Olympia:Gefangen im olympischen Lift

Ein Stromausfall zwingt den Argentinier del Potro zum Warten. Und China hat ein Fahnenproblem. Kurioses und Tragisches aus den ersten Tagen in Rio.

Del Potro steckt im Aufzug fest

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(Foto: AP)

Olympia ist, wenn Dinge nicht so laufen wie erwartet. Das weiß der argentinische Tennisspieler Juan Martin del Potro nur zu gut. Natürlich war sein Erstrundensieg gegen Novak Djokovic eine Riesen-Überraschung. Sportlich gesehen vielleicht sogar die größte im bisherigen Verlauf der Spiele. Aber einen ganz anderen Schock hatte der Schlaks aus der Nähe von Buenos Aires schon vor dem Match erlebt. Wegen eines Stromausfalles habe der 27-Jährige morgens rund 40 Minuten lang in einem Aufzug des olympischen Dorfes festgesessen, teilte sein Sprecher Jorge Viale auf Twitter mit und postete ein Foto dazu. Del Potros Handy habe keinen Empfang gehabt, deshalb habe er nicht telefonisch um Hilfe rufen können. Mitglieder des argentinischen Handball-Teams hätten ihn schließlich aus seiner misslichen Lage befreit. Olympia kann ein echtes Abenteuer sein.

Wer hat Michael Phelps geschlagen?

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(Foto: dpa)

Was Michael Phelps für ein Lulatsch ist, ist meist dann zu erkennen, wenn er vor dem Sprung ins Wasser seine Arme ausstreckt. Als er sich bei seinem ersten Auftritt in Rio dehnte, flogen die Blicke aber auch auf seinen Rücken: Dort prangten dicke, braune Flecken. Eine Hautkrankheit? Schläge von seinem kleinen Sohn Boomer? Nein, Phelps lieferte die Erklärung selbst: Das sogenannte Schröpfen hat ihm die Farbtupfer beschert. "Ich mache das schon länger vor meinen Rennen. Gestern habe ich nach viel Schröpfen gefragt, und der Physio hat mich hart rangenommen. Ich habe einige Blutergüsse, das tut weh", sagte der Amerikaner. Beim Schröpfen handelt es sich um ein traditionelles Therapieverfahren, das den Transport von abgelagerten Stoffen im Körper verbessern soll. Damit sollen Verklebungen der Muskulatur verhindert werden. Die Flecken entstehen, weil durch die Schröpfgläser auf der Haut ein starker Unterdruck - durch Erhitzen oder Absaugen der Luft im Inneren - entsteht. Die Methode des Schröpfens, oder Cupping, ist schon seit etwa 5000 Jahren bekannt.

Kaymer staunt

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(Foto: dpa)

Martin Kaymer ist Golfer. Und er mag Olympia sehr. Das war in den vergangenen Wochen keine gewöhnliche Kombination, nachdem führende Golfer dem olympischen Golf mit Rio-Absagen das Comeback nach 112 Jahren gleich gehörig verhagelt hatten. Kaymer aber ist großer Olympia-Fan. Seit Jahren erzählt er seinen Gesprächspartnern von seinem Traum, nun lebt er ihn, kann mit den Doppelzimmern und der Wäsche auf dem Boden leben ("Holt einen auf den Boden zurück") und schaut sich andere Athleten im Fitness-Studio an ("Da fühlt man sich sehr faul"). Auch in der Mensa hat der Olympia-Neuling seine Beobachtungen angestellt. "Normalerweise bekommt man maximal zwei Teller auf das Tablett. Aber die Rugby-Spieler packen da vier oder fünf drauf." Lieber Martin Kaymer, wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre Begeisterung konservierten und uns weitere Geheimnisse aus dem olympischen Dorf verrieten! Ja, Golf muss olympisch bleiben, allein wegen Martin Kaymer.

