Leichtathletik-WM:Im Schatten der drei Speerwurf-Riesen

Zwei Mehrkämpfer mit Medaillenchancen, ein angeschlagener Harting und eine Sprinterin mit Wurst und Charisma. Auf welche Deutschen Sie bei der Leichtathletik-WM achten müssen.

Von Saskia Aleythe, London

Thomas Röhler und Johannes Vetter

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(Foto: Getty Images)

Warum hingucken? Weil die deutschen Speerwerfer dem Publikum Angst einjagen können. Ein bisschen jedenfalls, denn wenn Johannes Vetter und Thomas Röhler ihr Wurfgerät in die Luft katapultieren, erinnert das ganz leicht an die Zeiten, als die Arenen zu klein wurden für die besten Speerwerfer der Welt und man sich schließlich andere Speere ausdachte. Mit einem geschmeidigen Auftritt und einem Einschlag bei 94,44 Metern war es zuletzt der Olympiavierte Vetter, der die zweithöchste jemals erzielte Weite mit neuem Speer erreichte. Was den Olympiasieger Röhler ein bisschen anstachelte. Die beiden verstehen sich gut, der Kampf um die WM-Medaillen könnte fast schon zur deutschen Meisterschaft werden: Andreas Hofmann, ebenfalls Deutscher und gut mit dem Speer, liegt in der Weltjahresbestenliste nur einen Platz hinter Vetter und Röhler. Wann wird's ernst? Donnerstag (10. August) steht die Qualifikation an, am Samstag (12. August) geht es um die Medaillen.

Gina Lückenkemper

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Warum hingucken? Weil Gina Lückenkemper immer ein Ereignis ist. Die 20-Jährige ist die talentierteste deutsche Sprinterin, doch fernab von allem Sportlichen strahlt sie ein Charisma aus, das viele sich wünschen würden. "Das war heute eine Sprinterwurst", kommentierte Lückenkemper, nachdem sie bei den Deutschen Meisterschaften 11,01 Sekunden über 100 Meter gelaufen war. Dass sie vor Wettkämpfen auch gerne mal zur Bratwurst greift, ist längst zum Markenzeichen geworden. Lückenkemper kann laufen und lachen, locker sein, ohne eine Show abzuliefern. Freuen Sie sich schon mal auf die TV-Interviews. Wann wird's ernst? Am Samstagvormittag (5. August) starten die Vorläufe über 100 Meter, Sonntagabend (6. August) die Halbfinals. Es unter die schnellsten 16 der Welt zu schaffen, wäre für Lückenkemper eine starke Leistung und im deutschen Sprint ohnehin eine Seltenheit. Für mehr ist die Konkurrenz aus Jamaika und den USA zu stark. Ach ja, und dann läuft sie ja auch noch die Staffel mit ...

4x100-Meter-Staffel der Frauen

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(Foto: dpa)

Warum hingucken? Auf keinen Fall nur wegen Gina Lückenkemper: Die deutschen Sprinterinnen sind tatsächlich gerade so gut drauf wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro schrammten sie auf Platz vier an einer Medaille vorbei, in diesem Jahr liefen sie sogar schon einmal schneller als die Frauen-Teams aus Jamaika und den USA. Aus einem Pool von sechs Athletinnen wird am Ende das Team geformt, gute Erfahrungen hat im vergangenen Jahr das Quartett aus Rebekka Haase, Lisa Mayer, Tatjana Pinto und eben Lückenkemper gemacht: Sie gewannen Bronze bei der EM in Amsterdam. Eine WM ist zwar eine andere Nummer, andererseits: Bei der Übergabe des Staffelstabs ist schon so mancher Favorit gescheitert. Wann wird's ernst? Am Samstag (12. August) starten vormittags die Vorläufe, abends geht's um Medaillen.

Rico Freimuth

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(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Warum hingucken? Weil dieser Mensch der Godfather der Leichtathleten ist. Gut, nicht nur Freimuth, sondern alle Zehnkämpfer, die tagelang mit den Disziplinen ringen und immer wieder neue Kraft finden, die sie im Kampf um die höchste Punktzahl nach vorne bringen soll. Bei den Spielen in Rio musste Freimuth entkräftet aufgeben, das neue Jahr läuft umso besser für ihn: Nach dem Karriereende des Dominators Ashton Eaton führt er die Weltjahresbestenliste an. Damian Warner aus Kanada und Kevin Mayer aus Frankreich standen in Rio beide auf dem Treppchen - doch Freimuth nimmt den Kampf mental und körperlich gestärkt mit ihnen auf. Wie übrigens auch Kai Kazmirek: Der wurde bei Olympia Vierter. Wann wird's ernst? Am Freitag (11. August) startet vormittags der Sprint, am Samstagabend (12. August) werden die, die durchgehalten haben, die zehnte Disziplin angehen: 1500 Meter.

