Madison Keys bei den Australian Open:Mit Tempo 200 gegen das Idol

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Bekannt für ihre gute Vorhand: Madison Keys (Foto: AFP)

Als kleines Mädchen sah Madison Keys ein Match von Venus Williams und begann Tennis zu spielen. Nun trifft die erst 19-jährige Amerikaner bei den Australian Open auf ihr Vorbild - und wird es mit wuchtigen Schlägen nerven.

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Eine Salsa-Tänzerin wäre sie, ja, definitiv, Madison Keys muss nicht lange überlegen, welches Emoticon sie am besten darstellen würde. Die Frau mit dem roten Kleid, so sieht sie sich in der Welt der Smartphone-Zeichen, und um gleich noch ein Klischee zu bedienen: Sie ist nicht nur Handy-verrückt, was seit 2009 feststeht, seit sie als 14-jähriges Ausnahmetalent ihr erstes Profiturnier auf der WTA-Tour spielte, eine Runde gewann und sich sofort ein Mobiltelefon kaufte. Mehr noch, Madison Keys ist auch hinter Accessoires her, vornehmlich hinter Handtaschen.

Diesmal, das ist seit Montag beschlossen, wird sie sich mit einem echten Designerstück belohnen, auch ihre Wunschmarke Louis Vuitton ist jetzt drin, mit dem Erreichen des Viertelfinales bei den Australian Open hat die nun 19-Jährige schon 170 000 Euro verdient. Aber im Grunde wird klar, wenn Madison Keys so unbeschwert über sich und ihre Sicht der Dinge spricht, dass sie noch eine Kategorie höher denkt: "Ich will das Ende des Turniers erleben und die Trophäe halten." Jugendlicher Übermut? Vielleicht. Vielleicht aber auch nur selbstbewusster Optimismus.

Sie hat ja gute Gründe dafür.

Madison Keys aus Rock Island, Illinois, die längst im für Tennisprofis wunderbar warmen Boca Raton, Florida, lebt mit den Eltern und ihren drei Schwestern, sie ist "die größte Hoffnung im US-Tennis", wie Lindsey Davenport es mal umschrieb. Sie muss es wissen, die 38-jährige Kalifornierin war mal die Nummer eins der Tenniswelt, gewann drei Grand Slams, einmal auch in Melbourne. Vor allem ist sie gerade Keys' Trainerin, aus einer Übergangslösung im Herbst wurde eine feste Kooperation, und dass Davenports Expertise fruchtet, lässt sich bereits feststellen.

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In der dritten Runde, beim doch überraschenden Sieg gegen die Weltranglisten-Vierte Petra Kvitova, hat Keys der Tschechin den Return nach deren starken Aufschlägen einfach erst mal vornehmlich vor die Füße gespielt. Davenport hatte ihr gesagt, "dass ich sie möglichst viele Bälle schlagen lassen sollte", verriet Keys. Anders trat sie gegen ihre Landsfrau und Freundin Madison Brengle auf. Deren Aufschläge attackierte sie beim Service aggressiver, denn die 24-jährige Gegnerin ist eher eine, die stundenlang wie eine Tenniswand die gelbe Filzkugel zurückbringt. Auch deshalb ist Andrea Petkovic in der ersten Runde an Brengle gescheitert. Mit 6:2, 6:4 hat Keys dann souverän gewonnen, weil ihr Tempo im Spiel einige Umdrehungen höher war. Auch hier hat sie Davenport effizient eingestellt.

Grundsätzlich bieten diese Australian Open für das amerikanische Frauentennis ein sehr spezielles Erfolgserlebnis, vier Vertreterinnen hatten die vierte Runde erreicht, das gab es zuletzt 2003: Neben den Williams-Schwestern auch Keys und Brengle. Als die nun aufeinandertrafen, spielten erstmals seit den US Open 2002 zwei Amerikanerinnen im Achtelfinale gegeneinander, die nicht Williams hießen. Keys nimmt innerhalb dieser positiven Zwischenbilanz überdies eine Sonderrolle ein: Es wird ihr erstes Viertelfinale bei einem der vier wichtigsten Tennisturniere. Egal wie es ausgeht, sie wird, nachdem sie 2012 noch 149. der Welt war und Ende 2013 dann 37., nun in die Top 25 vorrücken.

