punkten als Topscorer. Nicolas Batum vom NBA-Ligakonkurrenten Portland Trail Blazers steuerte 19 Zähler bei. Vize-Europameister Frankreich hat in London abgesehen von der deutlichen Auftaktniederlage gegen Goldfavorit USA alle Spiele gewonnen und steht vorzeitig im Viertelfinale, falls die Amerikaner wie erwartet Litauen schlagen und Argentinien danach gegen Nigeria gewinnt.

Schießen, Frauen: Auch Weltmeisterin Barbara Engleder hat die erste Medaille für die deutschen Schützen verfehlt. Im Dreistellungskampf mit dem Sportgewehr wurde die 29-Jährige am Samstag mit 680,8 Ringen Sechste. Zu Bronze fehlten ihr nach dem Finale 2,2 Ringe. "Heute lief es im Wettkampf überhaupt nicht", sagte Engleder selbstkritisch. Olympiasiegerin wurde die Amerikanerin Jamie Lynn Gray mit olympischen Rekord (691,9). Silber holte Ivana Maksimovic aus Serbien (687,5). Den dritten Platz belegte die Tschechin Adela Sykorova, die nach dreimal 20 Schuss aus 50 Metern auf 683 Ringe kam. Unglücklich war in der Qualifikation das Ausscheiden von Sonja Pfeilschifter. Die WM-Zweite lag bis zur letzten Disziplin klar auf Medaillenkurs, kam dann aber unter Zeitdruck und schoss in der letzten Serie im Kniend-Anschlag zweimal eine Acht und dazu noch vier Neunen. Die 41-Jährige verfehlte auf Platz 19 auch bei ihrer fünften Olympia-Teilnahme eine Medaille.

Volleyball, Deutschland: Die deutschen Volleyballer haben bei den Olympischen Spielen in London den zweiten Sieg gefeiert. Zwei Tage nach dem Fünf-Satz-Erfolg gegen Europameister Serbien bezwang die Auswahl von Bundestrainer Vital Heynen Außenseiter Tunesien am Samstag mühelos mit 3:0 (25:15, 25:16, 25:16) und wahrte damit ihre Chance auf den Einzug ins Viertelfinale. Die Männer des Deutschen Volleyball-Verbandes boten gegen die Nordafrikaner eine konzentrierte Vorstellung und waren in allen Belangen überlegen. Am Montag steht für die deutschen Männer die letzte Vorrundenpartie gegen Weltmeister Brasilien an.

Degenfechten, Team: Die deutschen Degenfechterinnen um die Olympiazweite Britta Heidemann haben im Teamwettbewerb ihr Auftaktgefecht verloren und damit das Halbfinale verpasst. Heidemann (Leverkusen), Imke Duplitzer (Bonn) und Monika Sozanska (Heidenheim) unterlagen dem WM-Zweiten China 42:45. Für das deutsche Trio geht es jetzt nur noch um die Plätze fünf bis acht. Damit bleibt es für die deutschen Fechter bei den Olympischen Spielen durch den zweiten Platz von Heidemann im Einzel bei nur einer Medaille. Am Sonntag treten die deutschen Florett-Herren um Peking-Sieger Benjamin Kleibrink und den viermaligen Weltmeister Peter Joppich in der Teamentscheidung zum letzten Fechtwettbewerb in London an.

Beachvolleyball, Männer: Für die deutschen Beach-Volleyballer Jonathan Erdmann und Kay Matysik sind ihre ersten Olympischen Spiele im Achtelfinale zu Ende gegangen. Gegen die an Eins gesetzten Top-Favoriten Alison Cerutti und Emanuel Rego aus Brasilien hatte das deutsche Doppel beim 16:21, 14:21 am Samstag in London keine Chance. Der Potsdamer Erdmann und der Berliner Matysik waren erst über die Hoffnungsrunde in die K.o.-Runde gekommen. Das brasilianische Team mit dem Olympiasieger von 2004, Rego, trifft im Viertelfinale am Montag auf die Polen Mariusz Prudel und Grzegorz Fijalek.

Fall Nadja Drygalla: Der Vorsitzende des Heimatvereins von Nadja Drygalla hat die wegen privater Kontakte zur rechtsextremen Szene aus London abgereiste Ruderin verteidigt. "Nadja ist bei uns nie durch rechtsradikales Gedankengut aufgefallen. Ich finde es erbärmlich, dass ein junges Mädchen in Sippenhaft genommen wird", sagte der Vorsitzende des ORC Rostock, Walter Arnold, dem Nachrichtenmagazin Focus. Drygalla war nach einem Gespräch mit der deutschen Mannschaftsleitung am Donnerstag aus dem Olympischen Dorf abgereist. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) hatte am Freitag Kontakte der früheren Polizeianwärterin zu Rechtsextremisten bestätigt. Im vergangenen Jahr sei im Ministerium bekannt geworden, dass "auch Personen zum Bekanntenkreis von Nadja Drygalla gehören, die der offen agierenden rechtsextremistischen Szene zugehörig sind", teilte der Unionspolitiker in Schwerin mit.

Basketball, Dunking einer Frau: Die australische Basketballerin Elizabeth Cambage hat mit dem ersten Dunking einer Frau bei den Olympischen Spielen für das Highlight des vorletzten Vorrundenspieltags in London gesorgt. Die 20-Jährige war nicht nur verantwortlich für einen besonderen Moment: Sie verbuchte insgesamt beim 70:66 (32:30) gegen Russland 17 Punkte und hatte großen Anteil am Sieg. Der neue Tabellenführer Australien, Russland und Frankreich stehen im Viertelfinale, das letzte Ticket in der Gruppe B buchte Kanada durch einen 79:73 (39:25)-Sieg über Brasilien, das keine Chance mehr hat. Neben den Südamerikanerinnen ist auch Gastgeber Großbritannien gescheitert. In der Gruppe A unterlag China der Türkei deutlich mit 55:82 (27:39). Schlusslicht Angola verlor 56:75 (32:41) gegen Kroatien und kassierte die vierte Niederlage im vierten Spiel. China und die Türkei haben ihr Viertelfinal-Ticket genauso sicher wie die USA. Der Weltmeister schlug Tschechien am Abend in der Neuauflage des WM-Finales 88:61 (48:38) und bleibt Spitzenreiter.

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