Motorsport:Mosley wird 75: «Ich habe das Richtige getan»

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Berlin (dpa) - Als Motorsport-Boss ist Max Mosley schon lange im Ruhestand, als Kämpfer für das Recht auf Privatsphäre aber ist der Brite unermüdlich.

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Berlin (dpa) - Als Motorsport-Boss ist Max Mosley schon lange im Ruhestand, als Kämpfer für das Recht auf Privatsphäre aber ist der Brite unermüdlich.

„Ich denke, ich habe das Richtige getan und bin sehr zufrieden damit“, sagte der frühere Präsident des Internationalen Automobilverbandes FIA der Deutschen Presse-Agentur vor seinem 75. Geburtstag am Montag.

Was bedeutet Ihnen Ihr 75. Geburtstag?

MaxMosley: Es ist der Beginn des hohen Alters, denke ich. Man kann sich einreden, im mittleren Alter zu sein, bis man 75 ist. Von da an ist man alt.

Was ist für Sie Ihre wichtigste Leistung?

Mosley: Das müssen andere Leute beurteilen. Die können das besser als man selbst so etwas kann. Aber für mich hat den höchsten Wert das, was wir für die Sicherheit im Straßenverkehr erreicht haben. Das ist für den durchschnittlichen Motorsportfan ziemlich uninteressant, aber es war meine wichtigste Arbeit, als ich bei der FIA war.

Lange hat man Sie über Ihre Eltern definiert. Ihr Vater Oswald Mosley gründete die faschistische Partei in Großbritannien, Ihre Mutter bewunderte Hitler. Wie hat das Ihren Weg beeinflusst?

Mosley: Wenn ich aus einer normalen Familie gekommen wäre, dann wäre ich in die Politik gegangen. Aber vor allem wegen meines Vaters war das ausgeschlossen, also bin ich in den Motorsport gegangen. Letztlich habe ich auf diesem Weg mehr erreicht, als wenn ich in die klassische Politik gegangen wäre.

Wann fiel die Entscheidung für eine Motorsport-Karriere?

Mosley: Ziemlich früh. Ich bemerkte, dass die Leute im Motorsport keine Ahnung von meinem Vater hatten. Einige dachten, ich sei mit Alf Moseley verwandt, einem Karosseriebauer aus Leicester. Als mein Vater gestorben war und ich schon einiges im Motorsport erreicht hatte, dachte ich, jetzt könnte ich in die Politik gehen. Ich habe lange mit dem früheren Premierminister Harold Macmillan diskutiert und er meinte, das wäre eine gute Idee. Aber ich hatte schnell den Eindruck, dass es ein ziemlich beschwerlicher Weg sein würde und ich viel Zeit verschwenden müsste. Damals war ich schon 42 oder 43. Wenn ich zehn Jahre investieren müsste, um einen Fuß ins Parlament zu bekommen, wäre ich schon über 50 und eigentlich zu alt. Also ging ich zurück in den Motorsport.

Was macht die Faszination des Motorsports aus?

Mosley: Schwer zu sagen. Das hat nichts mit Vernunft zu tun. Ich war 21 und schon verheiratet, jemand gab meiner Frau Tickets für ein großes Rennen in Silverstone. Vom ersten Rennen an war ich süchtig und wollte das unbedingt machen. Als ich etwas Geld verdiente, habe ich mir einen Rennwagen gekauft und bin in Clubrennen gefahren. So hat es begonnen.

Hatten Sie noch größere Erfolge als Rennfahrer erwartet?

Mosley: Ich habe schon einige Clubrennen gewonnen. Dann habe ich es in der Formel 2 probiert, dort fuhren damals die Top-Piloten, wenn es gerade kein Formel-1-Rennen gab. So konnte ich mich direkt mit Fahrern wie Jochen Rindt und Graham Hill vergleichen und erkannte, dass ich niemals Weltmeister werden würde. Aber ich hatte zu der Zeit schon so viele Kontakte und wusste genug. Also entschloss ich mich, von da an Rennwagen zu konstruieren. Als ich meinem Vater erzählte, ich würde meine Karriere als Anwalt aufgeben und in Vollzeit in den Motorsport zu wechseln, meinte er: Du wirst pleitegehen, aber es ist sicher eine gute Erfahrung für etwas Richtiges später. Mit dem Bankrott hatte er zum Glück nicht recht. Aber es war wirklich eine gute Lehrzeit, und am Ende ist etwas Bedeutendes daraus geworden.

Wenn nicht es 2008 nicht die Enthüllungen über ihr Sexleben gegeben hätte, hätten Sie dann als FIA-Präsident weitergemacht?

