Olympia:Historischer Totalschaden der Bobs - Langen geschockt

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Krasnaja Poljana (dpa) - Nach dem historischen Totalschaden der deutschen Bobs stand Christoph Langen mit versteinerter Miene und feuchten Augen im Ziel. Der geschockte Bundestrainer versuchte erst gar nicht, das Kufen-Debakel bei den Sotschi-Spielen schönzureden.

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Krasnaja Poljana (dpa) - Nach dem historischen Totalschaden der deutschen Bobs stand Christoph Langen mit versteinerter Miene und feuchten Augen im Ziel. Der geschockte Bundestrainer versuchte erst gar nicht, das Kufen-Debakel bei den Sotschi-Spielen schönzureden.

„Das ist die größte Katastrophe, die uns passieren konnte. Ich weiß, dass die Mannschaft viel mehr kann. Ich bin der Chef und trage die Verantwortung. Ich nehme die Schuld auf mich“, kommentierte Langen den ersten medaillenlosen Olympia-Auftritt seit 50 Jahren.

Auch Viererbob-Weltmeister Maximilian Arndt konnte das Fiasko nicht verhindern und landete beim Triumph des Russen Alexander Subkow nur auf dem sechsten Rang. Unter den Augen des russischen Ministerpräsidenten Dmitri Medwedew krönte sich Subkow, der schon im Zweier Gold geholt hatte, zum sechsten Doppel-Olympiasieger der Geschichte.

Davon konnten die deutschen Bobs nur träumen. Schon mit dem kleinen Schlitten hatten sie die schlechteste Bilanz seit 1956 verbucht. „Wir wollten hier in allen Wettbewerben Medaillen holen. Das Kind ist jetzt in den Brunnen gefallen. Da müssen wir wieder rauskommen“, forderte Langen.

Seine Schützlinge wollte er von einer Mitschuld an der Pleite nicht freisprechen. „Wir haben uns verpokert und verzettelt. Nach der zehntbesten Startzeit müssen wir nicht übers Material meckern. Da hat man eine Medaille auch nicht verdient. Wir müssen an uns arbeiten. 2018 in Pyeongchang kommen wir doppelt gestärkt zurück“, meinte der jüngste Zweierbob-Weltmeister der Geschichte.

Der Olympiasieger von 1998 und 2002 will nun einen deutlichen Schnitt machen - wenn er darf. „Wenn der Verband meint, dass ich nicht der Richtige dafür bin, muss darüber nachgedacht werden. Mit diesem Risiko habe ich den Job übernommen“, sagte Langen zu seiner ungewissen Zukunft. Einen Rücktritt schloss er aus: „Wenn ich die Chance bekomme, nehme ich die Herausforderung an.“ Sportdirektor Thomas Schwab glaubt weiter an sein Trainerteams: „Sie haben sich in den vergangenen Jahren einen Bonus erarbeitet, da stelle ich nach einer Saison nicht gleich alles infrage.“

Bedient war auch Arndt, der als Mitfavorit gehandelt worden war. „Die anderen waren einfach zu stark für uns. Wir haben es verdaddelt, da kann man keinem anderen die Schuld geben. Der Kopf hat einfach nicht mitgespielt. Schade, dass es ausgerechnet hier so scheiße lief. Es sind Fehler von allen Seiten gemacht worden“, sagte der Weltcup-Gesamtsieger, der erstmals in seiner noch jungen Karriere solch einem gewaltigen Druck ausgesetzt war.

Das Rennen in der „Formel 1 des Winters“ wurde wie von Langen erwartet zur Materialschlacht. Anders als bei den Zweierbobs schienen die Deutschen im großen Schlitten besser aufgestellt. Im ersten von vier Läufen fuhr Arndt mit 140,1 Stundenkilometern den mit Abstand schnellsten Topp-Speed. Doch am zweiten Renntag schmolzen die deutschen Medaillenhoffnungen in der Sonne dahin. Mit 136,5 km/h verzeichnete der Oberhofer nur noch den fünftbesten Wert.

Zudem offenbarte Arndt ungewohnte Probleme am Start. Mit seiner Crew Marko Hübenbecker, Alexander Rödiger und Martin Putze wurde er von Lauf zu Lauf langsamer. Zudem war er „zu verkrampft an den Lenkseilen und nicht locker genug am Start“, meinte er und betonte: „Der historische Tiefpunkt ist mir persönlich wurscht.“

Matthias Trübner, ehemaliger Coach von Olympiasieger André Lange und nun Heimtrainer von Arndt, hatte die eklatanten Start-Rückstände schon zuvor prophezeit und in einem Brief an den Sportdirektor eine personelle Optimierung des Arndt-Vierers gefordert. Doch Trübner bekam noch nicht einmal eine Antwort - bezeichnend für die derzeitige Kommunikationsschwäche im Verband.

Für Francesco Friedrich blieb nur der zehnte Platz. „Wir haben uns hier alle nicht mit Ruhm bekleckert. So ein Debakel wird uns hoffentlich nicht noch einmal passieren“, sagte er und versprach: „Wir werden 2018 zurückkommen und voll angreifen.“ André Florschütz denkt dagegen über ein Karriereende nach: „Das sollten eigentlich meine Spiele werden. Nach einer Analyse mit meiner Familie werde ich eine Entscheidung treffen.“

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