NBA:Es reicht nur fürs Anschwitzen

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Sammelt Pluspunkte: Dallas' deutscher Profi Maxi Kleber (links, im Zweikampf mit Brandon Ingram von den Los Angeles Lakers). (Foto: Robert Hanashiro/USA TODAY Sports)

Die Partie zwischen den Los Angeles Lakers und den Dallas Mavericks steht symbolisch für den Saisonstart der deutschen Akteure in der wichtigsten Liga der Welt.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Beate Wagner ist dann doch ein bisschen aufgeregt, als sie ihren Sohn Moritz auf dem riesigen Videowürfel im Staples Center von Los Angeles entdeckt. Gezeigt werden Live-Bilder aus dem Tunnel zwischen Umkleidekabine und Spielfeld, LeBron James schwört seine Kollegen von den Los Angeles Lakers auf diese Halloween-Partie gegen die Dallas Mavericks ein. Es gibt aufmunternde Worte und einen martialischen Schlachtruf, dann laufen die Akteure hinaus aufs Spielfeld zum Aufwärmen. Zum ersten Mal in seiner Profikarriere ist der 21 Jahre alte Liganeuling Wagner dabei, die Mama sitzt auf ihrem Platz hinter dem Korb - Block 116, Reihe 16, Sitz 22 - und sieht ihrem Sohn zu, wie er lässig ein paar Bälle in den Korb wirft.

Lakers gegen Mavericks, das ist eine gerade aus deutscher Sicht spannende Partie, schließlich beschäftigen beide Klubs jeweils zwei deutsche Akteure. An diesem Abend ist beim 114:113-Sieg der Lakers allerdings nur einer zu bestaunen: Maxi Kleber (Mavericks) darf 20 Minuten lang aufs Spielfeld, er schafft vier Punkte und drei schöne Blocks, bei Wagner beschließt Lakers-Trainer Luke Walton, ihn nach seiner Knieverletzung langsam heranzuführen und belässt ihn auf der Bank. "Wir sind froh, dass er zurück ist. Wir werden jedoch nichts überstürzen", sagt er: "Es ist eine lange Saison, in der uns Moritz sicherlich noch helfen wird."

Eine lange Saison, möglichst mit Playoff-Teilnahme und viel Einsatzzeit, darauf hoffen alle sieben deutschen NBA-Profis, und auch wenn es Quatsch ist, außer Beruf und Geburtsland einen Zusammenhang zwischen diesen jungen Männern herzustellen, so lässt sich die Partie zwischen den Lakers und den Mavericks als symbolisch für den teilweise kniffligen Saisonstart der deutschen NBA-Akteure interpretieren. Einer spielt, einer sitzt auf der Bank, zwei schauen von der Tribüne aus zu.

"Ich fange wirklich wieder bei Null an, ich lasse mir nach den Rückschlägen der vergangenen Wochen nun Zeit - es hilft ja nichts", sagt zum Beispiel Dirk Nowitzki am Mittwochmorgen beim Anschwitzen und Einwerfen der Mavericks. Viel mehr als das, anschwitzen und einwerfen, kann er derzeit nicht tun, das linke Sprunggelenk, an dem er am Ende der vergangenen Saison operiert worden ist, plagt ihn noch immer, die Partie verfolgt er im Anzug neben der Ersatzbank. Der 40 Jahre alte Flügelspieler möchte in seiner 21. und wohl letzten NBA-Spielzeit keinen saison- und damit möglicherweise karriereendenden Rückschlag riskieren: "Wir sprechen leider immer noch eher von Wochen als Tagen bis zu meinem Comeback."

Eher Tage als Wochen soll es bei Wagner dauern, den die Lakers bei der diesjährigen Talentbörse in der ersten Runde ausgewählt haben. Sie wollen ihn nun zu einem auch aus der Distanz treffsicheren Mitspieler von James ausbilden, zu dessen Stärken es gehört, wuchtig zum Korb zu ziehen und dann auf möglichst treffsichere Kollegen abzulegen. Die Verletzung, die sich Wagner in der Sommerliga am linken Knie zugezogen hatte, erwies sich als komplizierter als zunächst angenommen, er soll am Samstag im Nachwuchsteam der Lakers ein wenig Spielpraxis sammeln und am Sonntag seine ersten NBA-Minuten bekommen.

Er wird am Samstag mit Aufbauspieler Isaac Bonga, 18, bei den South Bay Lakers auflaufen, vom dem vor der Saison nur Extrem-Optimisten geglaubt haben, dass er sich sogleich einen Platz im Lakers-Kader würde sichern können. Die Verpflichtung des Spielmachers ist Trainer Walton eine Investition in die Zukunft: "Er muss noch ein bisschen kräftiger werden, ansonsten hat er viele Eigenschaften, die uns sehr gefallen: Er kann ein Spiel lesen, er ist uneigennützig und kann mit dem Ball umgehen. Deshalb haben wir ihn verpflichtet."

Der aktuell verletzte Daniel Theis, 26, kam bei den Boston Celtics, aufgrund der Schwäche der Eastern Conference durchaus ein Kandidat auf die Finalteilnahme in dieser Saison, bislang auf ordentliche sechs Punkte in zwölf Spielminuten pro Partie, der Center Isaiah Hartenstein, 20, darf bei den Houston Rockets knapp sieben Minuten pro Spiel aufs Parkett. Dennis Schröder liefert nach seinem Wechsel von Atlanta nach Oklahoma City zwar die beste Punkteausbeute unter den Deutschen, aber seine 13 Zähler und sechs Zuspiele pro Partie sind ausbaufähig. Aktuell kämpft er noch etwas mit seiner Wurfquote und der neuen Rolle als Bankspieler.

"Man ist bei einer Verletzung nicht ganz so ungeduldig wie am College, weil man weiß, dass es in der NBA 82 Spiele gibt", sagt Wagner nach der Partie gegen die Mavericks, während ein paar Meter entfernt sein berühmter Kollege LeBron James ein paar Kommentare zu seinen erfolgreichen Freiwürfen am Ende der Partie, den Lakers an sich und zum Weltganzen abgeben muss: "Ich habe das noch alles nicht so richtig realisiert - das ist aber positiv, weil ich deshalb nicht wirklich nervös bin. Ich will jetzt endlich zocken." Am 30. November werden die Mavericks erneut in Los Angeles gegen die Lakers spielen. Es ist durchaus möglich, dass die Leute dann deutlich mehr von den deutschen Akteuren zu sehen bekommen als an diesem Halloween-Abend.

© SZ vom 02.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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