Olympia:Ein Kreuz für 35 Millionen Oromo

Feyisa Lilesa überquerte die Linie und zeigte dieses Symbol. (Foto: AFP)

Marathon-Silbergewinner Feyisa Lilesa stammt aus dem Vielvölkerstaat Äthiopien - sein politisches Zeichen beim Abschluss von Olympia richtet sich gegen die Regierung.

Von Tobias Zick

Der äthiopische Marathonläufer Feyisa Lilesa wird seine Silbermedaille vorerst nicht nach Hause tragen; ihm bleibt nur das Exil. Denn als er in Rio als Zweiter die Ziellinie überrannte, triumphierte er nicht mit geballten Fäusten, nein, er kreuzte die Unterarme über dem Kopf. Um klarzustellen, dass das kein Zufall war, wiederholte er die Geste später und erklärte: "Die Regierung tötet unser Volk."

Sein Volk, die Oromo, ist die größte Ethnie im Vielvölkerstaat Äthiopien. Aber politisch haben die 35 Millionen Oromo wenig Einfluss. In der Regierung dominieren frühere Rebellen vom Minderheitsvolk der Tigray, die dem Land einen autoritär gelenkten Wachstumskurs verordnet haben. Dazu gehört, die Hauptstadt Addis Abeba weit auszudehnen - ins Land der Oromo.

Zehntausende Kleinbauern müssen dafür umgesiedelt werden. Bei Protesten gegen die Pläne starben allein zwischen November 2015 und Mai 2016 mehr als 400 Menschen; laut Recherchen der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schoss die Polizei auch auf Kinder.

Die Regierung weist derlei Berichte zurück und hat die Umsiedlungspläne unterdessen geändert, doch die Proteste weiten sich aus. Da auch die Medien streng kontrolliert werden, waren die gekreuzten Unterarme der Demonstranten - eine Geste der Gewaltlosigkeit - bislang im Ausland selten zu sehen. Das hat sich mit Feyisa Lilesas Ziel-Einlauf geändert.

© SZ vom 23.8.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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