Mixed-Staffel bei der Schwimm-EM:Verwirrung bis zur letzten Bahn

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Bis zum Ende ist alles offen bei der Mixed-Staffel: Die deutschen Schwimmer Alexandra Wenk, Marco Koch und Jenny Mensing bangen in Berlin. (Foto: dpa)

Fast vier Minuten Getümmel, fast vier Minuten ist kaum eine Tendenz abzusehen: Bei der Mixed-Staffel schwimmen je zwei Männer, zwei Frauen in Teams gegeneinander an. Sportlern und Publikum macht der noch junge Wettbewerb viel Spaß, doch er bringt auch Probleme mit sich.

Von Saskia Aleythe, Berlin

25 Meter ist Jenny Mensing gerade erst geschwommen, da ist ihr holländischer Konkurrent Bastiaan Lijesen auf der Nebenbahn schon fast zwei Körperlängen enteilt. Das Publikum in Berlin johlt trotzdem. Marco Koch schlägt an, da haben drei Konkurrenten die Wende schon längst geschafft - doch das Publikum johlt. Alexandra Wenk übernimmt als Fünfte, Steffen Deibler schwimmt zwei Frauen hinterher. Egal, das Publikum johlt. Es ist schließlich Mixed-Staffel-Zeit. Und da kann alles noch anders kommen.

Frauen und Männer nebeneinander am Startblock, Frauen und Männer gemeinsam im Wasser - das Prinzip "Teamwettbewerb" verkörpert die Mixed-Staffel über 4 x 100 Meter Lagen in Perfektion. Einzelsportler, die plötzlich in Teams antreten, sich in den Armen liegen und einen gemeinsamen Erfolg feiern - was mag der Sportfan lieber?

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Die deutschen Schwimmer freuen sich über Erfolge in Berlin: Jan-Philip Glania erkämpft sich über 100 Meter Rücken Bronze. Jubeln darf auch Patrick Hausding, der vom Ein-Meter-Brett Gold gewinnt. Paul Biedermann erwartet ein spannendes Duell mit einem Franzosen.

Mixed-Wettbewerbe führen dieses Prinzip im Vergleich zur gleichgeschlechtlichen Staffel nur eine Stufe weiter, könnte man meinen, da treffen dann eben weibliche und männliche Freude aufeinander.

Das ist eine schöne Idee, die allerdings Probleme mit sich bringt, wie nun bei der Schwimm-EM in Berlin zu sehen ist. Genetisch bedingt ist die Leistungsfähigkeit beim Mann natürlich grundsätzlich größer als bei Frauen - treten beide zeitgleich gegeneinander an, entstehen riesige Abstände, die mal zugeschwommen, mal neu aufgerissen werden. Oder auch nicht. Ob der Zuschauer gerade ein Schmuckstück sportlicher Darbietung erlebt oder ein Desaster? Er weiß es nicht. Die Täuschung ist programmiert.

Wie bei den üblichen Lagen-Staffeln besteht auch die Mixed-Staffel aus den Disziplinen 100 Meter Rücken, Brust, Schmetterling und Freistil, sie werden hintereinander geschwommen, diese Reihenfolge ist vorgegeben. Bei der Mixed-Staffel treten je zwei Männer und zwei Frauen einer Nation an, wer welchen Stil schwimmt, darf individuell entschieden werden. So springen Männer neben Frauen ins Becken, es folgt ein fast vier Minuten langes Getümmel mit riesigen Lücken. Fast vier Minuten ist keine Tendenz abzusehen, wer den Sieg holen wird.

Die Einschätzung, welcher Schwimmer gerade eine gute Leistung abliefert, ist nur denen vorbehalten, die respektable Zwischenzeiten auswendig können und diese mit den angezeigten vergleichen. Alle anderen müssen auf die letzte Bahn warten.

Der Schwimmsport findet dieses System spannend, der europäische Verband Len führte es 2012 bei der Kurzbahn-EM ein, der Weltverband Fina im Vorjahr, nun hat es EM-Premiere auf der Langbahn. "Man weiß nicht, wie schnell holen die anderen auf, wie stark sind sie in ihren Läufen", sagt Chef-Bundestrainer Henning Lambertz. Und er meint das positiv, das sei dann sehr interessant, weil es immer hin und her gehe. "Mann, Frau, Frau, Mann oder ganz anders. Bis zum Schluss weiß man nicht, wer gewinnt", führt er aus.

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Auch Marco Koch benutzt das Wort "interessant", aber auch das Wort "unübersichtlich". Kritisch meint Koch das nicht, er ist Teil des deutschen Teams und findet die Mixed Staffel gut. Wer für sie nominiert wird, dem wird tendenziell auch am meisten zugetraut, ernst genommen wird der Wettbewerb schon. Eine Medaille mehr nimmt jede Nation gerne mit, egal wie.

Am Dienstagabend krönte sich die britische Staffel zum Europameister und stellte dabei gleichzeitig noch einen neuen Weltrekord auf. Der ist in der noch jungen Geschichte der Disziplin natürlich von begrenzter Aussagekraft, aber was soll's - Rekord ist Rekord, Medaille Medaille. Für Deutschland reicht es am Ende nur für Rang vier. Bis das ersichtlich wurde, wurde immerhin kräftig gejubelt.

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