Köln - Augsburg 1:1:Ein Pünktchen Hoffnung

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Kölns Marco Hoeger (r) und Augsburgs Sergio Cordova kämpfen um den Ball. (Foto: Marius Becker/dpa)

Der 1. FC Köln rettet im Abstiegskampf ein Unentschieden gegen den direkten Konkurrenten Augsburg - auch weil Gästestürmer André Hahn einen rabenschwarzen Tag erwischt und ein Einwechselspieler das Spiel des Gastgebers belebt.

Von Milan Pavlovic, Köln

Sollte der 1. FC Köln im Mai 2020 den Ligaverbleib schaffen, muss der Verein ein Dankesschreiben an André Hahn aufsetzen. Beim 1:1 (0:1) verlieh die Offensivkraft des FC Augsburg dem Gegner ein zweites Leben, als dieser niedergeschlagen am Boden lag. Zunächst hatte Hahn früh in der Partie (9. Minute) einen Foulelfmeter so unplatziert geschossen, dass FC-Torwart Timo Horn fast keine andere Möglichkeit hatte, als den Ball zu parieren. Kurz vor der Pause - die Gäste waren seit einer gelb-roten Karte gegen FC-Verteidiger Rafael Czichos in Überzahl (39.), Florian Niederlechner hatte sie in Führung gebracht (43.), das Kölner Publikum war entsetzt verstummt - wurde Hahn ein zweites Mal auffällig: Bei einem Versuch, eine Situation zu klären, traf er Birger Verstraete statt den Ball und wurde in der 44. Minute des Feldes verwiesen. So fand Köln in die Partie zurück, wenn auch mit Verzögerung, und kam durch den eingewechselten Jhon Cordoba noch zum 1:1 (86.), durch das sich der Rückstand auf den FCA wenigstens nicht weiter vergrößerte.

Sollte der 1. FC Köln im Mai 2020 zum siebten Mal absteigen, kann man die scheinbar unscheinbare Partie gegen Augsburg als Beleg nehmen, warum es wieder nicht gereicht hat. Die Mannschaft ist nach den schlechten Ergebnissen des Saisonbeginns hochgradig verunsichert und demonstriert technisch und taktisch so groteske Unzulänglichkeiten, dass man es kaum glauben kann, dass es sich um Erstligaprofis handelt. Beispiele aus der finsteren Periode vor der Pause, als den Kölnern - nach druckvollem Auftakt - von der 15. Minute an bis zum Halbzeitpfiff kein einziger konstruktiver und kontrollierter Angriff gelang, würden zu viel Platz einnehmen. Die Formulierung des neuen Kölner Trainers Markus Gisdol, man habe in dieser Phase "spielerisch den Faden verloren", war die Untertreibung des Wochenendes.

Augsburg bestimmte die Partie, ohne besondere Akzente zu setzen: grundsolide, mit souveränem Aufbauspiel, im Zweifel bevorteilt durch naive Kölner, die stets neben- oder hinterherliefen. Was den Gästen fehlte, war die Zuspitzung vor dem Tor. Aber es reichte, um die Kölner aus dem Spiel zu nehmen - und die Zuschauer gleich mit. Die ganze Woche lang hatte der neue Sportdirektor Horst Heldt in etlichen Interviews getrommelt, und die Stadt und die Fans auf das Spiel eingeschworen. Es ginge darum, die "Mauer des Misstrauens und der Resignation" ( Kölner Stadt-Anzeiger) einzureißen. Man dürfe sich "nicht anstecken lassen von Panik, Angst und Sorge". Auf dem Platz und der Tribüne sah das lange anders aus.

Cordoba elektrisiert das Publikum

Ein Spieler änderte das: Jhon Cordoba, für den rührend engagierten, aber glücklosen Köln-Heimkehrer Anthony Modeste eingewechselt (64.), elektrisierte die Zuschauer durch seinen Energieüberschuss. "Das hat er richtig stark gemacht", sagte selbst Augsburgs Sportdirektor Stefan Reuter zu der Szene, die in der 86. Minute zum 1:1 führte. Denn nach einem feinen Steilpass von Jonas Hector fuhr der Kolumbianer im Sprint die Fußspitze aus, kam dadurch dem aus seinem Tor geeilten Tomas Koubek zuvor und drang in den Strafraum ein. Dort tanzte er Koubek und Jeff Gouweleeuw aus, legte sich den Ball auf den nominell schwächeren linken Fuß und tunnelte den Augsburger Verteidiger. Kurz darauf, Köln reihte nun eine Chance an die nächste, wäre Cordoba fast eine Kopie seines Tores gelungen. Aber nur fast.

"Was machen wir jetzt mit diesem Spiel?" fragte Augsburgs gewöhnlich ausführlich analysierender Trainer Martin Schmidt. "So wie heute fühlt sich Kampf in dieser Liga an. Als Köln nichts mehr zu verlieren hatte, haben sie alles nach vorne geschmissen und kamen plötzlich zu Chancen. Wichtig war, hier nicht zu verlieren und damit einen direkten Konkurrenten auf Distanz zu halten." Auch Markus Gisdol zeigte sich zufrieden. "Das war ein wichtiger Punkt, auch weil es ja oft heißt, Köln falle in der zweiten Halbzeit ab. Die Mannschaft hat gezeigt, dass sie mit viel Willen und mit den Fans im Rücken in der zweiten Halbzeit auch noch einmal nachlegen kann. Sie hat sich heute gegen viele Widerstände gewehrt. Schade, dass das 1:1 so spät gefallen ist ... aber gut, dass es überhaupt gefallen ist."

Der FC hat nun acht Punkte. Das ist nicht viel - aber deutlich mehr als in der Abstiegssaison vor zwei Jahren, als die Peter-Stöger-Kölner nach 13 Spielen gerade mal zwei Punkte hatten - der Zwischenspurt damals, mit drei Siegen in Serie zur Mitte der Saison, wurde übrigens jäh gestoppt durch ein 1:1 gegen ... den FC Augsburg. Was das 1:1 vom 30. November 2019 wert ist, wird erst 2020 klar sein.

© SZ vom 01.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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