Olympia:Idylle im Olympia-Team getrübt

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Krasnaja Poljana (dpa) - Rückkehr des Zickenkrieges im Eisschnelllauf-Lager, Schlammschlacht unter Rodlerinnen, lange Gesichter im Biathlon: Die Winterspiele-Idylle im deutschen Olympia-Team von Sotschi ist getrübt.

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Krasnaja Poljana (dpa) - Rückkehr des Zickenkrieges im Eisschnelllauf-Lager, Schlammschlacht unter Rodlerinnen, lange Gesichter im Biathlon: Die Winterspiele-Idylle im deutschen Olympia-Team von Sotschi ist getrübt.

Um keine generelle Unruhe aufkommen zu lassen, waren die Verantwortlichen des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) vor und hinter den Kulissen um Schadensbegrenzung bemüht. „Themen gibt es immer, sonst wäre es langweilig“, sagte Chef de Mission Michael Vesper im Deutschen Haus von Krasnaja Poljana der Nachrichtenagentur dpa. „So lange sie den sportlichen Erfolg nicht beeinträchtigen, kommen wir damit gut zurecht.“ Man wolle das mannschaftsintern regeln.

Auch DOSB-Präsident Alfons Hörmann versuchte, die Konflikte nicht weiter anzuheizen. „Es gibt bei Winterspielen emotionale Momente, da kommt es das eine oder andere Mal zu Aufregungen“, meinte er. „Das ist nun mal so.“ Sein Generaldirektor Vesper habe bereits mit einzelnen Athletinnen gesprochen. „Wir können diese Sachen im Grunde aber nur begleiten, denn das ist Aufgabe der Schlitten- und Eisschnelllauf-Verbände“, sagte Hörmann.

Hart ins Gericht ging er dagegen indirekt mit Unruhestiftern aus der Heimat wie der ehemaligen Eisschnellläuferin Anni Friesinger-Postma, die aus dem Ruhestand heraus wieder einmal ihre langjährige Erzrivalin Claudia Pechstein kritisiert hatte. „Mancher Kommentar ist mehr Schlag als Rat. Solche Beeinträchtigungen sind kontraproduktiv“, kritisierte Hörmann die Kritikerin aus der Heimat.

Die dreimaligen Olympiasiegerin hatte in einer Kolumne behauptet, im Team herrsche große Unruhe, weil Pechsteins Freund Matthias Große zum Betreuerstab gehöre. Der Deutschen Eislauf-Gemeinschaft (DESG) warf sie vor, in Kauf zu nehmen, „dass junge wie eine Stephanie Beckert eben an dieser forschen Art zerbrechen. Beckert hatte die Aussagen ihrer Freundin und die mangelnde Unterstützung der DESG im Konflikt mit Pechstein betätigt. „Claudia Pechstein spürt, dass wir alle ihr einen Erfolg wünschen“, sagte Vesper nur zu diesem Zoff.

Auch der ehemalige Langlauf-Bundestrainer Jochen Behle meldete sich von Deutschland aus zu Wort. „Andere Länder werden im Medaillenspiegel an uns vorbeiziehen“, sagte er der ARD. Das werde man jetzt schon in Sotschi sehen. „Und in vier Jahren wird es noch krasser werden, da bin ich mir ganz sicher.“ Als Grund nennte er die nicht ausreichenden Fördermittel vom Bund für den Spitzensport.

Eine Debatte um die Ungleichbehandlung im Rodel-Team überschattet den Medaillen-Doppelerfolg im Frauen-Einzel und konnte am Mittwoch nur entschärft, aber nicht beendet werden. „Ich hätte das Fass vermutlich nicht aufgemacht, aber es ist ihr gutes Recht“, meinte Natalie Geisenberger einen Tag nach ihrem Gold-Coup zu der harschen Kritik der Olympia-Zweiten Tatjana Hüfner.

Sie hatte dem Bob- und Schlittenverband für Deutschland (BSD) vorgeworfen, Geisenberger mehr zu unterstützen, versuchte aber die Wogen selbst etwas zu glätten. „Ich gönne ihr den Erfolg. Sie war definitiv die Beste“, sagte Hüfner mit Verspätung. „Die Rodlerinnen haben ja wunderbar geantwortet“, meinte Vesper zu den Statements der Betroffenen nach der verbalen Schlittenfahrt.

Konfliktpotenzial schwelt nach den bisher zum Teil historisch schlechten Leistungen im Lager der deutschen Biathleten. „Das ist ein bisschen enttäuschend, aber da sind noch eine ganze Reihe von Möglichkeiten offen“, betonte Vesper. Auch DOSB-Präsident Hörmann sieht noch nicht alles verloren: „Das sind zwar Ergebnisse, die wir uns anders vorgestellt haben. Es ist ja noch nicht aller Tage Abend.“

Dafür aber wohl bald das Ende von Uwe Müssiggang, der nach Sotschi einen Rücktritt als Chef-Bundestrainer der Biathleten erwägt. „Es gab schon 2010 in Vancouver die Diskussion, damals habe ich gesagt, ich mache noch mal vier Jahre“, sagte der 62-Jährige im Interview der „Welt“.

Für Thomas Pfüller, Sportdirektor des Deutschen Skiverbandes (DSV), ist das eine Debatte zur falschen Zeit. „Wir sind hier bei Olympia, und ich habe es schon immer so gehalten, dass ich während der Spiele keine Personaldiskussionen führe“, sagte er der dpa. „Wir haben hier andere Aufgaben zu lösen.“

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