Leipzig:Ein Tor im Namen des Vaters

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Rührte den gleichnamigen Papa zu Tränen: Leipzigs Bernardo (oben). (Foto: Robert Michael/ AFP)

Bernardo Jr. hält RB als Bayern-Jäger im Rennen - in der Liga holte der Klub trotz Europa-Spielen zuletzt 13 Punkte.

Von Javier Cáceres, Leipzig

Es war eine hübsche Pointe, dass der Brasilianer Bernardo den Sieg von RB Leipzig gegen Werder Bremen sicherstellte, denn er bezeichnete sein Tor als "Familientreffer". Bernardo war einerseits stolz, weil sein 2:0 in der 87. Minute den Leipzigern einen überaus mühsamen Triumph garantierte - gegen Bremer, die wegen des Tabellenstands (Platz 17), nicht aber gemessen an ihrer Leistung als Abstiegskandidat gelten müssen. Bernardo war zudem stolz, weil das Tor ein hübscher Fernschuss und der Lohn für Beharrlichkeit gewesen war; er hatte es nach zwei Fehlschüssen ein drittes Mal probiert.

Vor allem aber war er stolz, weil es - Stichwort: Familientreffer - das erste Bundesliga-Tor mit dem Autorennamen Bernardo Fernandes da Silva war. Er, der Junior, ist ja der gleichnamige Sohn des 52-jährigen Bernardo Fernandes da Silva, der 1991 auf vier Bundesligaspiele kam - dabei aber kein Tor schoss für just jenen FC Bayern, der damals wie heute von Jupp Heynckes trainiert wird. Und dem Leipzig nun als Tabellenzweiter in den Nacken pustet.

Voller Tank: RB holt nach fünf Europa-Spielen satte 13 Punkte

Es war ein Tor wie eine Vendetta, doch Rachegedanken liegen den Bernardos fern: "Es stimmt, dass mein Vater damals nicht viel gespielt hat, aber er schätzt die Bayern sehr. Nur wenige Spieler haben die Chance, in einem der besten Klubs der Welt zu spielen", sagte der Sohn, als er, ummantelt von einer roten Decke, das erste Bundesligator seiner Karriere kommentierte - nach einem "wirklich schwierigen Spiel", wie er meinte. Denn mochte das Ergebnis auch standesgemäß klingen, es täuschte über eine verblüffende Ebenbürtigkeit hinweg, die Werder Bremen auf dem Platz gezeigt hatte.

"Wir haben lange gebraucht, bis wir uns auf die Bremer eingestellt hatten. Wir hatten sie mit einer Vierer-, nicht mit einer Dreierkette erwartet", gab Bernardo zu. In der ersten Halbzeit, in der Leipzigs brillanter Mittelfeldspieler Naby Keita das 1:0 erzielte, erarbeiteten sich die Hausherren zwar ein Chancenplus. Die Bremer ärgerten sich aber darüber, dass sie einige Konter nicht konsequent genug ausgespielt hatten, doch das hatte einen weitgehend unbeachteten Grund: die souveräne Abwehrleistung von RB, insbesondere von Innenverteidiger Dayot Upamecano.

In der zweiten Halbzeit, in der Werder zum Ende hin auf das 4-3-3 der beiden Vorwochen umstellte, war es fast so, als ob die Bremer dafür bestraft worden wären, dass sie am vorangegangenen Sonntag gegen Hannover (4:0) so effektiv gewesen waren. Es schien, als hätten sie da, ohne es zu wissen, einen imaginären Tor-Dispokredit erschöpft. Umso überschwänglicher war die Freude der Leipziger: "Wir mussten alles rausholen, was im Tank war", sagte Trainer Ralph Hasenhüttl, dessen Team der stabilste Bayern-Jäger zu sein scheint.

"Auch wenn es schwerfällt, das zu glauben: Wir schauen nicht so oft auf die Tabelle", versicherte freilich RB-Kapitän Willi Orban. Dafür betonte Orban eine andere Statistik, als er vom Platz kam: Nach seinen bisher fünf Champions-League-Auftritten hat Leipzig 13 Bundesligapunkte geholt; die Bayern kommen in der gleichen Rechnung nach ihrer 1:2-Niederlage in Mönchengladbach nur auf zehn Zähler. "Es war diese Woche das große Thema bei den Jungs, dass wir die Spiele nach der Champions League gewinnen, mit Mentalität und Willen", hob auch Coach Hasenhüttl hervor, dessen Team am Dienstag in Monaco mit einem 4:1 die Chance auf den Achtelfinal-Einzug in der Königsklasse gewahrt hatte. Und nun kann Leipzig also auch um den Ligatitel mitspielen.

"Wir wissen, dass es schwierig ist, die Bayern zu überholen. Aber wir wollen den Titel holen, klar!", sagte Bernardo, der am Samstagabend noch mit den Eltern in Brasilien telefonierte. Vom Papa, der das Spiel am Fernsehschirm gesehen hatte, habe es Lob gegeben, "er hat sich gefreut, dass ich auf meiner Position spielen konnte, auf der linken Außenbahn, wo meine Stärken Geltung kommen", schilderte Bernardo jr. Wie der Senior sich wirklich fühlte, berichtete ihm die Mutter: "Sie sagte, er habe vor Rührung geweint."

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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