Korruption bei der Fifa:Blatter relativiert Vorwürfe

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In einem offenen Brief rudert Sepp Blatter bezüglich der angeblich geschmierten WM-Vergabe an Deutschland zurück: "Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, sondern nur an Fakten." Ohne Beweise gelte jede Wahl als rechtmäßig. Trotzdem werden Rufe nach der Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes für den Fifa-Boss laut.

Fifa-Präsident Sepp Blatter hat in einem offenen Brief seine Aussagen zur Vergabe der WM 2006 nach Deutschland relativiert. Er halte alle Vergabeentscheidungen für Fußball-Weltmeisterschaften in der Vergangenheit für rechtmäßig. "Ich glaube nicht an Verschwörungstheorien, sondern nur an Fakten", schrieb Blatter in dem in der Bild-Zeitung veröffentlichten Brief. "Solange keine konkreten Beweise vorliegen, dass bei irgendeiner WM-Vergabe etwas schiefgelaufen ist, muss und soll man an der Rechtmäßigkeit der Wahl festhalten. Dies gilt für Deutschland ebenso wie für alle anderen Länder. Das ist die Kernaussage meiner Botschaft."

Er habe in seinem Interview mit dem Schweizer SonntagsBlick im Hinblick auf die Korruptionsvorwürfe bei der WM-Vergabe an Russland 2018 und Katar 2022 nur darauf hinweisen wollen, "dass selbst bei der WM-Vergabe an Deutschland 2006 solche Vorwürfe erhoben worden waren", fügte Blatter hinzu. Er wolle damit sagen, "dass man immer einen Vorwand finden kann, um die Rechtmäßigkeit eines Entscheides zu bezweifeln".

Blatter hatte in dem Interview auf die Frage, ob die WM 2006 gekauft gewesen sei, geantwortet: "Nein, ich vermute nicht. Ich stelle fest." Damit habe er allerdings lediglich darauf hinweisen wollen, dass jemand den Raum während der Abstimmung verlassen habe, die Deutschland dann mit einer Stimme Unterschied gewonnen habe. Zugleich lobte er noch einmal die Austragung der WM 2006 als "perfekte" Veranstaltung. "Ein Sommermärchen sondergleichen, worauf das Land stolz sein kann", schrieb Blatter.

Alle Verantwortlichen aus Deutschlands WM-Bewerbungskomitee, das damals Franz Beckenbauer angeführt hatte, haben Blatters Äußerungen mittlerweile zurückgewiesen. Der frühere Fifa-Funktionär Guido Tognoni bezeichnete Blatters Aussagen im Zusammenhang mit dessen Problemen in der Schmiergeldaffäre als Ablenkungsmanöver.

Forderungen nach Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes

Führende Politiker aus Europaparlament und Bundestag haben sich inzwischen dafür ausgesprochen, Blatter das Bundesverdienstkreuz abzuerkennen. "Sepp Blatter steht für endemische Korruption bei der Fifa", sagte der Sprecher der deutschen Grünen im Europaparlament, Reinhard Bütikofer, der Welt.

Ähnliche Forderungen kamen von SPD und Linken. "Wenn es dabei bleibt, dass Herr Blatter keine echte Aufklärung der Schmiergeldaffäre will, sollten wir über eine Aberkennung des Bundesverdienstkreuzes nachdenken", sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann.

Auch Wolfgang Neskovic, Justiziar der Linke-Fraktion, sagte, er halte "eine Entziehung der Auszeichnung für zwingend geboten". Der Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der Welt, er wolle zwar einer "Entscheidung des Herrn Bundespräsidenten" nicht vorgreifen. Aber er gehe davon aus, "dass die Berichterstattung über die Korruptionsvorwürfe bei der Fifa auch im Präsidialamt gelesen" werde.

Der Schweizer Blatter hatte das Bundesverdienstkreuz 2006 von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für seine besonderen Leistungen bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft an Deutschland erhalten. Schon damals war die Auszeichnung umstritten.

© Süddeutsche.de/dapd/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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