1. FC Kaiserslautern:Millionen in letzter Sekunde

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„Wir kennen die neuen Investoren nicht“: der überraschte FCK-Geschäftsführer Martin Bader. (Foto: Uwe Anspach/dpa)
  • Die Rettung des 1. FC Kaiserslautern hat eine überraschende Wendung genommen.
  • Kurz vor Ablauf des Ultimatums des potenziellen Geldgebers Flavio Becca überrascht der Drittligist mit einem neuen Rettungsplan.
  • Eine nicht näher genannte regionale Investorengruppe fand mit ihrem Angebot eine Mehrheit in den Gremien des FCK.

Von Tobias Schächter, Kaiserslautern

Früher waren die Fußballer des 1. FC Kaiserslautern im Verbund mit ihren Fans dafür berühmt und berüchtigt, in letzter Sekunde verloren geglaubte Spiele doch noch zu ihren Gunsten zu drehen. Doch die Tage, in denen der FCK seine Gegner "uffm Betze" das Fürchten lehrte, sind längst vorbei. Schlagzeilen macht der viermalige deutsche Meister seit Jahren nur noch durch den Abstieg bis ins Mittelmaß der dritten Liga - und durch Grabenkämpfe, die den Klub an den Rand des Ruins manövriert haben. An diesem Montag nun gelang dem Beiratsmitglied Michael Littig immerhin in allerletzter Sekunde eine überraschende Wende im Poker um die Zukunft des Fritz-Walter-Klubs.

Der Beiratsvorsitzende Patrick Banf, Littigs Gegenspieler im fünfköpfigen Gremium der ausgegliederten Profifußball-Abteilung, hatte mit den Geschäftsführern Michael Klatt (Finanzen) und Martin Bader (Sport) zuvor eine Absichtserklärung für einen Einstieg des luxemburgischen Unternehmers Flavio Becca als Investor beim FCK ausgehandelt.

Der Deal mit Becca sah vor, dass dieser zur Absicherung der gefährdeten Drittligalizenz und zur Sicherung des kommenden Etats zunächst 2,6 Millionen Euro zuschießt und in den kommenden fünf Jahren weitere 25 Millionen Euro, um die Rückkehr in die Bundesliga zu ermöglichen. Aber Becca wollte die 2,6 Millionen Euro lediglich als Darlehen einbringen und forderte außerdem bis Montagnacht den Rücktritt von Littig. Besonders diese Forderung stieß auf Widerstand bei Fans und in den Gremien. Bis zuletzt lag kein anderes Angebot vor als jenes von Becca, der unter anderem von der FCK-Ikone Klaus Toppmöller beraten wird.

"Der FCK hat eine Riesenchance vertan und verspielt"

Doch am Montag präsentierte Littig plötzlich eine nicht näher genannte regionale Investorengruppe, die mit ihrem Angebot eine Mehrheit in den Gremien des FCK fand: Der Beirats-Entscheid fiel mit 3:2 für Littigs Offerte aus. Die regionalen Investoren bringen drei Millionen Euro auf der Basis eines zehnprozentigen Aktienanteils ein - also Eigenkapital statt Darlehen. Dafür bekommen sie einen Sitz im Beirat. "Weitere Investitionen werden in Abhängigkeit eines Bewertungsverfahrens in Aussicht gestellt, das laut Angebot in der zweiten Liga von 130 Millionen bis 190 Millionen und in der ersten Liga bis 250 Millionen reichen kann. Weitere Vertragsdetails werden in den nächsten Tagen geklärt", teilte der 1. FC Kaiserslautern mit.

Nach seiner Niederlage im Machtkampf informierte Banf dann Becca, der Rheinpfalz sagte der Beiratsvorsitzende: "Becca ist raus! Er ist da klar und konsequent. Ich glaube, der FCK hat eine Riesenchance vertan und verspielt." Am Dienstagnachmittag wirkte Sportgeschäftsführer Bader noch überrascht von den Ereignissen. "Die Situation ist komplett neu für uns, wir kennen die neuen Investoren nicht. Wir müssen die jetzt erst kennenlernen und dann schauen", sagte Bader am Telefon.

Währenddessen versuchte bereits sein Geschäftsführer-Kollege Klatt, mit der regionalen Investorengruppe Kontakt aufzunehmen. Deren Einstieg in diesem Rahmen wurde auch dadurch möglich, dass die ursprüngliche Bewertung des Vereins von 108 Millionen Euro quasi über Nacht auf 30 Millionen reduziert wurde. Das, so ist zu hören, "verwundere" auch die Firma Quattrex, mit der der Traditionsklub einst seinen Vereinswert berechnet hatte.

Die Situation ist verworren

Das Unternehmen aus Stuttgart, einst von Wolfgang Dietrich, dem heutigen Präsidenten des VfB Stuttgart, gegründet, ist ein wichtiger Geldgeber des FCK und hat seine aktuellen finanziellen Zusagen über drei Millionen Euro an den Verbleib der Geschäftsführer Klatt und Bader geknüpft. Doch Bader und Klatt sind in der Mehrheit des Beirates umstritten. Bader schien letzte Woche nach einer Abstimmung gegen ihn schon abberufen zu sein - die Umsetzung scheiterte aber an den komplizierten Formalien nach der Ausgliederung. Dem Sportchef wird in den Gremien und von einigen Fans eine falsche Kaderzusammenstellung vorgeworfen. Erst nachdem das Misstrauensvotum gegen Bader öffentlich wurde, soll Becca das Aus von Littig zur Bedingung seines Einstiegs gemacht haben. Später hieß es, Baders mögliche Abberufung sei nur ein Gedankenspiel gewesen. Die Situation ist verworren.

Littig wolle nun die Gräben zuschütten, heißt es. Dieser Plan wirkt nach der zum Teil auch öffentlich ausgetragenen Schlammschlacht der letzten Monate ambitioniert. Bleiben die Geschäftsführer Bader und Klatt im Amt? Kann Banf nach dieser krachenden Niederlage noch Beiratsvorsitzender sein? Bader wollte auf diese Fragen am Dienstag keine Antworten geben. Das Pokerspiel im Intrigantenstadl "uffm Betze" geht einstweilen in die Verlängerung.

© SZ vom 08.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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