Olympia:22 Tausendstelsekunden!

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Miriam Welte (links) und Kristina Vogel. (Foto: Felix Kästle/dpa)

Mit denkbar knappem Vorsprung holen Kristina Vogel und Miriam Welte Bronze im Bahnrad-Team-Sprint - weil beide rechtzeitig ihre Fehler abstellen.

Von René Hofmann, Rio de Janeiro

22 Tausendstelsekunden. Dass es beim Bahnrad-Sprint eng zugeht, ist nichts Ungewöhnliches. Der hauchdünne Vorsprung, mit dem sich Kristina Vogel und Miriam Welte die Bronze-Medaille im Team-Sprint vor den Australierinnen Anna Meares und Stephanie Morton sicherten, der war dann aber doch denkwürdig. "Ich bin einfach nur glücklich, dass wir bei unseren zweiten Olympischen Spielen nun zum zweiten Mal eine Medaille gewonnen haben", sagte Miriam Welte. Es war das Erste, was ihr zum Coup einfiel, mit dem sie eine fürwahr ungewöhnliche Tradition fortsetzen.

Bei den Spielen vor vier Jahren in London war der Team-Sprint der Frauen zum ersten Mal im Programm. Vogel, 25, und Welte, 29, durften sich am Ende die ersten Olympiasiegerinnen in der Disziplin nennen - weil im Halbfinale die favorisierten Britinnen wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert wurden und im Finale den schnelleren Chinesinnen das gleiche Missgeschick unterlief.

Kristina Vogel und Miriam Welte waren zwei der überraschendsten Siegerinnen, die das deutsche Team in London hervorbrachte. Mit dem Triumph in Rio haben sie nun demonstriert: Zufallssiegerinnen waren sie keineswegs.

"Gute Nacht, und träum von Gold"

Nach 32,636 Sekunden stoppte die Uhr in Rio im Rennen um Bronze. Die Chinesinnen Jinjie Gong und Tianshi Zhong (32,107 Sekunden) sowie die Russinnen Dari Schmeljowa und Anastassija Woinowa (32,401 Sekunden) waren im finalen Duell deutlich schneller, aber das grämte Welte nicht: "Das hatte sich schon abgezeichnet, dass die ein bisschen weg sind und es für uns hier um Bronze gehen würde." Letztlich wurde es, was es werden konnte - nach einem Jahr, in dem Welte viele Trainingseinheiten verpasst hatte, weil sie krank oder verletzt war.

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Miriam Welte und Kristina Vogel schlagen das Duo aus Australien und gewinnen die erste Medaille für die deutschen Radsportler. Ihren Titel von London können sie nicht verteidigen.

Bei den Spielen in London pflegten die beiden ein Ritual. "Gute Nacht, und träum von Gold!", das war jeden Abend der letzte Gruß der beiden Zimmergenossinnen aneinander. In Rio setzten die beiden das Ritual fort. Welte hatte zudem immer ein Foto des Triumphes von 2012 in ihrer Trainingstasche. Vor jeder Trainingseinheit bot sich so ein Blick auf das Ziel der Schinderei.

In der Startphase bringt sie, die Anfahrerin, ihr Rad mit um die 1500 Watt in Schwung. Vogel hängt sich zunächst in den Windschatten. Wenn Welte ausschert, geht es für sie dann darum, dem Ziel so schnell wie möglich entgegen zu sprinten. Weil der Geschwindigkeitsüberschuss zwischen den beiden ein besonders großer ist, war Bundestrainer Detlef Uibel ein wenig bange, ausgerechnet die beiden, die in London von zwei Wechselfehlern profitierten, könnten in Rio selbst an dieser Hürde stolpern. Taten sie aber nicht.

In der ersten Runde wählte Welte eine etwas gewagte Übersetzung, im zweiten Lauf hatte Vogel einen kleinen Fehler. Als es gegen die Australierinnen um das Glanzstück ging, lief dann aber alles glatt. Bei zwei 22 Tausendstelsekunden Vorsprung hätte allerdings auch nicht viel schiefgehen dürfen...

Doping? "Ich kann das nicht mehr hören"

Was die beiden dazu sagten, dass am Ende zwei Russinnen neben ihnen standen und von der zweithöchsten Stufe des Siegertreppchens auf sie herunterblicken? Gar nichts. Zum Thema Staatsdoping hatten sie sich bereits vorher defensiv geäußert. "Ich kann das nicht mehr hören", hatte Kristina Vogel gesagt. "Das ist eine Entscheidung, die ich nicht beeinflussen kann", meinte Welte, der dann noch einfiel: "Die beiden Russinnen, die hier an den Start gehen, waren da bisher auch unauffällig."

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