Die erste US-Athletin mit Hidschab

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(Foto: dpa)

Schon lange vor diesen Spielen stand Ibtihaj Muhammad im Zentrum heftiger Diskussionen. US-Präsident Barack Obama persönlich gab ihr gute Wünsche mit auf den Weg. Wenn so etwas passiert, geht es nicht um eine normale Sportlerin, so gerne sie das selbst hätte. Doch sie ist eben die erste US-Athletin bei Olympischen Spielen mit Hidschab. Muhammad ist Muslima, gerade in der derzeit aufgeheizten Stimmung im US-Wahlkampf mit dem mehr als umstrittenen Kandidaten Donald Trump wurde ihr Kopftuch so zum Politikum. Sie selbst meint: "Es geht nicht nur darum, gegen Vorurteile außerhalb der muslimischen Gemeinschaft anzutreten, sondern auch gegen die Vorurteile innerhalb. Ich will beweisen, dass einen absolut nichts daran hindern sollte, seine Ziele zu erreichen. Ich hoffe, dass ich das Bild, das Menschen von muslimischen Frauen haben, verändern kann." Das ist der Säbelfechterin zu wünschen. Ihre sportlichen Ziele erreichte die Weltranglistenachte nicht. Nach dem Auftaktsieg gegen die Ukrainerin Olena Krawazka (15:13) verlor Muhammad im Achtelfinale gegen die Vize-Weltmeisterin Cecilia Berder aus Frankreich 12:15. Am kommenden Samstag hat sie noch eine Chance im Team.

Die Tragödie des Sinphet Kruaithong

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(Foto: AP)

Um den thailändischen Gewichtheber Sinphet Kruaithong hat sich eine Tragödie abgespielt, die auch eine sehr schwarze Komödie sein könnte: Als Kruaithong in Rio die Bronzemedaille in der Gewichtsklasse bis 56 Kilo gewann, verstarb seine Großmutter in der Heimat - wahrscheinlich beim Jubeln über den Erfolg ihres Enkels. "Alles sieht zunächst nach einem Herzinfarkt aus. Aber wir sind nicht sicher, ob sie sich zu sehr aufgeregt hat oder vorher schon krank war", sagte ein Polizeisprecher. Die Frau hatte den Wettbewerb in Thailand vor einer Leinwand verfolgt.

Heynen versteht die Deutschen nicht

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(Foto: John MacDougall/AFP)

Wohltuend sind die Aufrechten - und die Empörten. "Ich sitze am Pool. Die Sonne scheint, es sind 25 Grad", sagt der Trainer der deutschen Volleyballer Vital Heynen und kommt trotz der Umstände nicht zur Ruhe. Er muss die russischen Volleyballer bei Olympia ertragen, wenn auch nur im TV, aber womöglich eben auch: gedopt. Wäre die russische Mannschaft ausgeschlossen worden, hätte die deutsche eventuell nachrücken können. Doch das IOC und sein Boss Thomas Bach ließen die Russen gewähren, und so sitzt Heynen nun eben am Pool und ist erzürnt. "Der IOC-Präsident ist doch ein Deutscher! Ihr seid doch sonst immer so korrekt und ethisch! Damit komme ich einfach nicht klar", sagt der Belgier. Und weder die Sonne noch das Wasser können ihn besänftigen.

Die Williams-Schwestern verlieren zum ersten Mal

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(Foto: Getty Images)

Der Wert der Williams-Schwestern fürs Tennis entspricht in etwa dem der Schauspieler Bud Spencer und Terence Hill für die Actionkomödie. Niemand im Frauentennis kam in den vergangenen Jahren an Venus und Serena vorbei, zusammen sammelten sie 29 Grand-Slam-Titel und vier olympische Medaillen (drei davon im Doppel). Für Lucie Safarova und Barbora Strycova muss es sich daher am zweiten Wettkampftag in Rio angefühlt haben, als hätten sie Bud Spencer und Terence Hill verprügelt. Mit 6:3, 6:4 schickten sie die Williams-Schwestern schon in der ersten Runde nach Hause. Es war das erste olympische Doppel, dass Serena und Venus je verloren haben. Eine Virus-Infektion bei Venus hat wohl eine Rolle gespielt. Die neue olympische Bilanz der Schwestern: 15 Siege, eine Niederlage.

Boxkampf auf der Tennistribüne

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(Foto: AFP)

Brasilianer und Argentinier sind zwar einigermaßen gute Nachbarn, bei einer gut tausend Kilometer langen Grenze geht das ja auch nicht anders, aber beste Freunde werden sie deshalb trotzdem nie werden. Bisher kannte man die Rivalität vor allem aus dem Fußball, seit den Olympischen Spielen von Rio ist das anders: Beim olympischen Tennisturnier sorgten ein argentinischer sowie ein brasilianischer Fan für Aufregung. Während der Zweitrundenpartie zwischen dem Argentinier Juan Martin del Potro und Joao Sousa aus Portugal ließen die beiden die Fäuste spielen. Erst als mehrere Soldaten der Nationalgarde herbeigerufen wurden, konnten die Streithähne getrennt werden. Die beiden Männer wurden anschließend aus dem Stadion geführt, durften aber im Olympiapark verbleiben.

