Olympia: Franziska van Almsick:Die Goldmacherin

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Kaum jemand wird so oft mit Gewinnern von Goldmedaillen abgelichtet wie Franziska van Almsick - dabei haben die vertrauten Szenen wichtige politische Gründe.

Jürgen Schmieder

Es war eine rührende Szene am Beckenrand. Sie war derart rührend, dass selbst diejenigen, die bei Bambi oder Rosamunde-Pilcher-Filmen genervt umschalten, eine Träne vergossen. So rührend, dass der öffentlich-rechtliche Sender, der diese Szene an diesem Tag ungefähr 500 Mal zeigte, nicht einmal schnulzige Musik unterlegen musste, um sie noch rührender zu machen.

Franziska van Almsick und Britta Steffen bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking. (Foto: Foto: dpa)

Es war nach dem Finale über 100 Meter Freistil bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking, als die Siegerin Britta Steffen der ehemaligen Schwimmerin Franziska van Almsick in die Arme fiel. "Ich bin dir so dankbar", schluchzte die neue Olympiasiegerin in den Armen der TV-Kommentatorin, die selbst nie Olympiasiegerin wurde.

Es war eine wunderbare Szene, diese Umarmung - vor allem deshalb, weil sie sich noch wunderbarer für die nach rührenden Momenten lechzende Olympia-Berichterstattung eignete. Van Almsick, die sich auskennt mit Berichterstattung - schließlich erlebte sie vom Hype bis zum Boulevard-Bashing sämtliche mediale Höhen und Tiefen -, und ihre Schülerin Steffen: Es war eines der Bilder der Spiele 2008.

Nun sind 19 Monate vergangen seit dieser rührenden Szene, gerade finden in Vancouver die Olympischen Winterspiele statt - und schon wieder taucht das schöne Bild einer Olympiasiegerin mit Franziska van Almsick auf. Im Deutschen Haus sitzen van Almsick und Maria Riesch beisammen, sie prosten sich mit Weißbier zu und unterhalten sich bis in den späten Abend. Eine Umarmung oder gar Tränen waren nicht zu sehen.

Böse Zungen freilich könnten nun behaupten, dass sich van Almsick gerne im Glanz von Olympiasiegern sonne. Das wäre nicht weiter schlimm, schließlich ist sie mittlerweile nicht nur TV-Kommentatorin, sondern auch Funktionärin (stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Deutschen Sporthilfe) - und es gehört zu den ureigensten Aufgaben von Funktionären, sich im Glanz von Siegern zu sonnen.

Um zu verstehen, dass dem nicht so ist, muss man das große, das gesamte Bild betrachten. Franziska van Almsick geht nicht dorthin, wo der Erfolg ist - sondern der Erfolg geht dorthin, wo Franzi ist.

Nur so ist das Foto zu erklären, das vor einer Woche über sämtliche Agenturen in die Redaktionen gelangte: Guido Westerwelle beim Ball des Sports, er tanzt galant mit Franziska van Almsick. Es war nicht nur ein Pflichttermin für den Außenminister, sondern der verzweifelte Versuch, aus dem Umfragetief herauszukommen - und das funktioniert nur mit van Almsick. Ob er ihr allerdings wie Britta Steffen ein "Ohne dich wäre ich nicht, wo ich heute bin" ins Ohr gehaucht hat, war trotz intensiver Recherchen nicht herauszufinden.

Im Video: Maria Riesch holt Gold. Nur 24 Stunden nach dem Frust über Platz acht in der Abfahrt feiert die Slalom-Weltmeisterin Olympiasieg in der alpinen Kombination. Nach ihrem Sieg war Riesch überglücklich.

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