Mosley: Nein, das ist ein Missverständnis. Ich war ja schon 2004 zurückgetreten, weil ich genug hatte. Die FIA-Spitze hat dann gefordert, dass ich nicht aufhören kann, ohne einen Nachfolger zu haben. Jean Todt war bereit, 2005 zu kandidieren. Dann bekam er das Angebot, nicht nur das Ferrari-Team zu führen, sondern das ganze Unternehmen. Er hat mich dann gebeten, es um vier Jahre zu verschieben. Ich habe schließlich zugestimmt. Aber 2009 konnte mich dann nichts mehr aufhalten. Es gibt einen Punkt, an dem es keinen Spaß mehr macht. In so einem Job gibt es jeden Tag etwas, das einen ärgert und frustriert. 2005 wäre schon der richtige Zeitpunkt gewesen aufzuhören. Das hätte ich auch Jean sagen müssen. Ich kann diese Leute an der Spitze großer Sportverbände einfach nicht verstehen, die bis in alle Ewigkeit weitermachen wollen.

Nach den Veröffentlichungen über Ihr Sexleben in der „News of the World“ sind Sie sofort auf Angriff gegen die Zeitung gegangen. Würde Sie das heute wieder genauso machen?

Mosley: Absolut. Man muss von Anfang an wissen, dass man die öffentliche Wirkung so einer Geschichte nur verstärkt, wenn man sich dagegen wehrt. Alles, was man für privat gehalten hat, wird nur noch mehr publik, wenn man vor Gericht zieht. Aber aus meiner Sicht war das Verhalten dieser Zeitung so abscheulich, dass ich etwas dagegen unternehmen musste. Es ist sehr teuer, so etwas zu tun. Nur wenige Leute sind in der Position wie ich, sie verklagen zu können, Ahnung von den Gesetzen zu haben und auch noch sehr gute Chancen vor Gericht. Ich habe mir gedacht, wenn ich es nicht mache, dann werden sie sich mindestens zehn Jahre weiter so benehmen und Leute bloßstellen, die sich nicht verteidigen können. Ich denke, ich habe das Richtige getan und bin sehr zufrieden damit. Natürlich konnte ich nicht vorhersehen, dass die Zeitung später geschlossen wird. Darüber bin ich sehr froh, denn das war ein kriminelles Unternehmen.

Sie wollen auch Google zwingen, bestimmte Inhalte nicht mehr in seiner Suchmaschine anzuzeigen. Kämpfen Sie da noch weiter?

Mosley: Ja, das läuft immer noch. Man muss wissen, dass so etwas viel Zeit braucht. Aber am Ende kommt man ans Ziel, und ich gebe nicht nach.

Warum bleiben Sie da so hartnäckig?

Mosley: Wenn Erwachsene einvernehmlichen Sex haben und jemand das heimlich filmt, dann ist es in England und den meisten anderen Ländern illegal, das zu veröffentlichen. Wenn das nicht so wäre, könnte man in Hotelzimmern eine Kamera verstecken und zwei Filmstars beim Liebesspiel filmen oder noch ganz andere Dinge und es dann ins Netz stellen. So etwas wäre zumindest in Europa niemals erlaubt, weil jedes Gericht das als Verletzung der Privatsphäre sehen würde. In meinem Fall waren nur Erwachsene dabei, alle waren einverstanden. Die Zeitung hat behauptet, es habe ein Nazi-Element gegeben. Und weil ich eine internationale Organisation geführt habe, wäre damit ein öffentliches Interesse begründet. Diese Nazi-Geschichte war eine komplette Lüge und ist vor Gericht in sich zusammengebrochen. Als sie gemerkt haben, dass ich sie vor Gericht bringen werde, haben sie versucht, zwei der beteiligten Frauen zu erpressen, damit sie ihre Story für wahr erklären. Sie haben ihnen gedroht, ansonsten Bilder von ihnen zu veröffentlichen. Das war eine grausame Drohung, weil sie Jobs und Familien hatten. Trotzdem haben sie Nein gesagt und ich habe die Zeitung mit einer gerichtlichen Verfügung gestoppt.

Sie haben vermutet, dass auch jemand aus der Formel 1 hinter den Veröffentlichungen stecken könnte. Glauben Sie das immer noch?

Mosley: Ich habe diese Möglichkeit noch nicht ausgeschlossen. Wir arbeiten noch daran.

ZUR PERSON: Max Rufus Mosley wurde am 13. April 1940 in London geboren. Aus Liebe zum Motorsport gab der Hobby-Rennfahrer seine Anwaltskarriere auf, gründete 1969 das Formel-1-Team March und war von 1993 bis 2009 Präsident des Automobil-Weltverbands FIA.

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