Krise beim 1. FC Nürnberg:"Es bleibt alles beim Alten"

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Darf am Montag gegen Kaiserslautern wieder gestikulieren: FCN-Trainer Valérien Ismaël. (Foto: dpa)

Drei Niederlagen in Serie, drittletzter Tabellenplatz: Trotz miserablen Saisonstarts in der 2. Fußball-Bundesliga bestätigt der Aufsichtsratsvorsitzende des 1. FC Nürnberg Trainer Ismaël und Vorstand Bader im Amt. Sein Alleingang provoziert eine Menge Ärger.

Von Markus Schäflein

Am Valznerweiher herrschte am Donnerstagvormittag ein Durcheinander, das selbst für Nürnberger Verhältnisse außergewöhnlich war. Am Abend zuvor, nach dem 0:3 bei Zweitliga-Aufsteiger 1. FC Heidenheim und der dritten Niederlage in Serie, hatte der FCN-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Schramm eine Sitzung mit Sportvorstand Martin Bader und Sportleiter Wolfgang Wolf angekündigt, in der es, so war zu vermuten, um die Zukunft von Trainer Valérien Ismaël gehen würde; "alles ist möglich", hatte Schramm gesagt.

Kein Wunder, dass am Morgen danach zahlreiche Journalisten am Vereinsgelände erschienen - und auch Günther Koch, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender, in der Meinung, er dürfe an der Sitzung teilnehmen. Durfte er aber nicht, er fand sich vor verschlossenen Türen wieder.

Es handelte sich mithin, rein formal, also nicht um eine Aufsichtsratssitzung des Fußball-Zweitligisten, sondern um ein Treffen des Vorsitzenden Schramm mit den Verantwortlichen; man konnte daraus ableiten, wie Schramm seine Rolle interpretiert. Nach einem über vier Stunden dauernden Marathontreffen trat Schramm dann vor die Medien und verkündete: "Es bleibt alles beim Alten." Es gebe "keinen Anlass, um über den Trainer zu diskutieren". Im Gegenteil: Es habe sogar "keinen besonderen Anlass" für das Gespräch als solches gegeben: Es sei "nicht das Ansinnen von mir oder Herrn Bader, eine Veränderung herbeizuführen", sagte Schramm.

"Es ist nicht das Ansinnen von mir oder Herrn Bader, eine Veränderung herbeizuführen." - Nürnbergs Aufsichtsratschef Klaus Schramm. (Foto: Daniel Karmann/dpa)

So war das Spannendste am Ende nicht das, was innen gesprochen worden war, sondern das, was vor der Tür stattfand. Wo Koch nun schon mal da war, erzählte er nämlich der Presse, was er sonst in der Sitzung gesagt hätte: Er forderte erneut den Rückzug Baders. "Ein sauberer Rücktritt wäre jetzt normal", meinte Koch; dann könne der Sportvorstand, der ja ohne Zweifel auch auf sehr erfolgreiche Jahre beim Club verweisen kann, auf der Mitgliederversammlung am Dienstag "ohne Häme und ohne Theater" verabschiedet werden.

Eine Entlassung von Trainer Ismaël hingegen würde er für ein "Bauernopfer" halten, sagte der ehemalige Radioreporter: "Man muss jetzt das große Ganze sehen und gucken, wer den Trainer geholt hat - und wer die Mannschaft zusammengestellt hat."

Schramm warf Koch wegen seiner Attacke gegen Bader anschließend "vereinsschädigendes Verhalten" vor: "Ich möchte mich im Namen meiner Aufsichtsratskollegen entschuldigen", sagte Schramm. Eine weitere Zusammenarbeit mit Koch sei "nur noch schwer möglich".

Nun kommt es auf der Mitgliederversammlung zum Showdown, wenn eine Mehrheit des Aufsichtsrats neu gewählt wird und auch Schramm bestätigt werden muss. Der von Koch unterstützte Lebensmittel-Unternehmer Hanns-Thomas Schamel, der aus dem Aufsichtsrat zurückgetreten war und nun erneut kandidiert, hatte sich bereits deutlich gegen Bader und Finanzvorstand Ralf Woy positioniert. Dass aus dem Aufsichtsrat ausschließlich Schramm an dem Treffen mit Bader und Woy teilnahm, fand Schamel "sehr seltsam", dies sei "keine vertrauensbildende Maßnahme"; der Vorstand habe "nach guter Übung immer den ganzen Aufsichtsrat gefragt und nicht nur den Vorsitzenden".

Schamel präsentiert sein Team

Am Donnerstag stellte Schamel nun die Mitstreiter vor, die mit ihm gemeinsam unter dem Namen "Pro Club 2020" antreten. Neben dem Steuerberater Klaus Kreutzer und dem Diplom-Volkswirt Michael Röhler, der früher als Investmentbanker tätig war und jetzt als Fitnesscoach arbeitet, zählt auch Klaus Baedelow zu Schamels so genannter "Raute": Der Unternehmensberater und frühere Geschäftsführer der Nürnberger Stadion-Gesellschaft sitzt auch im Aufsichtsrat des Handball-Bundesligisten HC Erlangen. Zudem, sagt Schamel, habe er "fünf weitere Kandidaten, die ihre Unterstützung zugesagt haben, aber aus wahltaktischen Gründen alleine antreten werden".

Für einige Aufregung sorgte, dass Schamel auf den Werbezetteln für das Projekt "Pro Club 2020" den offiziellen Vereinsslogan "Fußballkultur seit 1900" verwendet. Schamel kann das nicht nachvollziehen, der Spruch sei erstens nicht geschützt, "und außerdem habe ich ihn doch selbst erfunden".

© SZ vom 26.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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