Leichtathletik:Stabhoch-Silber für Holzdeppe - Barber siegt

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Peking (dpa) - Unmittelbar nach einem denkwürdigen Stabhochsprung-Wettbewerb wusste Raphael Holzdeppe nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte. Der Titelverteidiger winkte im Olympiastadion von Peking freundlich ins Publikum, lächelte dabei aber nur gequält.

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Peking (dpa) - Unmittelbar nach einem denkwürdigen Stabhochsprung-Wettbewerb wusste Raphael Holzdeppe nicht, ob er sich freuen oder ärgern sollte. Der Titelverteidiger winkte im Olympiastadion von Peking freundlich ins Publikum, lächelte dabei aber nur gequält.

Holzdeppe gewann bei der Leichtahletik-WM die Silbermedaille, genau das war vorher sein großes Ziel gewesen. Doch geschlagen geben musste er sich am Ende nicht etwa dem großen Favoriten Renaud Lavillenie, sondern einem Außenseiter aus Kanada: Der erst 21 Jahre alte Shawnacy Barber holte zur Überraschung aller den ersten großen Titel seiner Karriere.

Genau wie Holzdeppe übersprang er 5,90 Meter. Er benötigte dafür jedoch zwei Versuche weniger als der Deutsche. „Ich bin vollauf zufrieden“, sagte Holzdeppe mit etwas Abstand. „Das war ein sehr unruhiger Wettkampf. Ich habe auch gemerkt, dass die Konkurrenz schwächelt. Aber am Ende habe ich alles aus mir rausgeholt, was drin war.“

Tobias Scherbarth wurde mit 5,65 Metern Siebter. Für Holzdeppe war es nach Bronze bei Olympia und EM 2012 sowie seinem Triumph bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau die vierte große Medaille seiner Karriere. Trotzdem blieb bei vielen Beobachtern das Gefühl, dass vor 55 000 Zuschauern im Pekinger „Vogelnest“ noch mehr drin gewesen wäre für das Ausnahmetalent des LAZ Zweibrücken.

Bei 5,90 Metern waren bis auf ihn auf einmal alle großen Namen draußen. Olympiasieger Lavillenie scheiterte völlig überraschend an einer für ihn fast schon im Schlaf zu meisternden Höhe. Ex-Weltmeister Pawel Wojciechowski aus Polen ging es genauso. Holzdeppe übersprang die 5,90 Meter im letzten Versuch und schlug danach einen Salto rückwärts.

Jetzt war nur noch die Frage: Der Kanadier oder er. Holzdeppe durfte bei 6,00 Metern als Letzter springen und sagte hinterher: „Ich habe mir gedacht: Jetzt gib' noch einmal alles, um darüber zu kommen. Ich habe aber auch gemerkt, eigentlich habe ich es nicht mehr im Körper.“ Noch vor einem Jahr hatte der 25-Jährige mit großen Verletzungs- und Formproblemen zu kämpfen. Jetzt steht er wieder auf dem Podest.

Den neuen Weltmeister kannten bis dato fast nur Experten. Barber wird von seinem Vater trainiert, der 1983 selbst als Stabartist an der ersten WM teilgenommen hatte. Bislang gewann der junge Kanadier nur vergleichsweise unbedeutende Titel wie die Pan-American-Games, vor der WM holte er sich zudem Selbstvertrauen durch seine Siege bei den Meetings in Leverkusen und Jockgrim.

Sein Sieg war völlig verdient, sagte Holzdeppe. Barber sprang von allen am sichersten und souveränsten. Ich kann immer noch nicht glauben, was ich da geschafft habe. Aber ich denke, das wird kommen heute Abend, wenn wir anfangen zu feiern, meinte der. Ich bin glücklich, dass ich in die Fußstapfen meines Vaters treten konnte.

Und Lavillenie? Der Franzose muss auch weiterhin auf seinen ersten WM-Titel warten. Der 28-Jährige hat in seiner Karriere vom Olympiasieg über drei EM-Triumphe bis hin zum Hallenweltrekord schon alles erreicht - nur eben die Goldmedaille bei einer Freiluft-Weltmeisterschaft noch nicht. „Ich bin in einer guten Form und weiß wirklich nicht, was schiefgelaufen ist. So ist Stabhochsprung“, meinte der 28-Jährige. Gemeinsam mit den beiden Polen Wojciechowski und Piotr Lisek (alle 5,80) holte Lavillenie wie schon 2009 und 2011 Bronze. Doch freuen konnte er sich darüber nicht. Bei der abschließenden Ehrenrunde waren alle Medaillengewinner dabei. Bis auf den Franzosen.

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