Kimi Räikkönen und Ferrari:Der Finne soll es richten

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Offenbar zurück zu Ferrari: Kimi Räikkönen. (Foto: Getty Images)

Seit 2007 wartet das stolze Ferrari-Team auf einen Weltmeistertitel. Verzweifelt suchen die Italiener nach Impulsen, um Sebastian Vettels Dominanz zu brechen - dafür kehrt wohl Kimi Räikkönen zur Scuderia zurück.

Von Michael Neudecker, Monza

Genie oder Trottel, das war nicht ganz aufzuklären, Fernando Alonso jedenfalls sagt, das sei ein Missverständnis gewesen. Er habe nach dem eher misslungenen Qualifying in Monza über Funk seinem Team nicht - wie in den Zeitungen behauptet - gesagt: "Mamma mia, ihr seid Trottel, ragazzi", sondern: "Mamma mia, ihr seid Genies, ragazzi". Das Missverständnis, sagt Alonso, käme daher, weil die italienischen Worte für Trottel ("scemi") und Genie ("geni") ähnlich klingen. Bitteschön: Es gibt keine Trottel bei Ferrari, mamma mia.

Das Qualifying war am Samstagnachmittag, aber das Thema hielt sich über das Rennen hinaus, und das sagt nun einiges aus über die Stimmung bei Ferrari: Sie sind zunehmend genervt, dass ihre berühmten Flitzer trotz aller Bemühungen in diesem Jahr erneut langsamer sind als die der neureichen Österreicher von Red Bull; wenn man genervt ist, wird jede Formulierung genau studiert. Ferrari wartet seit 2007 auf den Weltmeistertitel, das ist mehr als eine Ewigkeit in der erfolgsgierigen Welt der Roten, und es sieht so aus, als müssten sie noch länger warten.

Sebastian Vettel ist in den vergangenen drei Jahren Weltmeister geworden, mit seinem Sieg in Monza hat er seinen Vorsprung in der WM-Wertung auf Alonso weiter ausgebaut. Er fuhr zuerst mit einem beschädigten Vorderreifen und dann mit einem beschädigten Getriebe, und am Ende war er zehn Sekunden schneller als Alonso. Vettel ist auf der Rennstrecke derzeit unangreifbar, aber weil der Drang auf Angriff ja irgendwohin muss, haben die Fans Vettel bei der Siegerehrung ausgepfiffen und ausgebuht. Alonso haben sie gefeiert, er kann ja nichts dafür, so sehen die Fans das.

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Fernando Alonso fühlt sich geblendet, kann aber nicht verhindern, dass Sebastian Vettel in der ewigen Siegerliste mit ihm gleichzieht. Die Ferrari-Fans locken Kimi Räikkönen mit Hochprozentigem, Flavio Briatore gibt ein überraschendes Comeback. Die Höhepunkte des Formel-1-Wochenendes.

Von Elmar Brümmer, Monza

Wie Luca Cordero di Montezemolo das sieht, weiß man nicht genau, aber es gibt eine Ahnung: Wenn Ferrari nicht gewinnt, sind alle schuld, die für Ferrari arbeiten, ohne Ausnahme. Der Firmenchef hat erst vor ein paar Wochen seinen besten Fahrer öffentlich kritisiert, es war ein Statement: Niemand ist wichtiger als Ferrari, auch der nicht, dem die Fans zu Füßen liegen.

2014 verändert sich die Formel 1 durch das neue Motoren-Reglement drastisch, kann sein, dass das auch die Machtverhältnisse neu ordnet. Aber wahrscheinlicher ist, dass der schlaue Adrian Newey es schon irgendwie hinbekommen wird, auch unter neuen Bedingungen für Red Bull ein schnelles Auto zu entwerfen, für die von Ferrari angeführte Konkurrenz bedeutet das, dass jeder neue Impuls willkommen ist, um Red Bull zu fordern. Am Wochenende in Monza nun verdichteten sich die Anzeichen, dass Ferrari einen solchen neuen Impuls gefunden hat: Er kommt aus Finnland und heißt Kimi Räikkönen.

Seit Wochen wird im Fahrerlager spekuliert, Räikkönen könne zu Ferrari zurückkehren, in Monza soll es zur Einigung gekommen sein, wie zu hören ist. Das gewöhnlich gut informierte Fachmedium Auto, Motor und Sport meldete den Wechsel gar schon als perfekt, am Mittwoch soll demnach das Personal davon erfahren. Räikkönen soll den Brasilianer Felipe Massa ablösen, der Alonso immer gerne Windschatten gab; im Windschatten kann man zwar schnell fahren, aber man wird bequem. Massas Vertrag bei Ferrari läuft aus, Räikkönens Vertrag bei Lotus auch.

Kimi Räikkönen war schon von 2007 bis 2009 bei Ferrari, er ist der Fahrer, der jenen letzten Titel für die Scuderia gewonnen hat. Danach haben sie ihn mit mehreren Millionen abgefunden, weil sie Alonso wollten - "einen Fahrer, der mehr mit dem Team und den Mechanikern spricht", so hat es Montezemolo im Winter 2009 gesagt. Inzwischen ist Kimi Räikkönen 33, er spricht jetzt auch nicht mehr als damals, aber die Lage hat sich geändert.

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Sebastian Vettel gewinnt das Formel-1-Rennen in Monza und wird danach von den Ferrari-Fans ausgepfiffen. Der Weltmeister lässt seiner Konkurrenz keine Chance - wenngleich er mehr Probleme hat, als sein souveräner Auftritt vermuten lässt. Der Zweitplatzierte Fernando Alonso bleibt nun als einziger ernsthafter Konkurrent im Titelkampf übrig.

Von Michael Neudecker, Monza

Räikkönen hat bei Lotus gezeigt, dass er immer noch schnell ist, in der Formel 1 sagen sie dazu: Er hat gezeigt, dass er immer noch liefern kann, und nichts steigert die Teamleistung mehr als zwei gleichermaßen starke Fahrer. Sie brauchen Räikkönen jetzt nicht mehr als perfekten Markenbotschafter, sondern vor allem: als Lieferant.

In Monza wurde Räikkönen natürlich danach gefragt, er sagte wie immer wenig, nur pflichtgemäß, dass er sich selbstverständlich vorstellen könne, wieder für Ferrari zu fahren. Und dann wurde er noch gefragt, ob er glaube, dass Alonso ihn als Teamkollegen wollen würde? "Ich glaube nicht, dass Fernando das zu entscheiden hat", hat Kimi Räikkönen geantwortet. Er hat nur diesen einen Satz fallenlassen, aber mit einem Satz ist manchmal schon alles gesagt.

© SZ vom 10.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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