Union Berlin:Vorerst kein Wechsel zu Wagenknecht

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"Wir machen eine Saison und sprechen dann weiter. Das war noch nie anders": Oliver Ruhnert im Stadion An der Alten Försterei. (Foto: Matthias Koch/Imago)

Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert nimmt zur bewegten Saison der Berliner Stellung - und tritt Gerüchten über sich selbst und das Verhältnis zwischen Team und Trainer Nenad Bjelica entgegen.

Von Javier Cáceres, Berlin

Oliver Ruhnert, 52, hat ein Buch geschrieben, das Mitte vergangenen Jahres unter dem Titel "Das Geheimnis seines Erfolges" erschienen ist. Dass er am Mittwoch am Rande einer Medienrunde in einer VIP-Loge des Stadions An der Alten Försterei des 1. FC Union Berlin daran erinnerte, hatte aber keinen werblichen Hintergrund. Vielmehr sagte er, dass er im bisherigen Saisonverlauf genügend Material gesammelt habe, um einen Folgeband zu verfassen.

Und ja, es ist so einiges passiert. Union war als Champions-League-Teilnehmer in die Spielzeit gestartet, stürzte nach blendendem Saisonstart jäh ab, ersetzte den langjährigen Erfolgstrainer Urs Fischer durch den seit einigen Wochen weltberühmten Nenad Bjelica - er hatte dem Münchner Stürmer Leroy Sané bei einem Spiel in München ins Gesicht gegriffen - und befindet sich aktuell als Tabellen-15. im Abstiegskampf.

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Und zuletzt verstärkten sich auch noch die seit Monaten wabernden Gerüchte um Ruhnerts berufliche Zukunft. Bleibt er bei Union, und wenn ja, in welcher Rolle? Geht er zu einem jener Bundesligaklubs, die ihn angeblich umwerben? Oder vielleicht hauptberuflich in die Politik, als Teil des neu gegründeten Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW), das ihn so heftig umwirbt?

Ruhnert wirkte am Mittwoch einigermaßen amüsiert, als er feststellte, dass Reporter aus diversen Teilen der Republik nach Köpenick gereist waren, nicht wenige in Erwartung von sog. Breaking News. Er müsse sie insofern enttäuschen, als dass er weder eine Entlassung noch seinen Abschied zu verkünden habe, sagte er. Es sei alles so, wie man es bei Union immer gehandhabt habe: "Wir machen eine Saison und sprechen dann weiter. Das war noch nie anders", sagte Ruhnert, der seit sieben Jahren beim 1. FC Union angestellt ist. Und immer schon zweierlei betont hat: dass er den Job gern ausübe, aber mit Union nicht verheiratet sei.

Dass er sich weigert, weit gen Horizont zu blicken, hat vor allem mit den Mechanismen des Geschäfts namens Profifußball zu tun; sie verböten ihm, jetzt zu unken, was in fünf Wochen oder fünf Monaten sein könnte. Als Beispiel diente ihm der nicht absehbare Abschied von Urs Fischer. Hätte man ihn, Ruhnert, nach der ersten von wettbewerbsübergreifend zwölf Niederlagen in Serie, gefragt hätte, ob Fischer zwei Monate später noch Trainer sein würde, er hätte aus voller Überzeugung "ja" gesagt. Es kam dann anders. Ergo spreche er lieber übers Hier und Jetzt: "Die Planung ist, dass ich die Saison 2024/2025 genauso intensiv vorbereite und angehe (...) wie in all den Jahren vorher auch."

Seit der Ankunft von Bjelica hat die Mannschaft 14 von 21 möglichen Punkten geholt

Ob Union dann in der ersten oder zweiten Liga spielen wird, das sei jetzt die Frage, die über allem stehe, betonte Ruhnert. Er sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt überzeugt davon, dass Union den Abstiegskampf überstehe, denn es sei psychologisch wertvoll, dass man nun die Mannschaften, die in der Tabelle über den Köpenickern stehen, in Reichweite habe. Grundsätzlich gelte, dass Union sich nach dem Ausflug in die Champions League wieder im natürlichen Habitat bewege. "Wir erleben gerade das, was Union Berlin normalerweise darstellt: den Kampf um den Klassenerhalt."

In den letzten Wochen hat sich die Mannschaft jedenfalls stabilisiert. Sie hat den Abstiegskampf angenommen und - seit der Inthronisierung von Bjelica im November - vierzehn von 21 möglichen Punkten gesammelt. Ein Schnitt von zwei Zählern pro Partie kann sich erst recht vor dem Hintergrund der erschwerten Bedingungen sehen lassen, unter denen die Belegschaft arbeiten musste. Nach dem Vorfall von München war Bjelica vom DFB-Sportgericht für drei Spiele gesperrt und mit einer Geldstrafe belegt worden; auch der Verein sanktionierte Bjelica intern. Man habe sich auch intensiv mit der Mannschaft ausgetauscht, sagt Ruhnert - mit einem Ergebnis, das als vielsagend apostrophiert werden darf. Bjelica blieb.

Umso vehementer wandte sich Ruhnert gegen diverse Berichte, die das Verhältnis zwischen Bjelica und der Mannschaft problematisierten. Es sei "schlicht nicht wahr", dass im Team "eine schlechte oder Anti-Stimmung" gegen Bjelica herrsche. In jeder Mannschaft der Welt gebe es Spieler, die mit einem Trainer nicht einverstanden seien; Berichte über angebliche Forderungen, mit Bjelica nicht mehr zusammenarbeiten zu wollen, seien schlicht unzutreffend. Er lieferte dafür einen zumindest indirekten Beleg: Union laufe unter Bjelica sogar mehr als unter Fischer - und da waren schon beachtliche Kilometer absolviert worden.

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