Chinesisches Fahnenproblem

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(Foto: REUTERS)

Drei gleichförmige Streifen, die Farben Schwarz, Rot, Gold und all das horizontal angeordnet - die deutsche Fahne ist wohl eine der simpelsten überhaupt. Gut, es kam schon vor, dass mal die Farbreihenfolge vertauscht wurde oder aus der horizontalen Anordung eine vertikale wurde, ansonsten kann man hier aber nicht viel falsch machen. Etwas anders ist das bei der chinesischen Flagge. Hätten Sie gewusst, wie genau die Sterne ausgerichtet sein müssen? Wohl eher nicht. Dem Organisationkomitee ging es genauso. Eine erste, in Brasilien produzierte und bei den Wettkämpfen am Auftakt-Wochenende genutzte Version fand jedenfalls nicht die Zustimmung der chinesischen Delegation. Weshalb laut Mario Andrada, Sprecher des Rio-Organisationskomitees, umgehend neue bestellt und mit den richtigen Sternen benäht wurden. Diese sollen nun ihre Vorgänger ablösen. Wie es zu diesem Problem kommen konnte, weiß keiner so recht. Andrade behauptet, dass die "falschen" Flaggen ursprünglich den Segen der Chinesen erhalten hatten. Zudem hätte man schon sehr genau hinsehen müssen, um den Fehler überhaupt zu erkennen.

Philippinin beendet das lange Warten

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(Foto: AP)

Es gibt Länder wie die USA oder China, die allein bei den Olympischen Spielen von London 103 beziehungsweise 88 Medaillen gewannen und dann gibt es eben Länder wie die Philippinen, die damals komplett leer ausgingen. So gesehen sind die Spiele in Rio bereits der größte Erfolg sein 20 Jahren für den Inselstaat im Pazifischen Ozean: Die Gewichtheberin Hidilyn Diaz (li.) gewann am Sonntag Silber in der Kategorie Zweikampf bis 53 Kilogramm und holte damit die erste Olympia-Medaille für das südostasiatische Land in 20 Jahren. Die letzte Medaille gab es 1996 durch den Boxer Mansueto Velasco. Gleichzeitig war sie die erste weibliche Athletin überhaupt, die Edelmetall gewann. Zu verdanken hat die 25 Jahre alte Tochter eines Rikscha-Fahrers ihre Karriere genaugenommen ihren Cousins. Denen hatte sie 2002 zugesehen und daraufhin mit dem Sport begonnen. Für Diaz ist es bereits die dritte Olympia-Teilnahme: "Ich habe mich so sehr angestrengt. Ich bin oft gestrauchelt", sagte sie nach ihrem größten Erfolg: "Ich wollte aufgeben, aber jetzt haben sich all meine Opfer gelohnt."

Bodensicht in der Guanabara-Bucht

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(Foto: dpa)

Der abgetrennte Arm eines Menschen treibt in der Guanabara-Bucht vor Rio de Janeiro, er wird ans Ufer gespült, jemand fotografiert ihn, das Bild wird veröffentlicht. Dann geht die Geschichte um die Welt. Das war Ende Februar. Inzwischen hat sich in der Bucht, in der die Segelwettbewerbe der Olympischen Spiele stattfinden, einiges getan. So viel sogar, dass die Segler überrascht sind, im positiven Sinne versteht sich. Das Wasser in der Marina da Gloria ist zum Start der Regatten so sauber wie noch nie. Medaillenkandidat Philipp Buhl beispielsweise betont: "Ich habe mit eigenen Augen Müllabsperrungsteppiche gesehen. Und ich habe gehört, dass es Flussabsperrungen gibt." Er glaube, "dass wir faire Wettkämpfe bekommen". Nur regnen sollte es nicht, weil sich dann durch das Einlaufen der Flüsse und das Anschwemmen von Müll oft die Lage in der so umstrittenen Bucht verändert. Selbst der Flugverkehr am an der Bucht gelegenen Flughafen Santos Dumont wird zeitweise eingestellt, damit die Segler bestmögliche Bedingungen haben. Inzwischen könne man so bei einem Meter Wassertiefe sogar den Grund sehen. Nach aller Erfahrung sei das fast sensationell.

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