Robert Harting

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(Foto: dpa)

Warum hingucken? Weil das Mentalitätsmonster aus Berlin immer einen Blick wert ist. Vor fünf Jahren zerrupfte sich der Diskuswerfer an gleicher Stelle das Trikot und wurde Olympiasieger, nun hat er es trotz diverser Knieschäden und Rückenleiden trotzdem noch zur WM geschafft und sogar seinen Bruder Christoph (Olympiasieger in Rio, Sie wissen schon) abgehängt. Der Jüngere schaffte die WM-Norm nicht, der Ältere muss den Familienclinch also nicht fürchten. Mit seiner Weite liegt Robert Harting derzeit auf Rang zehn in der Welt, längst sind andere in den Fokus gerückt, der Jamaikaner Fedrick Dacres etwa oder vor allem Schwedens Daniel Stahl. Andererseits: Einen Harting darf man nie abschreiben. Also wirklich: niemals. Wann wird's ernst? Schon am Freitagabend (4. August) steigt Harting zur Qualifikation in den Ring. Falls ihn nicht wieder ein Hexenschuss erwischt, startet er am Samstagabend im Finale.

Carolin Schäfer

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(Foto: dpa)

Warum hingucken? Weil sie die Godmother der Leichtathletinnen ist. Gut, nicht nur Schäfer, sondern alle Siebenkämpferinnen, die sich tagelang durch die Wettbewerbe quälen, um am Ende genügend Punkte für die Medaillenränge zu erobern. Schäfer hat ihre Bestleistungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gesteigert, was das Ziel eines jeden Athleten ist - aber nur selten gelingt. Insofern kann sie sich berechtigte Hoffnungen machen, London mit einer Plakette zu verlassen. Auch Schäfer profitiert vom Karriereende einst starker Konkurrentinnen. Zum richtigen Zeitpunkt zur Stelle sein, das ist ja manchmal auch medaillenwürdig. Wann wird's ernst? Am Samstag (5. August) wird losgesprintet, am Montagabend (7. August) geht's ums Treppchen.

David Storl

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(Foto: Sebastian Willnow/dpa)

Warum hingucken? Weil Storl gerade eine Charakterprobe durchmacht. In Rio klappte es für den zweifachen Weltmeister nur mit Rang sieben, seitdem versucht er einiges, um wieder an alte Bestleistungen heranzukommen. Neben sportlichen Umstellungen soll ihm ein Mentaltrainer helfen. Matthias Große ist sein Name, Studium an einer weißrussischen Militärakademie, verheiratet mit Claudia Pechstein und nicht unumstritten im deutschen Sport. Aber das ist eine eigene Geschichte. Bei Storl muss nur die Kugel weit fliegen, seit sechs Monaten hat er auch eine neue Motivation: Er ist im Februar Vater geworden. Ein turbulentes Jahr. Wann wird's ernst? Samstagmorgen (5. August) beginnt die Qualifikation, am Sonntagabend (6. August) das Finale.

Konstanze Klosterhalfen

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(Foto: Getty Images for European Athlet)

Warum hingucken? Weil sie mit erst 20 Jahren Zeiten läuft, die andere nie erreicht haben oder erreichen werden - und Deutsche und Laufen ja zuletzt immer eher eine trostlose Angelegenheit war. Klosterhalfen hat schon diverse Altersklassenrekorde in der Vergangenheit geknackt, doch 2017 scheint ihr Jahr zu sein: Über 1500 Meter lief sie im Juni so schnell wie keine andere Deutsche seit der Wiedervereinigung. Auch über 5000 Meter kam sie unter 15 Minuten ins Ziel. Zur Belohnung gibt's die erste WM, ein Kennenlernen mit der weit enteilten Konkurrenz aus Kenia. "Ich traue ihr etwas Besonderes in den nächsten drei Jahren bis Olympia in Tokio zu", sagt Cheftrainer Idriss Gonschinska sogar, "sie hat viel Lust, schnell zu laufen." Prädestiniert für einen Hingucker also. Wann wird's ernst? Am Freitagabend (4. August) starten die Vorläufe über 1500 Meter, Halbfinale am Samstagabend, um Medaillen geht es am Montagabend. Über 5000 Meter wird es ab Donnerstagabend (10. August) ernst, das Finale gibt es am Sonntag (13. August).

Mateusz Przybylko

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(Foto: Getty Images)

Warum hingucken? Weil der Hochspringer durchaus zur Plaudertasche mutieren kann. Bei der Deutschen Meisterschaft in Erfurt sprang er zum Titel und legte auch vor den Mikrofonen einen unterhaltsamen Auftritt hin. Pscchbülko bitteschön, so spricht man seinen polnischen Namen aus, aber der Einfachheit halber reicht ja auch Matze. Sein Bruder spielt in der 2. Bundesliga bei Kaiserslautern Fußball, doch Matze hat im Hochsprung seine Leidenschaft gefunden. Mit 2,35 Metern steht er auf Rang zwei der Weltjahresbestenliste. Gab es in Deutschland auch schon lange nicht mehr. Wann wird's ernst? Am Freitagvormittag (11. August) beginnt die Qualifikation, am Sonntagabend (13. August) das Finale.

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