Leipzig - Nürnberg (18 Uhr):Mit breitem Dialekt

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Nürnbergs Trainer Michael Köllner geht das nächste Auswärtsspiel an diesem Sonntag anders an als das vergangene. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Michael Köllner steht mit dem 1. FC Nürnberg besser da, als von den Experten vor der Saison prognostiziert. Trotzdem ist der Bundesligastart für den Trainer eine Zeit der Anpassungen.

Von Johannes Kirchmeier, Nürnberg

Wenn Michael Köllner einmal mit dem Erklären beginnt, dann kann das dauern. Der 48-Jährige nimmt sich seine Zeit. Da stört ihn auch der Rahmen ums Gespräch nicht. Beim offiziellen Trainingsauftakt in diesem Sommer etwa, der eigentlich mehr für die Fans des 1. FC Nürnberg als für taktische Studium da war, stoppte Köllner das Spiel zweimal für mehrere Minuten. Er schnappte sich seine Spieler, versammelte sie im Kreis und erklärte seine Ideen dann mit Hilfe einer mobilen Tafel: Er stellte diese vor seine Füße und beugte sich immer wieder darüber, gestikulierte gerne. Und vor allem: Er redete. Die Spieler nickten. Die Fans wussten: Jetzt war der Zeitpunkt, um sich noch eine Bratwurst und ein Bier zu holen.

Diese beiden Gespräche auf dem Trainingsplatz im Nürnberger Stadtteil Zerzabelshof waren sicher nicht maßgeblich für die aktuelle Saison, doch man kann vor dem siebten Spiel der Nürnberger nach der lang ersehnten Rückkehr in die Bundesliga am Sonntag in Leipzig trotzdem sagen: Sie haben sicher auch etwas gebracht. Michael Köllner trainiert nämlich überraschenderweise gerade den Tabellenzehnten - und nicht wie von manchem Experten erwartet den Tabellenletzten. Was viel mit dem Aufstiegscoach Köllner zu tun hat, der gerade in den vergangenen beiden Heimspielen gegen die direkte Konkurrenz aus Hannover (2:0) und Düsseldorf (3:0) jeweils eine schwer bezwingbare Einheit aufs Feld schickte.

Der gleiche Trainer blickt allerdings auf ein schwaches Auswärtsspiel zurück: 0:7 unterlag sein Team Borussia Dortmund. "Es ist auf jeden Fall keine Ehrfurcht angesagt wie in Dortmund", stellte Köllner klar. Torhüter Fabian Bredlow ist überzeugt, dass sich der Auftritt bei den ähnlich starken Leipzigern nicht wiederholen wird. "Wir haben gesehen, was passiert, wenn man naiv an Spiele herangeht."

"Es ist ein gutes Rezept für uns, wenn wir agieren", sagt der Trainer

Ohne es gewollt zu haben, sprach er dabei auch ein bisschen seinen Trainer an. Köllner hatte gegen den bisher stärksten Gegner der Saison umgestellt, probierte es mit drei statt zwei Innenverteidigern und damit weniger Offensivkraft. Gegen Mitaufsteiger Düsseldorf baute Köllner dann wieder auf die Viererkette - was auch gegen Leipzig so bleiben soll. Sich um den eigenen Strafraum zu gruppieren, das will er künftig nicht mehr. "Es ist ein gutes Rezept für uns, wenn wir agieren. Das ist auch eine Lehre aus dem Dortmund-Spiel", sagte der 48-Jährige.

Er ist als Oberpfälzer mit breitem Dialekt ein besonderer Typ unter den Trainern in der höchsten deutschen Fußball-Liga und hat seinen eigenen Weg dorthin gefunden. Köllner ist kein früherer Profispieler wie Niko Kovac oder Heiko Herrlich, aber auch kein junger Trainer mehr wie Julian Nagelsmann oder Domenico Tedesco. Doch auch Köllner liebt es, anspruchsvoll zu trainieren. Als Leiter des Nachwuchsleistungszentrums in Nürnberg hatte er schon mal elf verschiedene Trainer auf dem Platz, die mit jedem Spieler auf jeder Position einzeln übten.

Und gelernt hat auch er bei den Großen: 2013 hospitierte er bei Pep Guardiola beim FC Bayern, 2015 beim FC Schalke unter André Breitenreiter und Borussia Mönchengladbach unter Lucien Favre. Nur anders als diese Trainer verfügt er gerade eher über eine gewachsene Einheit aus Kickern beim Traditionsklub 1. FC Nürnberg, die auf und neben dem Platz sehr viel gemeinsam unternimmt, statt über Spieler, die zwischen vier Systemen im Minutentakt hin- und herwechseln können.

Daher geht Köllner sein nächstes Auswärtsspiel an diesem Sonntag nun schon auch bewusst etwas anders an als das vergangene: "Wir brauchen ein sehr gutes Kollektiv und ein bisschen Glück auf unserer Seite", sagt er. Ein Erfolg beim Europa-League-Teilnehmer sei aber natürlich möglich. "Mit einer bärenstarken Leistung von uns und einer durchschnittlichen Leistung von Leipzig haben wir dort eine Chance zu gewinnen."

© SZ vom 07.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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