Keys ist eindeutig ihrem Zeitplan voraus, wie man ihrer Reaktion entnehmen kann. Vier Pressekonferenzen hielt sie schon in Melbourne ab, wenn ihr das jemand prophezeit hätte, wäre sie "komplett geschockt" gewesen. Sie lächelte und wirkte doch keinesfalls gekünstelt dabei, vielmehr natürlich und präsent. 2014 hatte die Kanadierin Eugenie Bouchard bei den Australian Open mit dem Halbfinale ihren Durchbruch. Nun schickt sich Keys an, das nächste frische Gesicht der Elite zu werden. "Sie kann eine Top-10-Spielerin werden, ganz sicher", urteilte die ihr unterlegene Wimbledon-Siegerin Kvitova.

Das Manöver, Davenport ins Team zu holen, war zweifellos geschickt und durchdacht. Denn Keys arbeitet mit der Trainerin weniger an technischen Abläufen, die hatte sie in knapp sechs Jahren auf der Akademie der früheren Größe Chris Evert grundlegend gelernt. Im Mentalen aber sahen sie und ihre Eltern Verbesserungsbedarf. Davenport gebe Erfahrungen weiter, "sie hat doch alles erlebt, den Stress, den Druck, das Nervenspiel".

Und Davenport, die 2010 ihre Karriere beendete und inzwischen Mutter von vier Kindern ist, habe ihr auch beigebracht, "Vertrauen zu haben und in einem Ballwechsel zu bleiben". Und sei es, dass sie "zwölf Mal von einer Seite zur anderen rennen" muss, wie Keys erklärt. Das passiert freilich nicht so oft, Madison Keys ist angriffsfreudig, allein mit ihrer Vorhand, zu der sie schon früh ausholt, kann sie aus fast jeder Lage punkten. Ihr Aufschlag ist zudem überdurchschnittlich gut, sie kann damit beinahe Tempo 200 erreichen.

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Der Turnierfavorit liefert sich drei umkämpfte Sätze mit Gilles Muller, zieht dann aber ins Viertelfinale der Australian Open ein. Dort stehen auch die Williams-Schwestern. Ein deutsches Doppel sorgt für eine große Überraschung.

Keys will jetzt zunächst nur versuchen, "nicht zu aufgeregt" zu sein, trotz aller Freude über das Erreichte. Den Triumph über Kvitova wertet sie "einfach nur als einen Sieg". Vernünftig, wenn sie das wirklich so verinnerlicht - allerdings ist die Gegnerin im Viertelfinale Venus Williams, und mit der 34-jährigen Schwester von Serena (die am Montag die Spanierin Garbine Muguruza 2:6, 6:3, 6:2 besiegte) verbindet sie eine lebensverändernde Vorgeschichte: Als kleines Mädchen sah Keys im Fernsehen Venus in Wimbledon spielen, in hübschen Kleidern, und so sagte sie zu ihren Eltern, beide damals Anwälte ohne Tennisaffinität, diesen Sport wolle sie ausüben.

"Deshalb steht sie hier auf dem Platz", erinnerte sich amüsiert Venus Williams nach ihrem 6:3, 2:6, 6:1 gegen die an Nummer sechs gesetzte Polin Agnieszka Radwanska. Williams schwärmte: "Sie ist eine wunderbare Spielerin und ein tolles, tolles Mädchen. Schön, dass wieder junge Amerikanerinnen so weit bei Grand Slams vorstoßen."

© SZ vom 27.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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