Japans Olympia-Komitee:Blamiert mit der Schweine-Fantasie

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Fliegt jetzt doch nicht im Schweinchen-Kostüm zu Olympia: die japanische Schauspielerin Naomi Watanabe. (Foto: AP/AP)

Der Kreativdirektor der Tokio-Spiele wollte zur Eröffnungsfeier eine Frau im Schweinekostüm einfliegen lassen - das "Olympig". Das Japan der alten Männer sollte sich dringend ein paar Fragen stellen.

Kommentar von Thomas Hahn, Tokio

Irgendwann wird diese ganze Geschichte mit den Sommerspielen in Tokio ausgestanden sein. Vielleicht früher, vielleicht später. Aber der Tag kommt, bestimmt. Dann wird man sich nicht mehr fragen müssen, wer wie was machen darf bei den pandemischen Spielen. Oder welcher ältere Herr warum welchen Quatsch sagen musste. Eine Ruhe wird einkehren. Es wird gut sein. Diese Aussicht ist der Trost, den man jetzt braucht. Denn noch ist es nicht ausgestanden.

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Hiroshi Sasaki ist zurückgetreten, der Kreativchef des Organsiationskomitees Tocog. Der 66-Jährige war für die Eröffnungs- und Schlussfeiern bei Olympia und Paralympics zuständig. Der Grund seines Rücktritts ist, nun ja, eine Idee. Besser gesagt eine Fantasie, auf die man eigentlich nur kommen kann, wenn man zu viele frauenfeindliche Kinderserien angeschaut hat. Einer Planungsgruppe schlug Sasaki vergangenes Jahr vor, die Schauspielerin Naomi Watanabe aus der Luft ins Olympiastadion gleiten zu lassen. Und zwar in Schweinchenrosa als "Olympig". Eine Zeitschrift berichtete. Es folgten Sasakis Entschuldigungen. Rücktritt. Pressekonferenz der Tocog-Präsidentin. Statements der Tokio-Gouverneurin. Das volle Programm.

Großer Seufzer. Dass Japan ein Männer-Problem hat, ist ja nichts Neues. Schon der Rücktritt des vormaligen Tocog-Präsidenten Yoshiro Mori, 83, wegen sexistischer Einordnungen ("Sitzungen mit Frauen dauern immer so lange") hat das deutlich gezeigt. Aber im vorliegenden Fall ist das Niveau noch mal schlechter. Man fragt sich, ob sich Japan nicht doch mal eine größere Debatte darüber leisten sollte, welche Grundvorstellung von einer ausgewogenen Gesellschaft man eigentlich verfolgen will.

Alle Aufträge bleiben im Klüngel: Diese Praxis blamiert Japan jetzt schon zum wiederholten Mal

Denn letztlich kommen die Fehlleistungen ja alle aus Tokios konservativen Freundeskreisen. Ex-Premierminister Mori ist ein Altvorderer der Regierungspartei LDP. Sasaki ist eine Größe des Marketing-Geschäfts, einst beschäftigt bei der regierungsnahen Agentur Dentsu, die nicht nur Tokios Olympia-Bewerbung betreute, sondern auch ein bewährter Partner des Internationalen Olympischen Komitees ist. Natürlich ist das praktisch, die prestigeträchtigen Dienste im eigenen Klüngel zu belassen. Aber es schützt nicht vor Blamagen. Also muss man was ändern.

Das wäre Japans Hausaufgabe für die Zukunft. Vor den Spielen geht das nicht mehr, die sind nämlich schon in vier Monaten. Auf die Schnelle muss erstmal ein Mensch für die Kreativleitung her. Und ein Schweigen der Männer. Noch mehr Altherren-Ideen sollte Tocog dem Rest der Welt möglichst ersparen.

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