Neues Nachwuchszentrum:Auf Bayerns Baustelle tut sich was

Lesezeit: 3 min

  • Der FC Bayern präsentiert sein neues Nachwuchszentrum.
  • Der Moment ist passend: Am Tag zuvor hatte die U19 das Finale der Deutschen Meisterschaft erreicht.
  • Auch die wichtigsten Personalien für die Jugendteams gibt der Klub bekannt.

Von Christoph Leischwitz, München

Mario Crnicki schießt vom Elfmeterpunkt an die Latte, der Ball fällt dem Torwart auf den Rücken, von dort rollt er ins Tor - und die U 19 des FC Bayern München steht damit im Finale um die deutsche A-Junioren-Meisterschaft. Am Tag darauf nutzt der Verein diese Szene als Video-Intro in der Mensa seines neuen Nachwuchs-Leistungszentrums (NLZ), "FC Bayern Campus" genannt. Der Erfolg der U 19 beweise, so Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, dass "die Dinge nicht bei Null beginnen". Er räumt aber auch ein, dass das Weiterkommen gegen Schalke 04 "ein Stück weit überraschend" war.

Noch ist das neue NLZ nicht fertig, die Zufahrt zum Gelände besteht aus Schlaglöchern, über die 30 Hektar große Anlage hinweg ist Baggerbrummen zu hören, das Gras für die Spielfelder ist gerade erst gesät. Die Baustelle passt zum Bild, das die Nachwuchsteams des FC Bayern aktuell abgeben: Es tut sich was. Was daraus wird, ist nur zu erahnen, aber noch nicht in seiner ganzen Pracht sichtbar.

Die U 19 steht im Finale, auch wenn Schalke in den beiden Halbfinal-Partien die bessere Mannschaft gewesen war; die U 17 steht Anfang Juni im Halbfinale. Der Beschluss, das neue NLZ im Norden Münchens für 70 Millionen Euro zu bauen, fiel in einer Zeit, als die beiden wichtigsten Jugendteams schon seit Jahren keinen Titel mehr geholt hatten. Geschweige denn - und das ist dem Klub viel wichtiger - Spieler für die Profis hervorbrachten. 2006 hatte Uli Hoeneß als Manager den Kauf des Areals veranlasst, vor gut anderthalb Jahren war der Spatenstich.

Der Neffe von Uli Hoeneß übernimmt die U19

Obwohl die wichtigsten Personalien seit Monaten feststehen, hat der FC Bayern sie jetzt erst offiziell gemacht. Der U 23-Trainer für die kommende Saison heißt Tim Walter, er ist aktuell für die U 17 zuständig. Sein Co-Trainer heißt Tobias Schweinsteiger. U 19-Trainer wird Sebastian Hoeneß, der Neffe des Präsidenten und Sohn des einstigen Bayern-Angreifers Dieter Hoeneß.

FC Bayern
:Heynckes wünscht sich Lahm als Fußballer des Jahres

Der Weltmeister sei "einer der außergewöhnlichsten Spieler des deutschen Fußball", findet sein Ex-Trainer. Roger Federer sagt für die French Open ab. Jan Ullrich ist zurück im Radsport.

Und die U 17 wird künftig Holger Seitz leiten, der am Montag mit der U 19 noch im Finale gegen Borussia Dortmund stehen wird. Sportlicher Leiter des NLZ wird Hermann Gerland, der "gefühlt seit Jahr und Tag für die Jugend zuständig ist" (Rummenigge), zuletzt aber als Co-Trainer von Pep Guardiola und Carlo Ancelotti wenig Zeit für die Jugend gehabt hatte. Und als Organisationschef amtiert seit Mai Jochen Sauer, der, von RB Salzburg kommend, zunächst wie ein Externer im neuen Team wirkt. Doch der 44-Jährige war während seiner Zeit bei Hertha BSC ein enger Vertrauter von Dieter Hoeneß gewesen.

Sollte es also den einen oder anderen Fan geben, der nach Lahms Abschied irgendetwas vermisst: Das "Mia-san-mia" wohnt künftig nur zwei Kilometer südwestlich der Bundesliga-Arena.

Ein paar Neuigkeiten gab es auch noch: Tom Starke wurde als künftiger NLZ-Torwarttrainer präsentiert. Beiläufig erwähnte Rummenigge, dass Sven Ulreich bei Bayern bleibe; der Ersatzkeeper hatte kürzlich noch mit einem Weggang geliebäugelt. Ansonsten hörten sich die Bayern-Bosse nicht so an, als ob sich aktuelle Talente große Hoffnungen auf mehr Einsatzzeit unter Carlo Ancelotti machen könnten. "Wir werden uns da in keinster Weise aus der Ruhe bringen lassen", sagte Rummenigge. Man werde das mit dem Trainer gemeinsam analysieren, ihm aber nicht hineinreden.

"Wir müssen zugeben, dass wir die letzten drei, vier Jahre vom Ergebnis her nicht so gut gearbeitet haben", sagte Uli Hoeneß über den Nachwuchsbereich. Seit David Alaba habe es kein Spieler aus der eigenen Jugend "auch nur annähernd" zum Stammspieler im Profikader geschafft. Vereine wie Hoffenheim oder Leipzig "haben uns da ein bisschen überholt". Jetzt wolle man wiederum die deutsche Konkurrenz überholen. Im Kern geht es natürlich darum, "die Kluft von der U 23 in der Regionalliga zu einer Mannschaft schließen zu wollen, die die Champions League gewinnen will", so sagt es Sauer. Da werde man sich eine Menge einfallen lassen müssen.

Anders gesagt: Ein konkretes Konzept gibt es noch nicht. Einerseits wolle man wieder deutsche Eigengewächse wie Thomas Müller oder Philipp Lahm hervorbringen. Doch für eine dauerhafte Durchlässigkeit nach oben reiche der regionale Ansatz womöglich nicht, man müsse dann auch einen internationalen Ansatz verfolgen. Das mittelfristig wichtigste Ziel: "Für die Ausbildung benötigen wir dringendst die dritte Liga", sagt Hermann Gerland mit Blick auf die U 23-Mannschaft, die seit 2013 in der Regionalliga Bayern kickt. "Jaaaaaa", sagte er auf die Frage, ob die neue U 23 mit den vielen U 19-Zugängen das schaffen könne. Sauer findet, den einen oder anderen Erfahrenen müsse man wohl dazu holen. Er bevorzuge Spieler, die dem Verein schon in irgendeiner Form nahestehen.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Diego Contento bei Girondins Bordeaux
:Dem FC Bayern gehen die Münchner aus

Diego Contento erreichte drei Champions-League-Finals, danach verschwand der gebürtige Münchner Richtung Frankreich. Seine Geschichte verdeutlicht das Nachwuchs-Dilemma bei Bayern.

Von Jonas Beckenkamp

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: