Kanada:Prominenz auf der Bank

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Kanadas Trainer Willie Desjardins ist der berühmteste Protagonist beim Halbfinal-Gegner der deutschen Eishockey-Mannschaft. (Foto: Brian Snyder/Reuters)

Das Team des neunmaligen Olympiasiegers, Deutschlands Gegner, rekrutiert sich überwiegend aus Profis, die in der osteuropäischen KHL und in der Schweiz ihr Geld verdienen. Der bekannteste Protagonist ist der Cheftrainer.

Von Johannes Schnitzler

Natürlich, da muss Peter Draisaitl jetzt durch. Immer, wenn Deutschland bei einer Eishockey-Weltmeisterschaft oder bei Olympia auf Kanada trifft, wird jene Szene aus den Archiven hervorgeholt, die Draisaitl, der gerade seinen Vertrag als Trainer der Kölner Haie verlängert hat, zeit seines Lebens verfolgen wird. Olympische Winterspiele 1992 in Albertville, Viertelfinale Deutschland gegen Kanada. Nach 60 Minuten plus Verlängerung steht es 3:3. Das Penaltyschießen muss entscheiden. Draisaitl, der Feintechniker, verlädt Torhüter Sean Burke. Doch der Puck stellt sich auf die Kante, kullert, fällt auf die flache Seite - und bleibt auf der Linie liegen. Das Aus für Deutschland, Millimeter vom Halbfinale entfernt.

Freitag, 13.10 Uhr, fällt der Puck im Gangneung Hockey Centre

Leon Draisaitl hat sich die Szene ein paar Mal auf Youtube angeschaut. Ja, ganz lustig, hat er letztes Jahr bei der Heim-Weltmeisterschaft in Köln gesagt. Nur eben nicht für seinen Vater: "Der wird, glaube ich, nicht so gern darauf angesprochen."

Leon Draisaitl, Stürmer bei den Edmonton Oilers in der nordamerikanischen Profiliga NHL, hat sein eigenes Olympia-Pech zu verarbeiten. Während die Teamkameraden in Südkorea um eine Medaille spielen, sitzt der 22-Jährige weit weg vor dem Fernseher und drückt die Daumen. Die NHL wollte ihre Saison nicht für ein läppisches Turnier irgendwo in Fernost unterbrechen, wo zu einem olympischen Viertelfinale zwischen Deutschland und Schweden gerade mal 2000 Zuschauer in die Halle kommen. Das ist schade für die deutschen Spieler in Nordamerika, zumal sie maßgeblich an der gelungenen Qualifikation mitgewirkt haben. Tom Kühnhackl (Pittsburgh) etwa schoss das entscheidende Tor gegen Lettland. Noch ärger traf die Absage der NHL aber Team Canada.

Das Team des neunmaligen Olympiasiegers, an diesem Freitag (13.10 Uhr MEZ) im Gangneung Hockey Centre Gegner der Deutschen im Halbfinale, rekrutiert sich nun überwiegend aus Profis, die in der osteuropäischen KHL und in der Schweiz ihr Geld verdienen. Die in Deutschland bekanntesten Spieler sind der ehemalige Mannheimer Chris Lee, 37, und Justin Peters, Torhüter der Kölner Haie, der bislang ohne Einsatz geblieben ist. Die Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm geht nach dem 4:3 gegen Schweden selbstbewusst ins Spiel. Es gebe keine Mannschaft, "vor der wir in Ehrfurcht erstarren müssten", sagte Stürmer Patrick Hager. "Wir können bei diesem Turnier jeden Gegner schlagen." Sogar Kanada?

Der Titelverteidiger hat sich bislang routiniert und mit ein bisschen Glück durch das Turnier gespielt. Zum Auftakt gegen die Schweiz gewannen die Ahornblätter 5:1, gegen Gastgeber Südkorea 4:0. Dazwischen verloren sie gegen die Tschechen, die sich im anderen Halbfinale mit den Olympischen Athleten aus Russland duellieren, nach Verlängerung 2:3. Bester Scorer ist Maxim Noreau, Siegtorschütze beim 1:0 im Viertelfinale gegen Finnland, mit fünf Punkten aus vier Partien. Noreau ist Klubkollege des für Olympia nicht nominierten deutschen Verteidigers Justin Krueger beim Schweizer Meister Bern.

Die Prominenz steht bei den Kanadiern diesmal auf der Bank: Cheftrainer Willie Desjardins, 61, Schnauzbart, trainierte drei Jahre lang die Vancouver Canucks, ehe er Team Canada auf die Mission Olympia vorbereitete. General Manager ist übrigens ein gewisser Sean Burke.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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